Bill Willingham & Matthew Sturges
Jack of Fables 1
Flucht nach vorn
(Jack of Fables: # 1-5, 2007)
Aus dem Amerikanischen von Gerlinde Althoff
Titelillustration von James Jean
Zeichnungen von Tony Akins, Andrew Pepoy
Farbe von Daniel Vozzo
Panini, 2009, Paperback mit Klappenbroschur, 124 Seiten, 14,95 EUR, ISBN 978-3-86607-774-4
Von Christel Scheja
Mit den „Fables“ erschuf Bill Willingham eine Serie zwischen Fantasy und Realität, in der die Figuren aus Märchen, Fabeln und Sagen vor einem übermächtigen Feind in eine Enklave am Rande von New York flüchten mussten und nebenbei noch eine abgeschiedene Farm in der nahegelegenen und eher ländlichen Region betreiben. Dorthin sind die Wesen verbannt, die nicht ganz menschlich aussehen.
Die oberste Maxime der Fables ist es, von den Menschen unbemerkt zu bleiben, damit sie nicht deren Furcht erwecken und auch noch den großen Feind auf sich aufmerksam machen. Daher sind engere Kontakte mit den Sterblichen verboten und es geht schon gar nicht, dass sich ein Fable in der Öffentlichkeit aufspielt.
Allerdings halten sich nicht alle an dieses eherne Gesetz. Zu ihnen gehört Jack Horner, der schon immer ein Herumtreiber und Gauner war und so manche Heldentat eigentlich nur aus eigenem Interesse beging. Er hat sich über alle bestehende Regeln hinweg gesetzt und mit Filmen über die Geschichte seines Lebens Milliarden verdient.
Dem schieben die Fables unter dem neuen Bürgermeister Prince Charming nun einen Riegel vor. Sie zwingen Jack mit nichts als einem Koffer voller Bargeld Hollywood zu verlassen. Sollte er es jemals noch einmal wagen, dort oder in Fabletown aufzutauchen und sonst irgendwie Aufsehen erregen, werden sie für seine Auslöschung sorgen.
Jack ist zwar wütend, fügt sich aber den Anweisungen vom neuen Sheriff Beast, der ihm diese Botschaft bringt. Er weiß, dass es keinen Sinn hat, sich zu wehren, da es genug Fables gibt, die die Strafe an ihm vollziehen können.
So beginnt er durch die USA zu trampen, um sich irgendwo eine neue Existenz aufzubauen und das Leben mit dem, was ihm geblieben ist, zu genießen. Doch er gerät von Regen in die Traufe. Schon bald lockt ihn eine hübsche Frau in die Falle. Als er wieder zu sich kommt, findet er sich in einem abgesperrten Areal wieder, dass den Menschen nur als „Golden Bough Ruhestandresidenz“ bekannt ist. Allerdings dienen die Zäune und Wächter nicht zum Schutz der Insassen, sondern um diese für immer dort festzuhalten.
Jack stellt mit Erstaunen fest, dass er sich inmitten von Fables wiede findet, die man tot oder verschollen geglaubt hat. Unter ihnen ist auch die Verräterin Goldilocks, die Snow White auf der Farm der Tiere so zugesetzt hatte. Sie und die anderen scheinen sich in ihr Schicksal ergeben zu haben, da ihre Gefangenenwärter übermächtig zu sein scheinen. Der schlitzohrige Gauner ist nicht gewillt, so einfach aufzugeben und schaut sich erst einmal alles genau an. Sein Entschluss ist klar. Er will fliehen – und dass so schnell wie möglich.
Wie in der Mutterserie werden auch hier Abenteuer und Action mit ein wenig Fantasy vermischt – allerdings konzentriert sich diese Serie auf eine zentrale Figur und nicht auf mehrere, die auf verschiedenen Ebenen agieren.
Jack hat zudem weniger etwas mit dem Feind aller Fables zu tun, sondern viel mehr mit einer geheimnisvollen Organisation, deren Anführer zwar behauptet, nichts mit der Macht zu tun zu haben, die die Fables aus ihren Reichen vertrieben hat, aber nicht minder schlimm mit den Gefangenen umgeht.
Vielleicht können sie hintern den Gittern und dem Stacheldraht ein friedliches Leben führen, sind aber andererseits auch dessen beraubt, was sie eigentlich ausgemacht hat. Da man nun einiges über Mr. Revise und seine Untergebenen erfährt, bleibt man neugierig, ob sich noch mehr Geheimnisse in den kommenden Bänden enthüllten werden, obwohl die Geschichte erst einmal abgeschlossen zu sein scheint.
Neben bereits in „Fables“ aufgetauchten Figuren wie Goldilocks und Jack bringt Bill Willingham auch andere Märchengestalten ein, die bisher noch nicht auftraten – sei es nun Alice aus dem Wunderland und Humpty Dumpty von Lewis Carrol oder den Zinnmann und den Löwen aus dem Zauberer von Oz. Einige davon gehören im angloamerikanischen Raum zum Allgemeingut, während sie hier eher unbekannt sind, so dass man manchmal mit deren Verhalten nicht viel anfangen kann.
Aber das trübt den allgemein guten Eindruck nicht, denn „Flucht nach vorn“, der erste Band von „Jack of Fables“ verspricht viel Abenteuer und Action für die kommenden Bände.
Die Zeichnungen und die Kolorierung wissen jedenfalls zu gefallen, da sie der Qualität der Mutterserie entsprechen und teilweise sogar ausgereifter als die der aktuellen Bände sind.
Wer bereits die Mutterserie „Fables“ mochte, wird sicher auch zu dieser Reihe greifen. Neueinsteiger werden es allerdings etwas schwerer haben, da es immer wieder Rückbezüge gibt, die nicht erklärt werden, so dass die Lektüre – auch wenn sie spannend und unterhaltsam ist – einige Fragen zu viel offen lässt.