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Wohlrath, Diana: Der Feuerthron (Hörbuch)
Diana Wohlrath
Der Feuerthron
Gelesen von Anna Thalbach
der Hörverlag, 2008, gekürzte Lesung, 8 CDs im Double-Juwel-Case im Papp-Schuber, Laufzeit: ca. 572 Minuten, ca. 28,00 EUR, ISBN 978-3-86717-318-6
Von Irene Salzmann
Hinter dem Pseudonym Diana Wohlrath verbirgt sich ein Schriftsteller-Ehepaar, das bereits unter vielen Namen gemeinsam oder solo publizierte, darunter auch Iny Lorentz. Elmar H. Wohlrath und Iny Klocke waren einst aktive Follower (www.follow.de). Sie veröffentlichten in den 1980er Jahren Fantasy-Kurzgeschichten u. a. in Anthologien des Goldmann Verlags, schrieben Heftromane und feierten ihre größten Erfolge mit historischen Romanen wie „Die Wanderhure“. „Der Feuerthron“ ist ihr erstes großes Jugendbuch.
Seit der Zerstörung des Feuerthrons herrscht Friede im Archipel. Umso größer sind Überraschung und Entsetzen, als der Kaiser von Gurrland seine schwarzen Schiffe aussendet, um die Inselwelt zu erobern. Selbst die Magier wissen nicht, wie sie die überlegenen Kämpfer aufhalten können, und so werden die ersten Reiche schnell überrannt.
Mera, die mit Mutter und Großmutter in der Schänke ‚Zum Blauer Fisch’ lebt und arbeitet, der Schankbursche und Halb-Gurrländer Girdhan und beider Freund, der Fischerjunge Kip, können mit einem kleinen Boot fliehen, während ihre Angehörigen und Bekannten in Gefangenschaft geraten oder getötet werden. Unterwegs nehmen sie die Schiffbrüchige Careela auf, die sich als Prinzessin entpuppt.
Dann beginnt auch schon das große Abenteuer der vier Jugendlichen, die Meras Großmutter befreien und die geheimnisvollen Runier um Hilfe bitten wollen. Wie sich herausstellt, sind diese für die Entführung der magisch begabten Frau verantwortlich und lehnen es ab, in einen Krieg einzugreifen, an dem sie nicht ganz schuldlos sind. Die Runier tragen schwer an ihrem dunklen Geheimnis, das niemand erfahren darf, und wollen in ihrer selbst gewählten Isolation ausharren, statt den Menschen zu helfen.
Aber nicht alle Runier denken wie ihre Anführer, und so bekommen Mera und ihre Freunde unerwartet Unterstützung. Bald wird klar, dass das junge Mädchen dazu bestimmt ist, den Feuerthron, der dem Kaiser seine überwältigende Macht verleiht, zu besteigen. Falls es den tapferen Helden gelingt, Gurrland zu erreichen, hat Mera dann wirklich eine Chance, mit ihren gerade erst erwachten magischen Kräften das böse Artefakt zu kontrollieren?
Es ist schwer, gut geschriebene Fantasy zu finden, die etwas Neues bietet. Wer mit entsprechenden Hoffnungen an den „Feuerthron“ heran tritt, könnte etwas enttäuscht sein, denn alles hat man in ähnlicher Form irgendwo schon mindestens einmal gelesen. Der Fehler der deutschen Verlage ist, wenn ein Buch die Leserschaft interessiert, sofort Unmengen ähnlicher Titel auf den Markt zu bringen - aber nach zwei, drei Nacherzählungen verliert selbst das spannendste Thema seinen Reiz.
Der „Feuerthron“ bedient sich bekannter Versatzstücke des Genres: Jugendliche Protagonisten brechen zu einer Quest auf, und ein Abenteuer reiht sich an das andere. Im Verlauf der Handlung finden sie neue Freunde und Helfer, die ihnen beistehen, wann immer sie in einer Sackgasse landen; Deus ex Machina hat viele Gestalten. Natürlich verfügen die jungen Helden über entsprechende Gaben wie Magie, Kenntnisse der Nautik etc. und eignen sich allerlei Hilfsmittel (Waffen, magischer Schmuck) an. Die Gefahren sind nicht zu Furcht erregend und werden relativ mühelos bewältigt. Selbst an den weit überlegenen Feinden spazieren sie nahezu ungehindert vorbei und stellen sich der schweren Aufgabe: Ein böses, magisches Artefakt muss seinem gegenwärtigen Besitzer entrissen und zum Guten verwendet werden. Dass es ein Happy End gibt, braucht man nicht zu betonen.
Auch die Charaktere entsprechen den Archetypen, die man mit traditioneller Fantasy verbindet. Mera hat die Magie ihrer Vorfahren geerbt und entwickelt ihre Talente bis zum großen Showdown gegen den Kaiser bzw. Feuerthron. Girdhan ist ein Kind zweier Welten und wird weder von den Menschen noch den Gurrländern, in denen man die Orks erkennt, wirklich akzeptiert. Das Geheimnis um seine Herkunft wird enthüllt, und auch er trägt mit seiner Magie dazu bei, dass das Unternehmen gelingt. Kip ist der einzige wirklich ‚normale’ Junge in der Gruppe, der das Boot handhaben kann und als Pragmatiker fungiert. Careela ist ganz die Zicke, die nervt und erst später beweist, dass auch sie andere Seiten und ihren Nutzen hat. Die Runier verkörpern die Elfen und werden von Hekendialondilan (welchen Sinn es hat, extra komplizierte Namen zu verwenden, die sich niemand merken kann, wissen ihre Erfinder allein…) repräsentiert, der es zu verdanken ist, dass ihr Volk seine Haltung überdenkt. Nicht einmal das possierliche Maskottchen fehlt, wie man es mittlerweile aus Manga und Anime kennt, und auch die beliebten Drachen sind präsent.
Die Gegenspieler sind nicht wirklich böse. Die Macht des Feuerthrons hat sie vollständig im Griff, so dass sie gar keine andere Wahl haben, als die Reiche zu verheeren. Es ist Meras Berufung, den Bann zu brechen und eine Versöhnung herbeizuführen.
Die einzige relativ unverbrauchte Idee ist die Verknüpfung von Magie/Religion und Farbe. So sind jedem Volk des Archipels ein bestimmter Mond, eine Gottheit und die sie symbolisierende Farbe zugeordnet. Je näher sich die Farben stehen, umso besser kommen die jeweiligen Völker miteinander aus, ähnliche Nuancen beeinflussen die Magie positiv, komplementäre schwächen sie.
Anna Thalbach gibt sich viel Mühe, in die verschiedenen Rollen hineinzuschlüpfen, so dass sie einen lebendigen Vortrag bietet.
Die Gestaltung des Hörbuchs ist ordentlich: Im Pappschuber finden sich vier Jewel-Cases mit jeweils zwei CDs. Schade, dass dem Schuber kein Booklet mit Informationen (Personenübersicht, Karte, Biografie der Autoren etc.) beigefügt wurde.
Die Geschichte ist durchaus massentauglich, gerade in Hinblick auf die Zielgruppe: Leser bzw. Hörer ab 12 Jahren. Ihnen wird alles geboten, was sie mit Fantasy verbinden. Zur Identifikation laden Helden im passenden Alter ein. Eher selten wird gekämpft, stattdessen stehen die Kabbeleien der Hauptfiguren im Vordergrund. Das (Hör-) Buch nimmt ein glückliches Ende, ganz wie man es sich wünscht.
Das reifere Publikum, vor allem wenn es Lese-Erfahrung hat, sieht viele Parallelen zum „Herrn der Ringe“ und zu anderen namhaften Romanen der Fantasy. Die Konflikte der Jugendlichen nehmen das Tempo aus der Handlung und wirken banal angesichts der Gefahren, in die sie immer wieder hinein stolpern. Die erwachsenen Charaktere belegen bloß Nebenrollen.
Von daher möchte man den „Feuerthron“ Mädchen und Jungen zwischen 12 und 16 Jahren ans Herz legen, denn auf diese ist der Titel zugeschnitten. Genre-Neulinge dürften auch noch ihr Vergnügen an der Geschichte haben. Hardcore-Fans sind hingegen haben mit solchen (Hör-) Büchern mehr Spaß, die statt einer Ansammlung bekannter Motive mehr frische Ideen bieten und reifere Protagonisten in spannende Abenteuer schicken.
hinzugefügt: December 6th 2008 Tester: Irene Salzmann Punkte: zugehöriger Link: der Hörverlag Hits: 2744 Sprache:
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