Blood Ties – Season 1.1 Box
USA 2006
Von Christel Scheja
Im Zuge der Vampir-Begeisterung entstand 2006 eine weitere Fernsehserie, die ab März 2007 in zwei Staffeln mit je elf Folgen ausgestrahlt wurde: „Blood Ties“ basiert der fünfteiligen Buchreihe von Tanya Huff, die etwa ein Jahrzehnt früher – als es noch keinen Blutsauger-Hype gab - auf den Markt kamen.
Leider erreichte die Serie nicht die Popularität, die gereicht hätte, um sie mit weiteren Staffeln fortzusetzen, so dass sie bereits nach der 22. Folge eingestellt wurde. Obwohl RTL 2 die Rechte für die Serie schon früh erwarb, wurde die Serie erst ab Herbst 2008 ausgestrahlt – leider zu einem ungünstigen Zeitpunkt, so dass sie wegen sinkender Zuschauerzahlen schließlich gänzlich im Nachtprogramm verschwand.
Während es im Ausland schon länger eine Komplettbox mit beiden Staffeln gibt, erscheint nun erstmalig auch in Deutschland die erste Staffel der Serie mit den Folgen 1 – 11; im April wird vermutlich die zweite mit den Folgen 12 - 21 herauskommen.
In „Blood Ties“ dreht sich alles um die Privatdetektivin Vicky Nelson (Christina Cox), die nach ihrer Entlassung aus dem Polizeidienst langweilige Fälle von Versicherungsdiebstahl und Ehebruch aufzuklären hat. Aber sie beklagt sich nicht, da ihr das genug Geld verschafft, um ihr Leben zu gestalten.
Als sie eines Abends auf den Straßen von Toronto unterwegs ist, beobachtet sie einen seltsamen Mord. Aus alter Gewohnheit versucht sie, den Mörder aufzuhalten – der aber flieht vor ihr durch eine Wand. Vicky ist irritiert, wird jedoch erst einmal von ihrem ehemaligen Partner Mike Celucci (Dylan Neal) abgelenkt, der ihr nicht so recht abnehmen will, was sie gesehen hat. Denn wie jeder andere bei der Polizei kennt er die Gründe für Vickis Entlassung. Immerhin leidet sie an Retinopathia pigmentosa, einer Krankheit, durch sie langsam aber sicher erblinden wird.
Weil sie von ihm auch noch erfährt, dass dies nicht der erste Tote dieser Art ist, sondern bereits andere Menschen auf ähnliche Weise umkamen, wird sie hellhörig, als am nächsten Tag eine Studentin namens Coreen Fennel (Gina Holden) zu ihr kommt und sie bittet, den Mord an ihrem Freund aufzuklären. Vicky beschließt, sich weiter mit all dem zu beschäftigen, auch wenn sie zu pragmatisch denkt, um wie ihre Klientin an übernatürliche Einmischung zu glauben.
Dabei merkt sie schon bald, dass sie nicht die Einzige ist, die nach dem Serienkiller sucht, der seine Opfer wie ein Vampir blutleer zurück lässt. Doch sie bekommt den Unbekannten nicht zu fassen. Das ändert sich erst, als er ihr das Leben rettet und sich zwischen sie und den wahren Mörder stellt.
Und mit ihm beginnt Vickys vorheriges Weltbild zu wanken. Sie muss akzeptieren, dass es Dinge gibt, die sich nicht mit Wissenschaft, Logik oder zumindest dem gesunden Menschenverstand erklären lassen, denn Henry Fitzroy (Kyle Schmidt) ist der lebende Beweis für das Übernatürliche: Als Vampir hat er die letzten fünfhundert Jahre überleben können. Geboren wurde er eigentlich im 16. Jahrhundert als illegitimer Sohn Heinrichs VIII. von England.
Da sie merkt, dass Henry, der sich in der heutigen Zeit als Comic-Zeichner durchschlägt, Interesse an ihrer Arbeit hat, entscheidet sie sich, mit ihm zusammen zu arbeiten. Schon bald entdecken sie den Zusammenhang zwischen den Morden und wissen, dass sie schnell handeln müssen.
Von nun an wird Vicky immer wieder mit Fällen konfrontiert, in denen das Übersinnliche eine Rolle spielt. So bekommt sie es schon bald mit rivalisierenden Voodoo-Priestern zu tun, müssen sich mit von Kindern heraufbeschworenen Rachegeistern, einem aus dem Grab wiedergekehrten Verbrecher, einem Incubus, einer Medusa und sogar einem Wendigo herum schlagen. Dabei erhält sie Unterstützung von Coreen Fennel, die von nun an stundenweise als Hilfskraft in der Detektei arbeitet und durch ihr Interesse am Okkulten genau weiß, wo sie suchen muss. Aber auch Henry steht ihr immer wieder bei und wird dadurch quasi zu ihrem Partner.
Mike Celucci beobachtet das alles mit großem Argwohn, denn es behagt ihm gar nicht, dass seine frühere Partnerin sich plötzlich wieder mit Dingen beschäftigt, die eigentlich nur die Polizei etwas angehen und dabei immer wieder in Lebensgefahr gerät. Er gibt ihrem neuen Begleiter Henry Fitzroy, dem er von Anfang an nicht über den Weg traut, die Schuld. Und als er schließlich herausfindet, was sein Rivale eigentlich ist, kommt es fast zu einer Katastrophe.
Vicky indessen ist hin und her gerissen zwischen ihrem Mike, den sie trotz der ganzen Streiterei doch irgendwie mag, und ihrem neuen Partner, der gleichermaßen faszinierend wie gefährlich ist.
Anders als „Moonlight“, wo die Romanze zwischen Mick und Beth einen größeren Raum einnahm und gleichberechtigt zu den Fällen stand, sind die Beziehungsprobleme der Helden in „Blood Ties“ eher nur eine zusätzliche Würze, die ein wenig mehr Spannung und Humor in die Folgen bringt. Im Vordergrund stehen eigentlich die Fälle, die sich mit vollen Händen aus dem reichhaltigen Schatz der Phantastik bedienen und hier als wirklich existent angesehen werden. Das macht die Serie auch für den Genre-Fan sehr interessant.
So vollführt der Gegenspieler in den ersten beiden Folgen ein satanisches Ritual, das das Böse in der Welt freisetzen soll. Dann kommt die indianische Mythologie zum Tragen, als sie einen Wendigo stellen müssen, und die keltische Tradition, als sie in einer Klinik für künstliche Befruchtung einen Schwarzelfen aufspüren. Und schließlich haben sie sich auch noch in der einzigen Folge, für die Tanya Huff selbst das Drehbuch beigesteuert hat, gegen eine Medusa durchzusetzen, die ihre Liebhaber nach und nach in Statuen verwandelt und damit ihre Wohnung schmückt. Leider ist kein Mann gegen ihren Charme gefeit, selbst Vampire und abgebrühte Polizisten nicht.
Die Geschichten sind zwar insgesamt sehr Action betont, lassen aber auch noch Raum für Interaktion zwischen den Charakteren. Besonders amüsant ist es in den ersten Folgen mit anzusehen, wie sich die Rivalität zwischen Mike und Henry steigert und die beiden sich immer wieder wie zwei Kater benehmen, die um eine rollige Katze herumstromern.
Vicky, die nicht versteht, was die beiden für Probleme miteinander haben, zeigt ihnen dann sehr deutlich, was sie von dem albernen Verhalten hält. Auch sonst ist sie ein eher wenig zartfühlender Charakter und offenbart nur selten ihren weichen Kern. Glücklicherweise wird diese bissige Rivalität zwischen den Männern nicht bis zum Erbrechen ausgereizt und entwickelt sich ebenso wie die Freundschaft zwischen der ehemaligen Polizistin und dem Vampir weiter.
So gibt es trotz der abgeschlossenen Fälle Entwicklungen, die sich neben der persönlichen Ebene auch am Verhalten der Charaktere und ihrem Umgang mit magischen Wesen und Dämonen abzeichnen. Sind Mike und Vicky zunächst noch zwei rational denkende Menschen, die das Übersinnliche für Humbug halten, akzeptieren sie schon bald, was sie erleben und machen sich das Wissen der anderen zu nutze. Gegen Ende der Staffel sind sie längst nicht mehr so geschockt, wenn sie es mit Magie zu tun bekommen.
Diejenigen, die die Bücher kennen, werden feststellen, dass sich nur die ersten beiden Folgen an die Romane anlehnen. Ansonsten wurden einige kleinere Details verändert und verschiedene Personen weggelassen. So ist Henry in der Vorlage eigentlich Autor von Liebesromanen und bisexuell, was man auch an seiner Beziehung zu dem Straßenjungen Tony merkt, der aus diesem Grund vermutlich weg gelassen wurde.
Vielleicht mögen die Tricks nicht immer ganz ausgereift sein und das eine oder andere Monster ein wenig seltsam aussehen – inhaltlich lässt die Serie keine Wünsche offen. Die Geschichten werden in einer guten Mischung aus Action, Beziehungsdrama und Humor präsentiert, die Schauspieler fügen sich gut in ihre Rollen ein, und die derzeit beliebte Liebesgeschichte wird nicht überstrapaziert. Wenn sich etwas zwischen Vicky und Henri entwickelt, dann nur langsam. Und der Charakter des Vampirs ist auch nicht gerade uninteressant, da der Königssohn durchaus noch Idealen aus der Vergangenheit folgt und eigentlich ein sehr gläubiger Christ ist.
Über die Ausstattung der Box kann nichts gesagt werden, da nur ein Pressemuster vorlag. Auf den DVDs selbst sind nur die Folgen und ein Trailer zu „Twilight“.
„Blood Ties“ ist eine der unterschätzten Serien. Sie bietet gerade für den Fan von Horror und Phantastik allgemein spannende und abwechslungsreiche Unterhaltung, da sich die Drehbuchautoren und Regisseure sehr viel Mühe gegeben haben, die Mystery-Elemente in ein modernes Krimi-Umfeld zu betten und Charaktere zu erschaffen, die man nicht unbedingt so schnell vergisst, weil sie nicht ganz den gängigen Klischees entsprachen. Wer nach einer ansprechenden Vampir-Serie sucht, die sich nicht nur um Liebe und Beziehungen dreht, sollte auf jeden Fall zugreifen.
DVD-Facts:
Bild: 1,78:1 (anamorph / 16:9)
Ton: deutsch Dolby Digital 2.0 Stereo, englisch Dolby Digital 2.0 Stereo
Untertitel: Fehlanzeige