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Mark Brandis 1: Bordbuch Delta VII, Nikolai von Michalewsky (Buch)
Mark Brandis 1
Nikolai von Michalewsky
Bordbuch Delta VII
Titelbild von Frederick St. Arnaud
Wurdack, 2008, Paperback, 190 Seiten, 12,00 EUR, ISBN 978-3-938065-39-6
Von Christel Scheja
Erstaunlicherweise kann man die zweiterfolgreichste SF-Serie neben „Perry Rhodan“ nicht bei den Heftromanen finden - stattdessen bevölkerte sie über mehrere Jahrzehnte die Regale der Stadtbibliotheken und dürfte so manchem älteren Fan noch bekannt sein.
Bereits 1970 verfasste Nikolai von Michalewsky die Abenteuer von „Mark Brandis“, die am Ende 31 Bände umfassen sollte. In den Romanen, die meistens nicht mehr als 200 Seiten hatten, schilderte er nicht nur spannende Abenteuergeschichten, sondern behandelte auf verantwortungsvolle Weise auch sehr ernste politische Themen.
Vielleicht wirkt heute einiges vom Setting her etwas altmodisch, weil die Forschung die Fantasie längst überholt hat; die Reihe hat allerdings kulturell und gesellschaftlich kaum etwas von ihrer Aktualität und Brisanz verloren, wie man immer wieder am aktuellen politischen Tagesgeschehen merken kann.
Im 22. Jahrhundert dominieren zwei Machtblöcke die Erde. Die Kolonien auf Mars und Venus versuchen zwar den Machtblöcken ihrer Gründer zu folgen, agieren aufgrund der Entfernung zum Mutterplaneten aber eher unabhängig. Auch wenn die Machthaber nicht in allem der gleichen Meinung sind und das Vorgehen der anderen argwöhnisch beäugen, so achtet man doch bewusst darauf, den Frieden zu bewahren.
Dann jedoch ändert sich alles, denn der texanische General Gordon B. Smith stürzt Samuel Hirschmann, den amtierenden Präsidenten der Union, und baut dank des lange vorbereiteten Putsches sein Terrorregime quasi über Nacht auf, da Gefolgsleute des Generals bereits wichtige Stellen besetzen.
Davon merkt die Besatzung der Delta VII zunächst nichts, da sie über zwei Monate keinen Kontakt mit der Erde hatte. Das mit dem Prototyp eines neuartigen und wesentlich schnelleren Antriebs ausgestattete Raumschiff kehrt erst jetzt von seinem Testflug nach Hause zurück.
Obwohl Captain Mark Brandis, der Pilot, durch eine verstümmelte Botschaft seiner Lebensgefährtin Ruth O'Hara gewarnt wird, so trifft ihn die veränderte politische Lage doch genauso unvorbereitet wie Commander John Harris und den Rest der Crew. Zunächst bleibt ihnen nichts anderes, als den neuen Befehlen von der Erde zu gehorchen, auch wenn ihr Unternehmen eigentlich ziviler Natur war.
Dann aber erwacht in den Männern und vor allem in Mark der Widerwille. Können sie wirklich weiterhin einem Regime dienen, das gegen alle ethischen Grundsätze verstößt, die für sie selbstverständlich sind?
Obwohl fast vierzig Jahre seit dem ersten Erscheinen vergangen sind, geht die Erzählung von Nikolai von Michalewsky noch immer unter die Haut, denn auch wenn die Zeit des Kalten Krieges schon eine Generation hinter uns liegt, so gibt es auch heute noch totalitäre Systeme, und sie liegen manchmal näher, als man denkt.
Selbst in unserer scheinbar so demokratischen und freiheitlich ausgerichteten Kultur ist die Manipulation der Massen und Medien Gang und Gäbe. Die Einbeziehung von Wissenschaft oder Forschung in die politischen Ziele wird zwar gerne unter den Tisch gekehrt, kommt aber auch immer wieder zur Sprache. Und nicht zuletzt kann die totale Überwachung von Menschen von einem seichten Unterhaltungsformat sehr schnell in nüchterne Realität umschlagen.
Schon der erste Band der „Weltraumpartisanen“ geht weit über einen oberflächlichen Abenteuer-Roman heraus, was vor allem an der sehr menschlichen Schilderung der Charaktere liegt. Mark Brandis und Lt. Iwan Stroganow haben eine Familie zu verlieren und müssen deshalb abwägen, inwieweit sie ihrem Gewissen folgen können.
Der Autor lässt den Leser diese Konflikte förmlich spüren und regt immer wieder zum Nachdenken an. Wie würde man in einer ähnlichen Situation handeln? Hätte man die Bereitschaft, so viel Zivilcourage zu zeigen.
Michalewsky stellt selbst die komplexeren Zusammenhänge so überschaubar und lebendig dar, dass man beim Lesen niemals ins Stocken kommt. Er muss nicht erst weit ausholen, um ein spannendes Abenteuer mit einem gut vorstellbaren Hintergrund und glaubwürdigen Figuren zu erzählen, wie es heutige Autoren tun - man hat zu keiner Zeit das Gefühl etwas zu vermissen.
„Bordbuch Delta VII“ gehört zu den zeitlosen Klassikern der deutschen SF. Umso mehr sollte man sich daher über die ansprechend gestaltete Neuauflage freuen, die sich im Stil ein wenig an die Erstauflage hält, ohne dadurch unmodern zu wirken..
hinzugefügt: January 18th 2009 Tester: Christel Scheja Punkte: zugehöriger Link: Wurdack Hits: 3016 Sprache: galego
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