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Kastner, Jörg: Die Tulpe des Bösen (Buch)

Jörg Kastner
Die Tulpe des Bösen
Knaur, 2008, Hardcover, 456 Seiten, 19,95 EUR, ISBN 978-3-426-66262-5

Von Carsten Kuhr

Wir schreiben das Jahr des Herren 1671. Die Niederlande werden von allen Seiten bedroht. Die besiegt geglaubte englische Seemacht legt neue Rümpfe auf Werft, der französische König zieht Truppen für eine Invasion zusammen, und auch Münster und Köln rüsten sich, um beim Nachbarn einzufallen.
In dieser Zeit des Auf- und Umbruchs erschüttert eine Mordserie Amsterdam. Stützen des Staates, Honoratioren, die mit ihren Spenden viel Gutes tun, werden nachts auf dem Nachhauseweg von dem Treffen der Vereinigung „Verehrer der Tulpe“ erstochen. Der Amtsrichter Nicolaas van der Zyl beauftragt seinen besten Mann, Amtsinspektor Katoen, und seine Büttel damit, die Mordserie aufzuklären. Katoen, der bereits in den Ermittlungen um die mysteriösen Geschehnisse um Rembrandt und Farbe Blau 1669 auf sich aufmerksam machte, stürzt sich mit Feuereifer in die Nachforschungen. Nicht genug damit, seinem Heimatland und seiner Stadt in der bevorstehenden schwierigen Zeit beistehen zu können, winkt auch die fleischliche Gunst der verwitweten Schwester des Amtsrichters anspornend.
Erste Hinweise deuten auf eine Verquickung mit dem wirtschaftlichen Zusammenbruch während des Tulpenfiebers im Jahr 1637 hin. Damals, als alle mit den begehrten Zwiebeln das große Geld machen wollten, als auf Pump ge- und verkauft wurde, was man gar nicht besaß, verloren viele ihr ganzes Vermögen. Nur wenige entgingen damals der Armut, und genau diese scheinen nun von dem Mörder gejagt zu werden.
Dafür spricht auch, dass man in der Hand der Opfer jeweils ein Tulpenblatt gefunden hat. Ein Blatt aber, das von einer bislang unbekannten Art von Tulpe stammt. Schwarz ist es, mit blutroten tropfenförmigen Einschüssen. Der Mörder muss demnach aus dem Umkreis Tulpenzüchter kommen.
Als Katoen aber beginnt, nach der markanten Tulpensorte zu forschen, stößt er auf eine Mauer der Schweigens. Selbst angesehene Züchter leugnen, eine solche Pflanze jemals gesehen, ja auch nur von ihr gehört zu haben. Nur ein offensichtlich unzurechnungsfähiger, total verarmter Mann scheint die Abart zu kennen. Die „Tulpe des Bösen“, so nennt er die Abart, soll magisch anmutende, zerstörerische Kräfte besitzen. Vor Jahrzehnten aus dem Osmanischen Reich geraubt, sollen ein paar Tulpenzwiebeln in heimischer Erde gediehen sein. Doch wer züchtet die schwarze Bluttulpe, und was ist dran an dem Gerücht, dass der Besitz der Blume unweigerlich zum Tod führt? Je tiefer Katoen in das Geflecht um die Macht in seiner Stadt, um Reichtum und Verrat, Manipulation und Mord eindringt, desto deutlicher wird, dass hinter den Morden weit mehr steckt als bislang vermutet - es geht um nicht weniger als die Zukunft der Niederlande ...


Ich begleite die Bücher Jörg Kastners nun schon seit einigen Jahren. Alternierend erscheinen seine mehr phantastisch angehauchten Romane im Taschenbuch, im nächsten Jahr wird dann ein historischer Roman im Hardcover aufgelegt.
Mit vorliegendem Werk wendet sich der Autor erneut dem faszinierenden und sorgfältig recherchierten Schauplatz Amsterdam zum Ende des 17. Jahrhunderts zu. Wie immer in seinen vornehmlich historischen Werken verbindet er diese geschickt mit einem phantastischen Element, ja, macht dieses Jahr deutliche Anleihen beim Kriminalroman.

Mit einem guten Gefühl die Zeit, in der er seine Handlung situiert hat, berichtet er uns in einprägsamen Bildern vom Leben in der Küstenmetropole, von sozialen Unterschieden und vom tagtäglichen Kampf ums Überleben. Dabei ruht seine Handlung auf historischen Tatsachen. Während die Todestulpe eine Erfindung Kastner´scher Imagination darstellt, ist der Wirtschaftscrash rund um die Spekulationsblase mit den bunten Blumen geschichtlich belegt. Das erinnert in vielem frappierend und erschreckend an heutige Zustände angesichts weltweiter Rezession in Zuge der Bankenkrise.

Mit einem Gespür für seine Gestalten, deren Empfindungswelt und Motivation sorgfältig ausgearbeitet wird, spinnt er einen spannenden Plot. Es gelingt ihm, seine Leser scheinbar mühelos mit den Figuren gefangenzunehmen, prägen die vielschichtigen Figuren, gleich ob die geschichtlich verbürgt sind, oder der Imagination des Autors entsprungen sind, doch das Werk.
Unerwartete Wendungen, viel zeitgeschichtliches Flair und eine packende Handlung machen diesen Roman zu einem der Besten aus dem Hause Kastner.

hinzugefügt: November 21st 2008
Tester: Carsten Kuhr
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