|
S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of Chernobyl 4: Zone der Verdammten, Vasiliy Orechow (Buch)
S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of Chernobyl 4
Vasiliy Orechow
Zone der Verdammten
(Vasiliy Orechov: S.T.A.L.K.E.R.: Zona Porazhenia)
Übersetzung: Helena Walter
Panini, 2008, Taschenbuch, 312 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 978-3-8332-1786-9
Von Frank Drehmel
„Zone der Verdammten“ basiert auf einem PC-Shooter der Firma GSC Game World, dessen Handlung in einer fiktiven Sperrzone um den mehrfach explodierten ukrainischen Reaktorkomplex Tschernobyls angesiedelt ist.
Hemul hat sich seinen fast schon legendären Ruf als Stalker hart erarbeitet. Er gehört zu den wenigen Artefaktjägern, die die mannigfaltige Tödlichkeit der Zone viele Jahre lang überlebt haben, auch wenn das eine oder andere Team, mit dem er unterwegs war, auf der Strecke geblieben ist.
Ein Grund für sein Überleben war neben der Erfahrung auch sein Gespür dafür, wann er zu pausieren und das verdiente Geld in Weib, Wein und Wodka umzusetzen hat.
Gerade als Hemul eine dieser Auszeiten von der Zone nehmen will, bietet ihm sein Clan-Chef, Bubna, einen so lukrativen Auftrag an, dass ein Nein schlichtweg ökonomischer Irrsinn wäre.
So findet sich der Stalker kurz darauf erneut in der Zone wieder, im Schlepptau einige amerikanische Jagd-Touristen – Adrenalin-Junkies, denen zum vollkommenen Glück nur noch das Erlegen der tödlichsten Mutanten der Erde fehlt.
Zunächst beginnt alles recht harmlos, doch schon bald stellt Hemul fest, dass Merkwürdiges in der Zone vor sich geht und sich die verstrahlten Kreaturen, die Zombies und Pseudowesen nicht wie gewohnt verhalten. Der Tripp, der als einfache Safari geplant war, entwickelt sich schnell zu einem einzigen Überlebenskampf, in dessen Hintergrund mindestens eine unbekannte weitere Fraktion die Fäden zu ziehen scheint. Und auch hinter den Touristen steckt mehr, als Hemul vermutet.
David Rothe, der Hauptprotagonist der Frenz'schen Stalker-Romane, ist vergessen, es lebe Hemul!
Nicht nur, dass der Stalker als Reminiszenz an Tove Janssons Mumintal-Geschichten einen der originellsten Kampfnamen des Genres trägt, er verkörpert auch „perfekt“ jenen Geist, der das Überleben unter den Bedingungen der Zone überhaupt möglich macht: er ist zynisch, gewalttätig, vorsichtig bis zur Paranoia, abergläubisch wie eine alte russische Babuschka, hat unter der rauen Schale einen guten Kern und folgt pragmatisch – also immer, wenn es möglich ist - einem obskuren Stalker-Ehrenkodex.
Die überraschendste Charaktereigenschaft Hemuls ist sein tiefer Aberglaube bzw. Glaube an Mysterien und mysteriösen Wesenheiten der Zone, der allerdings für einen Menschen, welcher sich permanent im Grenzbereich von Wissens und Erfahrung bzw. in physischen wie psychischen Extremsituationen bewegt, psychologisch durchaus plausibel ist.
Jenseits des interessanten Hauptcharakters bietet Orechow dem Leser ein erfreulich umfangreiches Sammelsurium an Kreaturen, Phänomenen und Erscheinungen, die eines gemeinsam haben: sie sind allesamt (potenziell) tödlich, wobei diese Tödlichkeit durch mit großer Freude zelebrierte, plastische und drastische Gewaltschilderungen illustriert wird.
Bemerkenswert ist zudem, dass der Autor bei aller Gewalt von dem „Zehn gehen rein, einer kommt raus“-(aka „Zehn kleine Negerlein“-)Schema, welches so viele Romane des Genres prägt, abweicht, dass es ihm vorderst also nicht darum geht, Protagonisten auf möglichst grausame Art vom Leben zum Tode zu befördern, sondern das überraschend viele Mitglieder der Jäger-Gruppe mehr oder weniger unversehrt davon kommen.
Zu guter Letzt kann der Autor auf seiner Haben-Seite einen expliziten Hinweis auf Andrei Arsenjewitsch Tarkowskis cineastisches Meisterwerk „Stalker“ - nach der Geschichte „Picknick am Wegesrand“ der Gebrüder Strugazki - verbuchen, das dem gesamten Spiele-Setting zu Grunde liegt.
Stilistisch stellt „Zone der Verdammten“ einen radikalen Bruch mit Frenz' Romanen dar. Nicht nur, dass die gesamte Geschichte in der Ich-Form erzählt wird, auch die zum Teil extrem kurzen Sätze Orechows erweisen sich zunächst als gewöhnungsbedürftig. Hat man sich aber erst einmal damit arrangiert, so nimmt einen der stakkatoartige, lakonische – jedoch nur selten unbeholfen wirkende - Stil gefangen, da er das Geschehen rasant – fast schon hektisch - voranzutreiben scheint und dem Leser kaum Zeit zum Verschnaufen lässt.
Allein auf dieser stilistischen Ebene kommt „Zone der Verdammten“ der Atmosphäre eines Shooters so nahe wie kaum eine andere Game-Novelisation. In Verbindung mit den plastischen und drastischen Bildern ergibt das einen Roman, der nicht nur das Herz von „S.T.A.L.K.E.R.“-Spielern höher schlagen lässt.
Fazit: Ein knallharter, rasanter Actionreißer vor einem düsteren, morbiden „Alternate Reality“-Hintergrund. Trotz des gewöhnungbedürftigen Stils und der einfachen Konstruktion der mit Abstand beste „S.T.A.L.K.E.R.“-Roman ... bisher.
hinzugefügt: January 17th 2009 Tester: Frank Drehmel Punkte: zugehöriger Link: Panini Hits: 2638 Sprache:
[ Zurück zur Übersicht der Testberichte | Kommentar schreiben ] |
|