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Gruber, Andreas: Die Engelsmühle (Buch)
Andreas Gruber
Die Engelsmühle
Titelillustration: Marylin Nieves
Festa, 2008, Paperback, 272 Seiten, 13,95 EUR, ISBN 978-3-86552-080-7
Von Carsten Kuhr
Der Wiener Versicherungsdetektiv Peter Hogart will eigentlich nur seine Ruhe haben. Auf dem Flohmarkt alte Jazz-Platten und Autogramme verkaufen, dabei ein wenig Fachsimpeln, das wäre seine Welt.
Wenn es da nur nicht die lästigen Ausgaben geben würde. Die Miete muss beglichen werden, das Auto und Essen zahlt sich auch nicht von alleine. Nur gut, dass er zumindest mit dem Rauchen vor drei Monaten aufgehört hat.
Als er einen Anruf von seinem Auftraggeber, einer Rückversicherung, bekommt, der ihn engagieren will um das Feuer in einer Versicherung auf Brandstiftung hin zu untersuchen, beißt er die Zähne zusammen und übernimmt die Nachforschung.
Noch bevor er sich aber dem Tatort widmen kann, ruft ihn sein Bruder an. Ein alter Bekannter, ein ehemaliger Professor, hat sich bei diesem gemeldet und panisch um Hilfe gebeten. Ein Videoband soll vor den Behörden und unbenannten anderen versteckt werden. An der Villa des hilfesuchenden Professors angekommen treffen sie auf ein Großaufgebot der Mordkommission. Der Rückenmarksspezialist wurde bestialisch gefoltert und umgebracht. Verdächtigt wird ausgerechnet Hogarts Bruder. Unsere Spürnase findet das Band, auf dem ist allerdings nur eine Frau in einem Rollstuhl samt ihren Ärzte zu sehen. Was nur ist so brisant an diesem Band von 1988, dass Menschen seinetwegen ermordet werden? Hogart macht sich auf, das Rätsel zu lösen und stößt nicht nur auf weitere Tote, sondern auf ein Geflecht aus Bestechung, Vetternwirtschaft und faszinierende Frauen ...
Es ist schon rätselhaft, warum ein solch talentierter Autor wie Andreas Gruber bislang nicht bei einem der großen Publikumsverlage landen konnte. Seine preisgekrönten Romane legen beredt Zeugnis von seiner Fähigkeit ab, spannend und niveauvoll zu unterhalten.
Vorliegender Roman ist keine Ausnahme. Erneut wendet er sich der Figur des kauzigen Wiener Detektivs Hogart zu.
Dieses Mal verschlägt es den liebenswert-chaotischen Wiener Junggesellen nicht in eine fremde Metropole, stattdessen darf er in heimischer Kulisse seine Spürnase beweisen. Dabei steht die Suche nach der Auflösung des Geheimnisses ganz im Zentrum des Geschehens. Erneut sind es dabei die Figuren, die den Roman dominieren. Mit scheinbar leichter Hand zeichnet der Autor interessante, vielschichtige Gestalten. Im Verlauf der Ermittlungen entdecken wir zusammen mit unserem Protagonisten immer neue Züge an diesen. Immer wenn ich glaubte, eine Figur eingeschätzt zu haben, zu wissen wie sie ins große Puzzle passt, wurde ich hier überrascht.
Hogart selbst wird erneut als liebevolles Unikat portraitiert, als ein Mann, dem das Schicksal übel mitgespielt hat, der von der dominanten Mutter als Versager angesehen wird, der schlicht Pech, auch mit seinen Beziehungen, hatte. Gerade deswegen aber ist er eine Person, mit der der Leser sich gerne und problemlos identifiziert. Wir nehmen Anteil an seinen Macken, lernen seine Familie kennen und erfahren ein wenig über die Ursachen, die seinen Charakter prägten.
Im Gegensatz zum ersten Roman um Hogart bleibt die Darstellung des Ortes der Handlung, die Stadt Wien, dieses Mal eher im Hintergrund. Zog der Autor in „Schwarze Dame“ aus Prag mit dessen Geschichte, den verwinkelten Gassen des jüdischen Viertels viel Atmosphäre, so zeigt er Wien als lebendige Metropole, letztlich aber ohne, dass er den besonderen Charme den die österreichische Hauptstadt ausstrahlt, wirklich für sich zu nützen.
Stattdessen offeriert er uns Spuren und Indizien, lässt uns mitfiebern und vermuten, wer und was hinter den brutalen Morden stecken könnte. Die Taten selbst werden sehr zurückhaltend geschildert, die Beschreibung der grausam gefolterten Opfer bleibt fast unterkühlt und nüchtern. Hier geht es dem Autor eindeutlich nicht darum, seine Leser mit plakativen Beschreibungen der Tat und der Leichen zu schocken, sondern sie im intelligenten Denkspiel auf manche falsche Fährte zu locken und miträtseln zu lassen.
Insofern ein spannendes Buch mit einem so nicht erwartetem Finale. Mir persönlich hat aber der ersten Band aufgrund seiner packenderen Beschreibung des Handlungsortes noch ein wenig mehr gefallen.
hinzugefügt: November 10th 2008 Tester: Carsten Kuhr Punkte: zugehöriger Link: Festa Hits: 3048 Sprache:
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