Blue Evolution: LARP 1
Marian Kretschmer (Idee, Zeichnungen), Sebastian Schwarzbold (Idee, Story), Sven Loose (Story) & Stephan Haack (Text, Layout)
Titelillustration von Marian Kretschmer
THENEXTART, 2008,Heft, 28 Seiten, 4,00 EUR
Von Irene Salzmann
Die Rollenspieler Paul, Mike, Claudia und Silke lassen sich auf das mysteriöse Game ‚Do-Nahrlogimopping-Fyl’ ein und werden in eine bizarre Fantasy-Welt hinein gezogen. Noch während sie die realistischen Kulissen bestaunen, erreicht der Krieg, den die Soldaten führen, ihren Aufenthaltsort. Für einen von ihnen kommt das Begreifen, dass dies mehr als ein Spiel ist, zu spät…
„Blue Evolution: LARP“ ist die Fortsetzung von „Blue Evolution“. Man kann der Handlung problemlos folgen, auch wenn man jene sechs Bände, die relativ in sich abgeschlossen sind, nicht kennt. Neue Hauptfiguren treffen auf alte Bekannte wie Lt. René, für die der Krieg von Gut gegen Böse noch nicht vorbei ist. Vier junge Rollenspieler werden mit grausamen Kampfhandlungen konfrontiert, und als sie erkennen, dass das scheinbar spannende Game für sie düstere Realität geworden ist, gibt es bereits kein Entkommen mehr. Mit einem Cliffhanger, der offen lässt, ob es ein tragisches Opfer zu beklagen gibt, endet der Band.
Das Heft ist professionell gestaltet und kann dem Vergleich mit Produkten der ‚großen’ Verlage standhalten: kartoniertes Hochglanzcover, festes Kunstdruckpapier, Illustrationen auf Front- und Backcover. Anders als die erste Serie, die aufwändig koloriert wurde, erscheint die Fortsetzung in Schwarz-Weiß. Die ausgeführten Zeichnungen muten zwar etwas skizzenhaft an, zeigen aber eindrucksvoller, als Farbillustrationen es können, was der Künstler zu leisten vermag. Die Szenen sind dynamisch und voller Details, die dazu einladen, jedes Panel länger zu betrachten. Wie in den amerikanischen Superhelden-Comics sind die charakteristischen Körpermerkmale der Figuren überbetont, d. h., die Frauen haben sehr schmale Taillen und große Brüste, die Männer sind extrem muskulös oder hager und sehnig, ihre Gesichter sind lang und kantig.
Nach nur einer Nummer kann man schwerlich sagen, welche Richtung die zweite „Blue Evolution“-Reihe einschlagen wird. Im Auftaktband präsentiert das Künstler-Team einen Mix aus allen phantastischen Genres, gewürzt mit viel Action und einer Prise Erotik. Ist man mit der Vorgeschichte vertraut, ahnt man, dass die Handlung eigentlich nur noch dunkler und dramatischer werden kann.
Obwohl viele Kenner der Ansicht sind, Deutschland habe keine Comic-Szene – jedenfalls keine, die sich mit der in den USA, Frankreich/Belgien oder gar Japan vergleichen lässt -, so geben sich seit einigen Jahren immer mehr junge Künstler große Mühe, diese Behauptung zu widerlegen. Beispielsweise fördern Carlsen und Tokyopop einheimische Talente im Manga-Bereich, die kleineren Labels The Wild Side und Fireangels konzentrieren sich auf eigene Produktionen in Nischen-Genres, und das Comicwerk präsentiert eine stetig wachsende Zahl an Serien und Oneshots, die man dem Comic und/oder Manga zuordnen kann und von denen die meisten längst keine Eintagsfliegen mehr sind, wie das in den 1990er Jahren zur Zeit des ‚Superhelden-Booms’ noch oft der Fall war.
Interessiert man sich für diese kleine deutsche Szene, dann zählt der Titel „Blue Evolution“ sicher mit zu den viel versprechenden Comic-Heften, die man im Auge behalten sollte.