Buffy präsentiert: Fray – Future Slayer 1
Text: Joss Whedon
Zeichnungen: Karl Moline
Tusche: Andy Owens
Farben: Michelle Madsen & Dave Stewart
Übersetzung: Claudia Kern
Lettering: LetterFactory
Panini, 2009, Paperback, 192 Seiten, 19,95 EUR
Von Frank Drehmel
Seit zweihundert Jahren wurde kein Mädchen mehr zur Jägerin berufen. Der Rat der Wächter existiert zwar noch, setzt sich allerdings nur noch aus Fanatikern und Wahnsinnigen zusammen. Melaka Frays aktueller Wächter gehört eher in die Kategorie „wahnsinniger Fanatiker“, was das Mädchen aber noch nicht weiß, sondern sich nur wundert, dass sich der fremde Mann mit dunklem Anzug vor ihren Augen selbst verbrennt.
Noch merkwürdiger ist allerdings der große, rothäutige Typ mit Widderhörnern und Satyrbeinen, der Mel in ihrer im Slum der Stadt gelegenen Wohnung auflauert, um sich als Urkonn von den D'vvarus vorzustellen und ihr zu eröffnen, dass es von Geburt an ihre Bestimmung sei, den Vampiren – Mel kennt sie als Lurks – den Arsch bis zu den Fangzähnen aufzureißen.
Eigentlich hat Melaka für diesen ganzen Kram keine Zeit, denn sie muss Geld verdienen, indem sie für Gunther, einen Wasser atmenden Mutanten, illegale Aufträge erledigt, Talismane und ähnliches Zeug stiehlt, ohne sich dabei von ihrer Schwester Erin, die als Cop arbeitet, erwischen zu lassen.
Das wirklich schwarze Schaf der Familie ist dennoch nicht Mel, sondern ihr Zwillingsbruder Harth, der von Icarus in einen Vampir verwandelt wurde und mittlerweile seinen Meister zu einem Diener degradiert hat. Zu Harths Aufstieg in der Vampir-Community hat zweifelsohne die Tatsache beigetragen, dass er sämtliche mythisch-mystischen Erinnerungen der Jägerblutlinie besitzt, während Melaka bei ihrer Geburt die physischen Kräfte abbekommen hat.
Eben jener Harth versucht nun, mit Hilfe der Talismane, welche Gunther für ihn durch Mel stehlen lässt, das Tor zu einer Höllendimension zu öffnen, um sich mit Hilfe der dämonischen Heerscharen zum Herrscher der Welt zu machen.
Da Frays Debüt im vierten „Buffy“-Tradepaperback zwar nicht vollkommen in die Hose ging, aber doch genug Anlass zum Zweifel an einer eigenen Serie bot, hielten sich meine positiven Erwartungen an „Fray – Future Slayer“ in relativ engen Grenzen.
Auch wenn Whedon mit dem Spin Off kein Meisterwerk abgeliefert hat, so ist der Comic deutlich besser als befürchtet.
Das Grundproblem besteht darin, dass viele Story-Elemente – z.B. der Versuch, irgendein Dimensionstor zu öffnen - schon in sieben „Buffy“- und fünf „Angel“-Staffeln bis zum Abwinken durchgenudelt wurden und es dem gesamten Setting dadurch an Frische fehlt, welche sich durch das bloße Ansiedeln in einem anderen Zeitrahmen nicht automatisch wieder einstellt.
Das, was diese Geschichte schlussendlich vor einem Absturz bewahrt, sind zwei – und nur zwei - wirklich neue zentrale Gedanken. Der erste ist die konsequente Trennung der Jägerinnen-Fähigkeiten in eine physische und eine psychische Komponente sowie - damit verbunden - die Einführung eines männlichen Wesens als Träger der psychischen Macht. Der zweite ist die Berufung eines Dämons zum Ausbilder der Jägerin bei gleichzeitiger Demontage des Rates der Wächter. Zusammen bieten beide Ideen genug Potenzial, um 196 Seiten lang die Story zu tragen, auch wenn die Rolle Urkonns relativ schnell offenbar wird.
Was der Geschichte abgeht, ist der Wortwitz der „Buffy“-Vorlage, wobei dieser Witz angesichts des eher dystopischen Settings auch unangebracht wäre und Fray zudem dadurch zu einem Buffy-Klon mit schwarzen Haaren degradiert werden würde.
Ähnlich überraschend erfreulich ist Molines Artwork: losgelöst von den Vorlagen der TV-Show und damit von der Last entbunden, Ähnlichkeiten mit realen Personen herzustellen, gelingt es dem Künstler, eine völlig neue, eigenständige Welt mit Leben zu erfüllen, auch wenn er nach wie vor durch und durch konventionell arbeitet.
Fazit: Wegen vieler altbekannter whedon'scher Story-Elemente zwar nicht sonderlich originell, aber dennoch ein insgesamt unterhaltsamer, gut gezeichneter Buffy-Universe-Spin-Off.