Der Tag an dem die Erde stillstand
USA 2008, Regie: Scott Derrickson, mit Keanu Reeves, Jennifer Connelly, Kathy Bates u.a.
Von Oliver Naujoks
Außerirdische landen auf der Erde, mitten im Central Park von Manhattan. Der wie ein Mensch aussehende Klaatu (Keanu Reeves), unterstützt durch den unbesiegbaren Roboter Gort, überbringt der Menschheit die schlechte Nachricht, dass zur Rettung des Lebens auf der Erde das vernichtet werden soll, was dessen größte Gefahr darstellt: Die Menschheit. Zunächst einmal muss Klaatu aber untertauchen, bei einer Wissenschaftlerin (Jennifer Connelly) und ihrem Adoptivsohn…
Sowohl im Design, als auch in der Geschichte waren Anpassungen für das Jahr 2008 notwendig und zu erwarten, leider muss man diesem Remake aber attestieren, dass es in diesen Belangen nicht richtig überzeugen kann.
Gerade die Anpassungen der Geschichte scheinen zunächst durchaus nahe liegend und plausibel zu sein, wer möchte diesen Außerirdischen nicht zustimmen, dass die Erde durch den Menschen bedroht ist? Was ganz ordentlich anfängt, wird im weiteren Verlauf dann immer weniger einsichtig: Natürlich wird Klaatu gegen Ende davon überzeugt, dass die Menschheit eine Chance verdient, nur wie? Selbst unterstellt, dass ein kurzer Ausschnitt mit Bach-Musik durchaus Überzeugungskraft hat, so soll das Publikum am Ende den Filmemachern abnehmen, dass der Außerirdische nur deswegen eine ‚andere Seite’ an den Menschen entdeckt, weil er einer rührseligen Szene beiwohnen darf, in welcher eine Mutter ihren Adoptivsohn tröstet. Das ist alles. Das glaubt kein Mensch, geschweige denn ein Außerirdischer. Dass sich angeblich die Menschheit zum Besseren geändert hat wird schlicht und einfach behauptet, aber nicht glaubwürdig dem Zuschauer verkauft. Gegen Ende wird dann der Titel anders gewendet als im Original und angedeutet, dass den Menschen ihre Technologie weggenommen wird – warum die Menschheit dann aber nicht mit Keulen aufeinander einschlagen und alles dafür tun soll, die vorhandenen Technologien wieder ins Werk zu setzen, das wird dann nicht erklärt, es folgt der Abspann.
So erlebt man eigentlich drei recht strikt voneinander getrennte Akte: Der erste Akt erinnert an den Auftakt eines Katastrophenfilms, der Mittelteil an einen ruhigen, ganz ordentlich erzählten SF-Film, nur der letzte Akt geriet den Filmemachern dann leider gründlich daneben, mündet dieses „Day.:.“-Remake doch in ein visuell und gedanklich völlig unüberzeugendes, diffuses New Age-Drama.
Am Rande, der Katastrophen-Part am Anfang ist so schön ausfabuliert, dass es dann von der dramaturgischen Gewichtung nicht mehr passen will, dass dieser dann urplötzlich, inklusive eingeführter und dann nie wieder auftauchender Charaktere, völlig fallengelassen wird. Ob der Grund dafür in einem schwachen Drehbuch oder einigen Kürzungen bei der Montage zu suchen ist, wird uns wohl die spätere DVD-Fassung weisen. Immerhin ist auffällig, dass der Film im Vergleich zu anderen Tentpole-Pictures mit 103 Minuten erstaunlich kurz ausgefallen ist. Hätte er ebenfalls wie das Original nicht viel Federlesens gemacht und gleich mit der UFO-Landung angefangen, wäre er kaum länger als 90 Minuten geworden. Kein Vergleich mit Kalibern wie „ID4“ oder „Transformers“, die beide fast 2 ½ Stunden lang sind.
Apropos Tentpole, hier merkt man deutlich, dass sich die Macher damit sehr schwer taten, die ursprünglich friedfertige und ruhige Story einem heutigen Publikum zu präsentieren, das bei Alien-Invasionen nun mal epische Destruktionsbilder erwartet, ja voraussetzt (da war Wise damals noch freier!). So wirken die beiden größeren Zerstörungsszenen, die in den Trailern wichtigtuerisch breitgetreten wurden, ersichtlich aufgesetzt und wie ein Fremdkörper in diesem tatsächlich eher ruhigeren Film, der damit beide Fraktionen des Publikums vergrätzt: Der eine, kleinere Teil, wird die Zerstörungsszenen als Verrat an dem friedfertigen Original empfinden, der andere, größere Teil des Publikums, auf Zerstörungsorgien konditioniert, wird den eher ruhigen und in Action-Szenen sehr zurückhaltenden „Day:..“ zwangsläufig als Enttäuschung empfinden, weil er zu wenig Remmi mit dem Demmi auffährt. Daraus kann man nur den Schluss ziehen, dass in die Anpassung des Stoffes für das Jahr 2008 zu wenig Gedankenarbeit investiert wurde. Oder, dass der Stoff sich schlicht nicht so dafür eignet.
Ansehbar ist der Film trotzdem auf jeden Fall. Wie bereits erwähnt, die ersten beiden Akte sind durchaus ordentlich und unterhaltsam ausgefallen, die warmherzige Jennifer Connelly ein wichtiger Anker für den Film, Keanu Reeves schlagend ideal besetzt, und die Inszenierung kann zumindest bei der Lichtsetzung und den Bauten überzeugen. Leider aber nicht bei den Effekten. Diese sind zwar technisch sehr ordentlich (verantwortlich sind Peter Jacksons Nachbarn, die WETA-Studios), zeugen aber von sehr beschränkter visueller Phantasie der Inszenierung. Aus dem Alien-Raumschiff eine undefinierte Sphäre und aus Gort einen mäßigen CGI-Effekt - auch wenn das durch die (Nano-)Geschichte gedeckt ist - zu machen, sowie dieser ‚Nano-Schwarm’ gehören zu den großen Enttäuschungen dieses Remakes.
Die mangelnde visuelle Phantasie und die nicht überzeugende Verschränkung zwischen Original und heutigen Tentpole-Ansprüchen, die in einer unglaubwürdige Story resultieren, sorgen dann dafür, dass man dieses Remake trotz guter Besetzung und durchaus nicht zu leugnender Unterhaltungsqualitäten als enttäuschend empfinden muss. Reine Zeitverschwendung ist dieser Film nicht, man wird immerhin unterhalten. Aber dass dieses Remake mal irgendjemand einen Klassiker nennen wird, so wie das Original, ist mehr als unwahrscheinlich. Ob der Stoff selbst oder Regisseur Derrickson sich erfolgreich gegen einen besseren Film gewehrt haben, kann dadahingestellt bleiben.