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Preacher 4: Für ein paar Leichen mehr (Comic)

Preacher 4
Für ein paar Leichen mehr
(Ancient History)
Autor: Garth Ennis
Zeichnungen: Steve Pugh, Carlos Ezquerra, Richard Case
Farben: Nathan Eyring, Matt Hollingworth, Pamela Rambo
Übersetzung: Fred Fliege & The Wild Bunch
Panini, 2008, Hardcover, 244 Seiten, 29,95 EUR, ISBN 978-3-86607-629-7

Von Frank Drehmel

Im vierten Band der „Preacher“-Reihe ist der Jesse-Custer-Fan angehalten, in sich zu gehen und in drei abgeschlossenen Geschichten kurz bei einigen jener Nebenfiguren zu verweilen, die bisher den Weg des Reverends kreuzten. Und solange wir den Heiligen der Killer, Arschgesicht und die Good Old Boys bei ihrem verstörenden Treiben beobachten, ruht der aktuelle Handlungsbogen um die Suche nach dem allmächtigen Drückeberger.


Der Heilige der Killer (Preacher Special: Saint of Killers 1 - 4)

Der Mann ohne Namen sehnt sich in seinem tiefsten Inneren nach Frieden, denn nach Jahren des Krieges auf Seiten der Konföderierten ist er des Tötens müde. Er findet seine große Liebe, bringt mit eigenen Händen seine Tochter zur Welt und begräbt Kind und Frau, nachdem sie am Fieber gestorben sind. Er konnte die benötigte Medizin nicht rechtzeitig nach Hause bringen, weil ihn eine Bande von Mördern aufgehalten hat.
Nun ist er zurück, diese Verbrecher zu richten. Während des Blutbades tötet er zum ersten Mal in seinem Leben einen unschuldigen Menschen und findet selbst den Tod. Seine Seele fährt zum Teufel, doch die Kälte in ihr lässt selbst die Feuer der Hölle erlöschen. Als auch die qualvollsten Strafen das Feuer nicht zurückbringen, bietet Luzifer dem Mann ohne Namen ein Geschäft an: fortan soll er als Heiliger der Killer über die Erde wandeln, um die Seelen der gewaltsam Getöteten einzusammeln.
Unsterblich und ausgestattet mit zwei Walker-Colts, die in den Flammen der Hölle geschmiedet wurden, kehrt der Mann zurück auf die Erde, um sich seiner neuen Aufgabe zu widmen. Zuvor jedoch bringt er seine Rache endgültig zu Ende und löscht die Stadt, die den Schuldigen am Tode seines Weibes als Unterschlupf diente, bis auf die letzte Frau und das letzte Kind aus.


Denn er wusste nicht, was er tat (Preacher Special: The Story of You-Know-Who)

Root hat es nicht leicht: sein Vater, der Sheriff, wartet darauf, dass Nigger vom Mars die Menschheit überfallen, hasst Roots Musik und prügelt ihm regelmäßig die Scheiße aus den dürren Gliedern, seine Mutter ist als Alkoholikern dem christlichen Fundamentalismus zugetan und in der Schule bekommt er regelmäßig von den coolen Typen eins auf die Fresse. Sein einziger Freund ist Pube, ein Loser wie er, der - wie Root glaubt -aber doch irgendwie den Durchblick hat und der vor allem die Grunge-Band Nirvana in Roots tristes Leben brachte.
Als sich Curt Cobain, der Leadsänger und Gitarrist von Nirvana, mit einer Schrotflinte die Rübe wegbläst, beschließen die beiden Jungen, die ihre Hoffnung auf eine bessere Zukunft längst zu Grabe getragen haben, es ihrem Idol gleich zu tun.
Pube hat Erfolg, doch Root schießt sich lediglich das Gesicht weg.


Good Old Boys (Preacher Special: The Good Old Boys)

Jody und T.C. werden in einer nicht mehr allzu fernen Zukunft von Jesse Custer getötet, aber noch gehen sie in den Sümpfen ihren eher derben Freizeitvergnügen nach: T.C. steckt seinen Schwengel in alles, was lebendig ist oder war, während Jody die Haushaltskasse nach Fight-Club-Art aufbessert. Eines Tages retten sie den im Sumpf notgelandeten Detective Cal Hicks, das Fotomodell Tommi Ryder und einen kleinen Köter vor den Schergen Saddam Hoppers, welcher gerne eine gestohlene Diskette mit belastenden Daten zurückhaben möchte, die die toughe Tommi gestohlen haben soll.
Da sie nichts Besseres zu tun haben, beschließen die Old Boys, den Flüchtigen bis auf Weiteres beizustehen. Zwar geht gerade T.C. Cals große Klappe auf die Nerven, aber Tommi hat immerhin so große Titten, dass der psychopathische Jody seinen noch psychopathischeren Bruder vorerst um Zurückhaltung ersucht.
Schon bald trifft vor Ort das nächste Team von Jägern ein, geführt von Saddam Hopper himself, und es dauert nicht lange, bis das dunkle Wasser des Sumpfes sich blutrot färbt.


Auch wenn Reverend Custer nicht einmal eine Nebenrolle in diesem Bilderbogen aus Tristesse, Gewalt und Obszönitäten spielt, dürfte dennoch jeder „Preacher“-Fan von der Art hingerissen sein, wie Garth Ennis uns die Geschichte beliebter Serien-Figuren nahe bringt und dabei gleichzeitig tiefe - wenn auch sehr einseitige und zum Teil klischeehafte - Einblicke in die Kultur des Landes der Freien und der Heimat der Tapferen, der Mörder und Desillusionierten, der Paranoiker, der Fundamentalisten und Sodomisten gewährt.
In seinem gewohnt rabenschwarzen und politisch vollkommen unkorrekten Stil liefert er uns mit „Der Heilige der Killer” eine Dekonstruktion des amerikanischen Western-Mythos, in der er zugleich, wie er im Vorwort erläutert, seine Begeisterung für den Duke und Clint Eastwood verarbeitet.
In „Denn er wusste nicht, was er tat” rechnet er mit der Grunge-Generation ab, deren Selbstgerechtigkeit und Egozentrik sie - trotz aller unzweifelhaft vorhandener gesellschaftlicher Zwänge und dem Mangel an Sinn gebenden „Werten” - zu Außenseitern und Verlieren macht(e).
Und er malt uns das Bild eines weißen Südstaaten-Abschaums, dessen krankes, sozialdarwinistisches Wertesystem sich in zwei „Weisheiten” subsumieren lässt: Die Familie steht an erster Stelle und nur die Starken überleben.

Die Zeichnungen der beteiligten Künstler strahlen zwar nicht Steve Dillons kühle, distanzierte Klarheit aus, durch welche sich die „Preacher“-Bände bisher grafisch auszeichneten, und mit dem fast schon beiläufigen Zelebrieren der Gewalt wird trotz einiger „Splatter-Einlagen” signifikant zurückhaltender umgegangen, dennoch ist das klassisch-amerikanische Artwork alles in allem ausdrucksstark und scheint von der Maxime geleitet, echte Typen abzubilden.
Die Koloration steht im Wesentlichen der der ersten drei Bände in nichts nach, auch wenn sie gerade in der Story „Good Old Boys” deutlich bunter und kräftiger als gewohnt daherkommt.

Fazit: Einblicke in den düstersten Teil der amerikanischen Seele. Für alle, die es hart, hoffnungslos und pervers mögen.

hinzugefügt: September 30th 2008
Tester: Frank Drehmel
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