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Whitley, David: Die Stadt der verkauften Träume (Buch)

David Whitley
Die Stadt der verkauften Träume
(The Midnight Charter, 2009)
Aus dem Englischen von Gerald Jung
Goldmann, 2009, Taschenbuch, 382 Seiten, 7,95 EUR, ISBN 9783442466917

Von Irene Salzmann

Als Mark an der grauen Seuche erkrankt, verkauft ihn sein Vater an einen Arzt, der den Jungen tatsächlich zu heilen vermag und ihn als seinen Gehilfen behält. Mark freundet sich mit der Waisen Lilly an, die als Hausmädchen von Doktor Theophilus’ Großvater, Graf Stelli, ein Astrologe, arbeitet. Als dieser davon erfährt, dass sein Enkel den Haushalt um ein neues Mitglied vergrößert hat, kommt es zum Streit.
Theophilus und Lilly verlassen den Turm, um anderswo eine Praxis zu eröffnen, und Graf Stelli nimmt Mark als Schüler an. Zuerst ist Mark begeistert über seinen unverhofften Aufstieg, doch dann findet er heraus, dass er nur das Bauernopfer im Spiel des Grafen uns seiner Mitverschworenen ist. Snutworth, der Diener eines dieser Männer, hat einen Plan, der Marks Rettung bedeutet.
Nachdem der Graf und die anderen tief gefallen sind, macht Mark Snutworth zu seinem Vertrauten und genießt sein neues Leben in den Kreisen der angesehenen Gesellschaft von Agora. Die skrupellosen Geschäfte, die Snutworth in Marks Namen tätigt, bringen ihm Reichtum, entzweien ihn aber mit Lilly, die vergeblich an sein Mitleid appelliert, denn für sein Wohlergehen bezahlen die Armen.
Doch auch Mark strauchelt schließlich, da Snutworth noch einem anderen Herrn verpflichtet ist. Mark verliert alles und landet im Gefängnis. Unterdessen kommt Lilly einer großen Verschwörung, in der sie beide eine tragende Rolle spielen, auf die Spur und wendet sich an den mächtigen Direktor, um Antworten zu erhalten. Dieser stellt sie vor die Wahl: Entweder vergisst Lilly alles, was sie erfahren hat und führt gemeinsam mit ihren Freunden ein ruhiges Leben – oder sie versucht, die restlichen Geheimnisse zu enträtseln und muss mit Mark Agora verlassen…


„Die Stadt der verkauften Träume“ ist ein Fantasy-Roman im Stil von Philip Pullmans „Der Goldene Kompass“, Roderick Gordons & Brian Williams „Tunnel“ oder Charlie Fletchers „Stoneheart“. Adressiert ist er an ein Publikum ab 12 Jahren, obwohl der Titel nicht als Jugendbuch gekennzeichnet ist, und auch reifere Leser können sich durchaus für den spannenden Schmöker begeistern.
Vor der unmenschlichen Kulisse einer von der Umwelt isolierten Stadt, in der Arm und Reich nach strengen Regeln leben, man Gefühle verkaufen kann und zu ‚Ausschuss’ wird, wenn man zu nichts mehr nutze ist und auch nichts mehr zum Tauschen hat, agieren Mark, Lilly und ihre Freunde, die nach und nach lernen, dass Geld und Ansehen nicht von Dauer sind oder gar moralische und ethische Werte ersetzen können. Die einen lernen es schneller, die anderen begreifen erst nach einem tragischen Erlebnis.
Mark und Lilly begegnen sich erstmals, als sie beide 12 Jahre alt sind. Obgleich sich ihre Wege kurz darauf wieder trennen, scheint ein unsichtbares Band sie immer wieder zusammenzuführen. Allerdings sieht es ganz so aus, als stünden sie in verschiedenen Lagern. Während Mark Gefallen an Macht und Reichtum findet und sich nicht um das Elend kümmert, dem er selbst entstammt, versucht Lilly, den armen Menschen zu helfen, und sie erhält sogar Unterstützung, was so mancher einflussreichen Person, die um den Status Quo fürchtet, ein Dorn im Auge ist.
Als ein Mord geschieht – das Opfer ist ausgerechnet eine Freundin von Lilly und Mark -, lassen die Behörden das Almosenhaus schließen, und Mark ahnt nicht, dass es sein eigener Vater ist, den er selbstsüchtig opfern will, um sich von jeglichem Verdacht rein zu waschen. Doch Lilly und ihre Freunde geben nicht so leicht auf und suchen den wahren Mörder. Sie kommen einem Geheimnis auf die Spur, das jeden von ihnen in Lebensgefahr bringt.
Nun zeigt sich, wer Freund und wer Feind ist – vielleicht. Aus den neuen Erkenntnissen zieht Lilly die Konsequenzen, wodurch die Weichen für die Fortsetzung gestellt werden. Tatsächlich bleiben viele Fragen ohne Antwort, beispielsweise wer Lillys Eltern waren und was aus ihnen geworden ist, was sich außerhalb der Mauern Agoras befindet und ob Lilly und Mark die Aufgabe, die ihnen zugefallen ist, bewältigen können.
Der Autor schildert ein interessantes Gesellschaftssystem, das vage an Aldous Huxleys „Schöne neue Welt“, George Orwells „1984“ oder Ray Bradburys „Fahrenheit 451“ und den Film „Flucht ins 23. Jahrhundert“, nach der Romanvorlage von William F. Nolan und George Clayton Johnson, erinnert. Leider helfen der glückliche Zufall oder die Drahtzieher im Hintergrund manchmal schon zu oft, um die Handlung in die gewünschte Richtung zu lenken. Trotzdem versteht es David Whitley, die Neugierde zu wecken und bis zum Schluss wach zu halten, dann lässt er den Leser jedoch mit einem gemeinen Cliffhanger allein.

Das macht „Die Stadt der verkauften Träume“ zu einem Appetizer, nach dessen Lektüre man gern wüsste, wie es weiter geht, denn die jungen, sympathischen Protagonisten halten gewiss noch einige Überraschungen parat.

hinzugefügt: April 14th 2009
Tester: Irene Salzmann
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