Bill Willingham
Fables 7: Heimatland
(Fables: Homeslands; # 34-41, 2005)
Aus dem Amerikanischen von Gerlinde Althoff
Titelillustration von James Jean, Zeichnungen von Mark Buckingham, David Hahn, Lan Medina, Steve Leialoha & Dan Green, Farbe von Daniel Vozzo
Panini, 2008, Paperback mit Klappenbroschur, 196 Seiten, 19,95 EUR, ISBN 978-3-86607-622-8
Von Christel Scheja
Auch heute noch ist die Meinung verbreitet, dass Märchen harmlos, niedlich und als moralische Erziehungshilfe für Kinder bis zum Grundschulalter gedacht sind. Zwar wissen viele bereits, dass es auch einmal anders war, aber das wird gerne vergessen – bis zu dem Moment, in dem die moderne und populäre Kultur die Motive und Themen aufgreift und daraus eigene Geschichten strickt. So wie etwa Bill Willingham in seiner Reihe „Fables”.
Hier sind die Figuren aus Märchen, Fabeln und Sagen real. Seit sie vor langer Zeit von einem düsteren Feind aus ihren Reichen vertrieben worden sind, leben sie in einer Enklave am Rande von New York und auf dem Land Zuflucht gefunden haben.
Fünf Jahre sind vergangen, seit Prince Charming die Wahl zum Bürgermeister von Fabletown gewonnen hat und die Märchenwesen nun so führt, wie er es für richtig hält. Während sich Snow White mit ihren Kindern auf die Farm der Tiere zurückgezogen hat, um den mit Bigby Wolf produzierten Nachwuchs aufzuziehen, sind andere verschwunden. Wo sich der ehemalige Sheriff herum treibt ist unbekannt, dafür ist die Präsenz von Jack dem (Unglücks-)Raben um so deutlicher zu spüren. Er hat als Held von Fantasy-Abenteuern Karriere gemacht. Doch verrät er durch die Drehbücher nicht zu viel von der Welt und den Schwächen der Fables? Macht er den Feind nicht unnötig auf die Flüchtlinge aufmerksam?
Schließlich bekommt er die Quittung.
Auch andere sind in der Zeit nicht untätig gewesen. Beast hat die vakante Stelle des Gesetzeshüters übernommen und steht Prince Charming zur Seite, der längst nicht so umsichtig regiert wie seine Vorgänger, denn nun muss er die Zeche für die Wahnunterstützung durch dunkle Kräfte bezahlen, was einigen nicht so angenehm aufstößt. Dafür hat ein anderer – dessen Identität lange geheim bleibt – den Vorstoß in die alte Heimat gewagt. Die ehemals blühenden Länder sind verödet und leiden unter der Grausamkeit des Herrschers. Dämonen und Monster versetzen die Überlebenden in Angst und Schrecken. Die Wahrheit, die hinter allem steckt ist jedoch schlimmer als alles anders.
Die Geschichte der „Fables“ wird auch in dieser Graphic Novel konsequent weiter geführt. Durch die Verknüpfung mit früheren Kapiteln merkt man, wie die Einzelschicksale der Figuren in Fabletown mittlerweile verwoben sind, und bis in die alte Heimat reicht, in der sie ein regelrechter Schock erwartet. Ausnahmsweise rücken einmal andere Figuren in den Vordergrund, die sonst eher eine Nebenrolle spielten, da Bigby Wolf und Snow White nicht einmal einen kleinen Auftritt haben. Das gibt den anderen mehr Raum sich zu entfalten.
Die Graphic Novel lebt so wieder einmal von den Geschichten in der großen Geschichte, die das Schicksal der Helden in Vergangenheit und Gegenwart beleuchten und nun auch die Motive des Feindes etwas plastischer machen. Inhaltlich wie zeichnerisch bleibt der Comic immer noch auf dem hohen Niveau der vorherigen Bände und weiß durch seinen Detailreichtum zu gefallen.
„Heimatland“ schlägt ein wichtiges Kapitel für die „Fables“ auf, das sicherlich noch für einige Konflikte sorgen wird. Denn nun, wo man den Feind kennt, wird man vielleicht eher wissen, wie man ihm begegnen muss – oder vielleicht doch nicht? Das macht jedenfalls Lust auf mehr und ist weit davon entfernt, niedlicher Kinderkram zu sein.