Lullaby 1
Die Suchende
Mike S. Miller & Hector Sevilla
(Lullaby – Wisdom Seeker, Vol. 1, 2006)
Aus dem Amerikanischen von Yvonne Hoffmann
Ehapa, 2007, Album, 96 Seiten, 10,00 EUR, ISBN 978-3-7704-3119-9
Von Irene Salzmann
Beim Überholen eines Autos verunglücken Alice, ihre Eltern und die Personen in dem zweiten Fahrzeug. Als das Mädchen wieder zu sich kommt, ist es allein und folgt einem Hasen in ein märchenhaftes Land. Schnell steigt die kluge und tapfere Alice zur rechten Hand der Herzkönigin auf, aber glücklich ist sie nicht. Alice will nach Hause – aber wie?
Plötzlich geschehen merkwürdige Dinge, und eine dunkle Macht breitet sich in dem Königreich aus. Alice will der Sache auf den Grund gehen und begibt sich mit der Grinsekatze auf eine gefährliche Reise. Unterwegs begegnen sie Piper und Red, die nach Reds entführter Großmutter suchen.
Derweil verlassen der junge Pirat Jim Hawkins und sein sprechende Papagei das Schiff, auf dem sie bisher dienten, um ihr eigenes Schicksal zu finden. Pinocchio möchte sich ihnen anschließen, und obwohl der hölzerne Junge Jim lästig ist, nimmt er ihn nach einigem Hin und Her mit. Erst als Pinocchio in der Baumstadt etwas zustößt, erkennt Jim, wie viel ihm ihre Freundschaft tatsächlich bedeutet und setzt alle Hebel in Bewegung, um seinen Gefährten zu befreien.
In der zerstörten Baumstadt kreuzen sich die Wege beider Gruppen, und sie erfahren, dass sie auf der richtigen Fährte sind, wenn sie das Böse bekämpfen wollen…
Lewis S. Carrolls „Alice im Wunderland“ und andere märchenhafte Erzählungen und Romane fungierten schon des Öfteren als Vorlage für phantastische Bücher, Filme und Comics – so auch für „Lullaby“. Im Nachwort verrät der Zeichner Hector Sevilla, wie sich seine Story um eine etwas ältere, kämpferische Alice entwickelte und wie immer neue Motive aus bekannten Märchen und Klassikern der Literatur, darunter „Der Rattenfänger von Hameln“, „Rotkäppchen“, „Hänsel und Gretel“, „Der Zauberer von Oz“ und „Pinocchio“, hinzu kamen. Dieser Mix wurde inspiriert durch das Game „Kingdom Hearts“, das Disney- mit Anime-Figuren, Märchen mit Fantasy zusammen brachte.
Die ersten Entwürfe Hector Sevillas stießen auf das Interesse von Mike S. Miller, der als Autor bereits an verschiedenen Comic-Serien gearbeitet hat, z. B „Black Tide“, „Der Heckenritter“, „Sixgun Samurai“. Er nahm sich auch der Story von „Lullaby“ an, in die er viele der ursprünglichen Ideen integrierte.
Mittlerweile liegen zwei Bände der Serie vor, und sie ist noch nicht abgeschlossen.
In Band 1 werden die Hauptfiguren eingeführt, und man erfährt von ihren Gründen, zu dieser Quest aufzubrechen. Letztlich ist es das vordringende Böse, das die Protagonisten zusammenschweißt, denn sie selber oder Menschen, die ihnen nahe stehen, haben Leid erfahren oder werden bedroht. Vielleicht weiß der Zauberer von Oz Rat und kann auch in persönlichen Angelegenheiten helfen.
Man hat keine Probleme, die Figuren zu erkennen, selbst wenn sie verfremdet wurden wie Red, schließlich folgen sie weiterhin bekannten Mustern bzw. haben noch dieselben Wünsche wie die philosophierende Grinsekatze und Pinocchio, der gern ein richtiger Junge wäre, dann jedoch in seinem Entschluss ins Wanken gebracht wird. Manches wird auch leicht korrigiert wie die Rolle von Piper. Harmlos und niedlich ist allerdings keiner von ihnen.
„Lullaby“ präsentiert dem Leser eine bunt zusammen gewürfelte Gruppe, die das Böse aufhalten, Freunden helfen und Antworten auf eigene Fragen erhalten will. Der Gegenspieler zeigt sich zwar, doch welche Ziele er konkret verfolgt und wer er ist, wird hier noch nicht verraten.
Will man mehr erfahren, muss man nach dem Auftakt-Band dabei bleiben. Die ansprechenden, detailreichen Illustrationen können überzeugen und sind ein Grund mehr, der Fortsetzung eine Chance zu geben. Gerade wer die Fantasy-Comics der kleinen US-Labels schätzt, wird viel Freude an dieser Serie haben.