Falko Löffler
Die Jagd
Drachenwächter 2
Titelillustration von Kay Elzner
Spreeside, 2009, Hardcover, 318 Seiten, 14,99 EUR, ISBN 978-3-939994-38-1
Von Carsten Kuhr
Einige Jahre ist es nun her, dass Seld Esan aus seinem Heimatdorf auszog, um die Welt zu retten. Freiwillig hätte er dies nie getan, das Schicksal hat ihn für die hehre Aufgabe ausgewählt. Doch was hat es ihm gebracht, im Krieg gegen die Dämonen auf Seiten der Drachen einzugreifen?
Seine Freunde sind zumeist einen grausamen Tod gestorben, er selbst blieb entwurzelt, ohne Heimat zurück. Selbst die Drachen wenden sich von ihm ab, hat er doch deren Prophezeiung durch seine Weigerung, mit einem der Drachen zu verschmelzen, verhindert.
Weit ab von der Welt, an einem einsamen Strand, hat er sich zurückgezogen, lebt von dem, was ihm die Natur bietet.
Doch das Schicksal lässt ihn nicht zur Ruhe kommen. Lediglich eine Atempause ist ihm vergönnt, bis Mesala ihn ins zerstörte Derod zurückholt.
Drei Aspiranten auf den verwaisten Thron Derods gibt es. Sie alle haben in erster Linie sich und ihr Wohlergehen im Auge, und jeder der drei sucht die Unterstützung des Drachenwächters. Doch Seld weigert sich, zugunsten eines der Möchtegern-Könige, Partei zu ergreifen. Wie immer geht es ihm um die Menschen, denen er ein Heim, ein wenig Glück und Sicherheit gönnen will.
So machen sich zwei Expeditionen auf, eine Heldentat zu vollbringen, und sich so der Krone als würdig zu erweisen. Es gilt, den letzten der Dämonen zu vernichten. Begleitet von Seld überwinden die einander anfeindenden Expeditionen die Koan-Berge und betreten das Ödland der Dämonen. Zwar finden sie tatsächlich den letzten der Dämonen, nehmen ihn gefangen und bringen ihn zurück in die Hafenstadt, doch dann wird Seld klar, dass der Welt großes Unheil droht, wenn man den Dämon tötet - denn das Gleichgewicht muss erhalten bleiben ...
Seld, ein ungewöhnlicher Held, ein Charakterkopf voller Ecken und Kanten ist zurück. Wie nicht anders zu erwarten, nimmt er auch im Mittelteil der „Drachenwächte“r-Triliogie wiederum eine ambivalente Rolle ein.
Er, der Zweifler, der Grübler und Menschenfreund sieht sich als unwilliger Spielball der Mächtigen. Eigentlich will er nur seine Ruhe haben, sich zurücklehnen und auf den Tod warten. Doch erneut muss er aufbrechen, um Zeuge zu werden, wie seine Mitmenschen in ihrer grenzenlosen Dummheit und Ignoranz einmal mehr dafür sorgen, dass die geschundene Bevölkerung von Derod nicht zur Ruhe kommt.
Wieder sieht er sich fassungslos mit menschlicher Borniertheit und Habgier konfrontiert.
Mehr noch als im Auftaktband der Trilogie hat Falko Löffler die Darstellung der Unzulänglichkeiten der menschlichen Psyche in den Mittelpunkt seiner abwechslungsreichen Handlung gerückt. Es scheint einfach nicht im Naturell des Menschen zu liegen, das Beste für die Allgemeinheit über persönliches Glück und Machtstreben zu stellen. Da kann sich unser Protagonist noch so sehr gegen Ignoranz und Dummheit stemmen, mahnen und mit gutem Beispiel vorangehen, er verzweifelt beinahe an seinen Mitmenschen.
Vehement stemmt er sich gegen die Forderung, selbst die Herrschaftsbürde auf seine Schultern zu nehmen, doch was gilt schon der einsame Rufer in dunkler Nacht. Seine Verzweiflung, seine Ohnmacht ob der Eigendynamik, die die Geschehnisse entwickeln sind glaubhaft nachvollziehbar dargestellt. Man kann gut verstehen, warum er sich zunächst von seinen Mitmenschen zurückgezogen hat, zum Einsiedler wurde, sich vor der Verantwortung, die ihm aufgedrängt wird, scheut. Er sieht sich nicht als Heilsbringer, er hat, bescheiden wie er ist, lediglich das getan, was er als Rechtens angesehen hat. Dass er von den Geschehnissen förmlich überrollt wird, dass er bei all seiner integren Persönlichkeit als Galionsfigur missbraucht werden soll und damit nicht einverstanden ist, bleibt nachvollziehbar. Wir erleben mit, wie er zunächst fast schon resigniert, dann aufbegehrt und aktiv wird, dabei aber immer wieder gegen Wände rennt.
So ist dieser Roman auch ein Fanal an das Gewissen des Lesers, gegen Unrecht aufzustehen, Verantwortung zu übernehmen. Verpackt in eine abwechslungsreiche Handlung wird man gut unterhalten, wobei sich die nachdenklichen Töne unauffällig in die Handlung einfügen.