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Robson, Mark: Die Spionin - Die Gilde von Shandar 1 (Buch)
Mark Robson
Die Spionin
Die Gilde von Shandar 1
(Imperial Spy)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Tanja Ohlsen
Titelillustration von Geoff Taylor
cbj, 2008, Paperback, 382 Seiten, 12,00 EUR, ISBN 978-3-570-30533-1
Von Carsten Kuhr
Mantel- und Degen Abenteuer ist ein Sub-Genre, das momentan eine längst überfällige Renaissance feiert. Wer kennt sie nicht, die drei Musketiere und ihre Abenteuer, wer war nicht fasziniert von den Intrigen am königlichen Hof von Versailles, von denen uns Alexandre Dumas und andere namhafte Verfasser berichteten.
Nun, endlich, bin ich geneigt zu sagen, haben sich auch die Fantasy-Autoren des Settings angenommen. Pierre Pevel hat in „Drachenklingen“ die Richtung gewiesen, weiteres Lesefutter ist auf dem Weg.
Mark Robsons Trilogie um die „Gilde von Shandar“ setzt direkt am Ende seines vierbändigen Sword & Sorcery Zyklus „The Darkweaver“ an, der bislang auf Deutsch noch nicht vorliegt.
Der Magier, der sich für den König von Shandar ausgab, wurde von einem Spion in Diensten des aufrechten Generals Surabar ermordet, der Verbündete des Magiers, Shalidar, der beste der Meuchelmörder, aber entkam und schwor bittere Rache.
Wer nun aber meint, dass der Spion, der für die zwangsweise Abdankung des Usurpators sorgte, ein charismatischer Held, ein James-Bond-Verschnitt wäre, der reibt sich überrascht die Augen.
Statt eines Beau, eines Draufgängers und Herzensbrechers ist die Hauptperson eine zwar attraktive aber nicht überwältigend schöne junge Frau. Als Taschendiebin begann ihre Karriere, bis sie dem falschen Mann die Börse zu entwenden suchte. Dieser, der Leiter des königlichen Spionagerings, erkannte das Potential, das in Femke schlummerte, und unterwies sie in allen Fertigkeiten, die man als Spion so braucht. Verkleidungen, Kampf mit und ohne Waffen, Gifte und das Eindringen in verschlossene Räume. Femke sog alles auf wie ein Schwamm, zwischenzeitlich ist sie die Beste ihrer Zunft. Um sie ein wenig aus der Schusslinie der Assassinnen zu nehmen, entsendet sie ihr Monarch als Botschafterin an den Hof des Königreichs Thrandor. Kaum dort angekommen, und ihre Botschaft von Frieden und Handel überbracht, wird sie Opfer einer Intrige. Adelige werden im Palast ermordet, am Tatort findet man Femkes Messer und eine Brosche. Vor den Anschuldigungen flieht sie, um den wahren Täter zu entlarven. Nur zu bald entdeckt sie, dass ein alter Bekannter, der Assassinne Shalidar, hinter den Anschlägen steckt. Doch der hat ein wasserdichtes Alibi und ist zudem am Hof ein geschätzter Handelspartner ...
Robson spielt gerne und ausgiebig mit der Erwartungshaltung seiner Leser. Und in Femke hat er sein perfektes Vehikel gefunden, um den Leser zu faszinieren. Seine Protagonistin ist all das, was James Bond und Co. nicht sind. Sie ist natürlich, sympathisch und besitzt eine überzeugende Moral. Daneben ist sie aber auch kompetent, extrovertiert und clever.
Im Verlauf der Handlung lernen wir Femke näher kennen, erfahren, wie sie zu der Person wurde, als die sie sich nun präsentiert. Hier fügt der Autor Stein auf Stein ein glaubwürdiges Fundament zusammen, auf dessen Grundlage sie dann überzeugend und nachvollziehbar agieren kann.
Es sind sicherlich die Personen, die den großen Reiz des Romans ausmachen. Mit viel Gespür für Feinheiten und die richtige Mischung präsentiert uns der Autor – einmal abgesehen vom doch sehr einseitig gezeichneten Bösewicht Shalidar – recht vielschichtige Personen.
Sei es König Malo von Thrandor, der um seinen besten Freund trauert, den zu Beginn aufgeblasenen Adeligen Danar oder den Soldaten Reynik. die beide in Femke verschossen sind und was für romantische Verwicklungen sorgt, sie alle werden glaubwürdig gezeichnet und agieren in ihrer jeweiligen Historie überzeugend.
Obwohl große Schlachtgemälde fehlen, ist das Tempo des Romans hoch, eilt die Handlung von Highlight zu Highlight. Gerade die Tatsache, dass sie ihrem Gegner weit unterlegen ist, dass dieser alle Trümpfe in der Hand zu halten scheint, macht die Auseinandersetzung so spannend. Für jeden Plan, den Femke ersinnt um den wahren Täter zu überführen, hat dieser bereits lang vorher eine weitere Falle installiert, in die sie unweigerlich tappt. Das erinnert an den Kampf Davids gegen Goliath, wobei auffällig ist, dass Femke viel zu spät erkennt, dass sie verraten wird.
Eine Besonderheit ist auch das Fehlen von Magie. Zauber gibt es zwar auf der Welt, in vorliegendem Roman aber spielt diese keine wirkliche Rolle. Der Plot orientiert sich eindeutig zum Abenteuer in einer fiktiven Welt hin, phantastische Elemente sucht man vergebens.
Schwachpunkt des Romans ist sicherlich die Darstellung der Welt. Es mag sein, dass der Autor hier voraussetzt, dass der Leser diese aus seiner ersten Serie kennt, dennoch wäre hier eine etwas detailreichere Darstellung hilfreich gewesen. So erfahren wir, dass die Städte unterschiedlich aufgebaut sind, dass es weite Ebenen und befestigte Metropolen gibt, arg viel mehr aber leider nicht.
Stilistisch ohne Besonderheiten, der jugendlichen Zielgruppe angepasst, prägen den Roman kurze Sätze, die zum hohen Tempo beitragen.
Insgesamt also ein sehr spannender, kurzweiliger Abenteuerroman für jung und alt, der insbesondere durch seine außergewöhnliche Heldin zu überzeugen weiß.
hinzugefügt: November 17th 2008 Tester: Carsten Kuhr Punkte: zugehöriger Link: cbj Hits: 2779 Sprache:
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