|
Smith, Lisa J.: Im Zwielicht - Tagebuch eines Vampirs 1 (Buch)
Lisa J. Smith
Im Zwielicht
Tagebuch eines Vampirs 1
(The Awakening - The Vampire Diaries 1, 1991)
Aus dem Amerikanischen von Ingrid Gross, neu bearbeitet von Kerstin Windisch
cbt, 2008, Taschenbuch, 254 Seiten, 7,95 EUR, ISBN 978-3-570-30497-6,
Von Irene Salzmann
Elena ist die unbestrittene ‚Highschool-Queen’. Sie ist hübsch, kommt aus guten Verhältnissen, hat vorzeigbare Noten, ihre Freundinnen sind zuverlässig, und jeden Jungen, der ihr gefällt, könnte sie haben. Dann tritt der attraktive Stefano in ihr Leben – und ignoriert sie.
Wütend beginnt Elena mit der Hilfe von Bonnie und Meredith, ihren Racheplan in die Tat umzusetzen: Stefano soll ihr verfallen, und dann will sie ihn abblitzen lassen. Es kommt jedoch anders, denn Caroline hat ebenfalls ein Auge auf den neuen Schüler geworfen und lässt nichts unversucht, ihre Rivalin auszustechen. Wie es scheint, hat sie damit auch Erfolg, denn Stefano erscheint mit ihr auf dem Ball.
Um von dem Ort ihrer Niederlage fort zu kommen, zieht Elena mit der Clique des Football-Ass’ Tyler los, obwohl sie weder ihn noch die anderen mag. Das Ziel der angetrunkenen Teenager ist der Friedhof, wo man um diese Zeit ungestört ist. Dass erst kürzlich in der Nähe ein Obdachloser überfallen und übel zugerichtet worden war und sie selber ein unheimliches Erlebnis hatte, verdrängt Elena. Als Tyler deutlich macht, dass er mehr als nur einen harmlosen Flirt wünscht, ist Stefano rechtzeitig zur Stelle.
Elena nutzt ihre Chance, ihn zur Rede zu stellen – und sie sinken einander in die Arme, denn Stefano erwidert ihre Gefühle. Aber alle seine Geheimnisse verrät er ihr noch nicht…
Romantische Vampir-Romane sind kein Phänomen der jüngsten Zeit, wie die vierteilige Serie „Tagebuch eines Vampirs“ aus den 1990er Jahren beweist (Anne Rices „The Vampire Chronicles“, die den Trend gestartet haben, sind sogar noch älter; der erste Roman erschien 1976). Gegenwärtig dürfte das Interesse seinen Höhepunkt erreicht haben, denn nahezu jeder Verlag, der Unterhaltungsliteratur in seinem Programm hat, offeriert entsprechende Titel. Auch im Bereich Jugendbuch kann man viele Einzelbände und Serien finden.
„Im Zwielicht“, der Auftakt der Reihe „Tagebuch eines Vampirs“, wendet sich in erster Linie an Leserinnen ab 14 Jahren, die die Mischung aus vertrautem Schüleralltag, Romantik und Phantastik mögen. In Hinblick auf die Zielgruppe fällt die Geschichte nicht zu blutig aus, und auch die intimen Momente der Teenager werden nicht weiter ausgeführt.
Im Großen und Ganzen bedient sich die Autorin gängiger Motive: Der schöne Vampir trauert noch immer um die Liebe seines untoten Lebens, und als ihm ein Mädchen begegnet, das der Verstorbenen wie aus dem Gesicht geschnitten ist, hält er sich von ihr fern, um ihr nicht zu schaden. Natürlich finden sie doch zusammen, sein Geheimnis schockiert sie nicht, aber das Happy End lässt auf sich warten, da sich ein skrupelloser Rivale einmischt. Die Geschehnisse von einst scheinen sich zu wiederholen.
Das hat man alles schon mal in ähnlicher Form gelesen, doch auch die Wiederholungen können gut unterhalten, wenn die Details mit Überraschungen aufwarten oder der Erzählstil zu fesseln vermag. Hier trifft vor allem Letzteres zu, da die Autorin flüssig und routiniert ihr Garn abspult, wobei sie die jungen Protagonisten glaubwürdig darzustellen weiß. Das Denken und Handeln der Schüler ist nachvollziehbar, die Dialoge sind realistisch.
Unbedingt sympathisch sind Elena und ihre Freunde allerdings nicht. Während üblicherweise die Hauptfiguren darum bemüht sind, in allem gut durchschnittlich zu erscheinen, damit sich die Leser identifizieren können, überrascht die Autorin mit einer weiblichen Hauptfigur, die nur aus Superlativen besteht, und das Bild - das sogar in Worte gefasst wird! – von der Königin und ihrem Hofstaat trifft die Situation bestens. Elena wirkt arrogant, vor allem wenn sie andere für sich springen lässt, kleinliche Rachepläne schmiedet oder über die Jungen herzieht. Stefano ist nicht anders, denn er ist sich seiner Wirkung bewusst und legt großen Wert auf Statussymbole. Die Schwächen eines Vampirs nach Bram Stoker hat er größtenteils abgelegt. In Folge tut sich eine Welt der Superreichen und Superschönen auf, die einfach märchenhaft ist und nur jene wirklich anspricht, die Glamourträume in Technicolor haben.
Die Romanze steht im Mittelpunkt, umrankt von typischen Schülerquerelen und den Rückblenden, die Stefanos Vergangenheit in kleinen Häppchen aufrollen. Im Prinzip hätte die Geschichte auch ohne das phantastische Element funktionieren können, denn es kommt kaum zum Einsatz und peppt den Plot auch nicht auf. Die Weichen für die Fortsetzung des Konflikts zwischen Stefano und Damon werden gestellt. Man darf, vagen Andeutungen zufolge, davon ausgehen, dass Elena zwischen die Fronten geraten und die eine oder andere ihr nahe stehende Person zu den Opfern zählen wird.
„Im Zwielicht“ dürfte vor allem einem jungen, sehr romantischen Publikum gefallen, das über wenig Lese-Erfahrung verfügt und das Genre gerade erst für sich entdeckt hat. Nachdem hier das Setting und die Akteure vorgestellt wurden, sind mehr spannende Szenen in den Fortsetzungen vorstellbar.
Reifere Vampir-Fans, die bereits den einen oder anderen vergleichbaren Titel kennen, finden nicht viel Neues und könnten enttäuscht sein, wenn sie mit zu hohen Erwartungen an den Roman herantreten. Sie sind mit komplexeren Serien wie „Die Erben der Nacht“ von Ulrike Schweikert (cbt) oder „Dhampir“ von Barb & J. C. Hendee (LYX) besser beraten.
hinzugefügt: November 29th 2008 Tester: Irene Salzmann Punkte: zugehöriger Link: cbt Hits: 2293 Sprache:
[ Zurück zur Übersicht der Testberichte | Kommentar schreiben ] |
|