Robert Harris, John Goodenough & Rick Priestley
Talisman – Die magische Suche (4. Edition)
Aus dem Englischen von Christian Stenner
Titelbild und Illustrationen von Ralph Horsley, Massimiliano Bertolini und Jeremy McHugh
Heidelberger Spieleverlag & Pegasus Spiele, 2008, Brettspiel in Pappbox für zwei bis sechs Spieler ab 9 Jahren, Spieldauer: ca. 90 - 180 Minuten EAN 4 015566 010611, ca. 30.00 EUR
Von Christel Scheja
Die erste Auflage von „Talisman“ erschien im Jahr 1983, als die erste große Fantasy-Welle gerade auf ihrem Höhepunkt war und sich auch das Pen-und-Paper-Rollenspiel langsam aus seiner Nischenposition löste. Wie „Heroquest“ stellte auch „Talisman“ einen Kompromiss zwischen dem klassischen Brettspiel und dieser neuen Bewegung dar.
Erstmals konnte man in stark vereinfachter Form richtige kleine Abenteuer erleben und dabei auch gleich in die Rolle einer klassischen Fantasy-Figur wie Elf, Zwerg und Ork schlüpfen. Jeder besaß besondere Eigenschaften, die manchmal zu einem Vorteil wurden.
Inzwischen sind 25 Jahre vergangen, und das Spiel hat mittlerweile drei weitere Editionen erlebt, von denen es zwei in den „Warhammer“-Kosmos einbanden. Erst die aktuelle vierte Edition ist wieder von bekannten Spielwelten unabhängig und ohne Vorkenntnisse des Hintergrundes zu spielen und genießen.
Spielziel:
Vor vielen Jahrhunderten lebte ein mächtiger Hexenmeister, der das ganze Land mittels einer magischen Krone kontrollierte. Diese verbarg er aber kurz vor seinem Tod. Noch auf seinem Sterbelager verkündete er, dass nur der sein Erbe werden könne, dem es gelänge, die ‚Krone der Herrschaft’ zu gewinnen, die er an einem besonders geschützten Ort versteckt habe. Vier Talismane würden den Weg dorthin weisen.
Über Jahrhunderte machten sich tapfere Helden auf, um die Macht an sich zu reißen, doch es ist bisher keinem gelungen. Nun brechen wieder mutige Helden auf. Um am Ende das Erbe des Hexenmeisters anzutreten, müssen sie eine gefahrvolle Reise auf sich nehmen und drei Ebenen überwinden.
Auf dem Weg zur ‚Höhle des Hexenmeisters’ müssen sie sich Kämpfen mit dunklen Mächten und Zaubersprüchen, aber auch einfachen Kreaturen wie Bären und Wölfen und nicht zuletzt ihren Rivalen stellen.
Zaubersprüche, Begleiter und Gegenstände, die sie auf ihrer Quest sammeln, können ihnen Vorteile verschaffen, aber auch Talente und Stärke erhöhen. Wichtig ist es, mindestens einen der vier Talismane des Hexenmeisters zu finden, denn nur durch einen von diesen ist es möglich, die Höhle überhaupt zu betreten und damit die Krone für sich zu erringen. Vorher macht es auch keinen Sinn, in die innere Ebene vorzudringen.
Aufmachung:
In einer ansprechend gestalteten Pappbox finden sich das großformatige, aufklappbare Spielbrett, 104 Abenteuerkarten, 24 Zauberspruchkarten, jeweils 40 Lebens-, Talent- und Stärkepunktmarker (je 8 große und 32 kleine Kegel aus Plastik in den Farben Grün, Blau und Rot), 36 Schicksalsmarker, 8 Kaufkarten, 4 Talismankarten, 14 Charakterkarten und –figuren (aus Plastik), 4 Krötenkarten und –figuren (aus Plastik), 4 Gesinnungskarten, 30 Plastikgoldmünzen, 6 Würfel und die Spielregel.
Das Material ist sehr stabil und gut zu handhaben, die Box reichlich gefüllt. Während des Spiels kann man die Box durch die unterschiedlichen und reichlich vorhandenen Fächer gut zur Ablage nicht mehr benötigter Karten verwenden.
Spielregeln:
Die Spielregeln sind in dem vierundzwanzigseitigen Regelnheft ausführlich und übersichtlich, vor allem aber auch mit Abbildungen erklärt. Zwar muss man mehr blättern als früher, findet den Abschnitt den man sucht dank der Bilder und größerer Überschriften aber auch sehr schnell. Der Verlauf ist gut und stimmig erklärt, allein die Informationen zu einer weitergehenden und vermutlich optionalen Verwendung der Schicksalsmarker fehlen.
Besonders gelungen ist der Ablaufplan, der in einer leicht zu erfassenden Übersicht zeigt, wie das Spiel in der Regel abläuft, und welche Möglichkeiten man hat. So ist gerade der Einstieg leicht, und man muss nicht immer im Heft suchen, bis man den Ablauf der einzelnen Spielrunden im Kopf hat. Der Plan kann auch mehrfach kopiert und den Spielern in die Hand gegeben werden, um Fragen zu vermeiden, die den Spielfluss aufhalten.
Spielverlauf
„Talisman“ ist auch noch in seiner vierten Edition ein Spiel, in dem man nicht mit sondern gegeneinander spielt. Hier ist jeder sich selbst der Nächste, und so kann es durchaus auch immer wieder zu Kämpfen kommen, wenn man auf dem gleichen Feld landet wie ein anderer Spieler und es darauf anlegt.
Dann kann man, muss diesem aber nicht begegnen. Wählt man letzte Option, kommt es zu einem Kampf, bei dem man entweder seine Stärke, seine Fähigkeiten oder auch seine psychischen Gaben (sofern man diese hat) einsetzen kann. Die Spieler würfeln mit bestimmten Modifikationen – der Verlierer muss einen Lebenspunkt abgeben, der Sieger kann sich einen seiner Gegenstände, Begleiter oder Gold nehmen. Stirbt eine Figur, weil sie ihren letzten Lebenspunkt verliert, kann der Gewinner sich schadlos halten, der Rest der Besitztümer bleibt auf dem Feld für den nächsten Spieler zurück.
Spieler mit verstorbenen Figuren können allerdings schon in der nächsten Runde mit einem neuen Charakter wieder einsteigen, wenn sie möchten, es sei denn, man spielt nach dem K. O.-Prinzip.
Eine Spielrunde läuft immer nach dem gleichen Schema ab. Jeder Spieler bewegt sich zunächst um die Zahl der Würfelaugen in eine beliebige Richtung und führt nach dieser seine Aktionen durch.
Auf dem Zielfeld kann er sich – wenn er nicht alleine ist - dazu entscheiden, dem anderen Spieler zu begegnen. Will er lieber das Feld erforschen, hat er die dort genannten Anweisungen auszuführen. Das bedeutet meistens, ein bis drei Abenteuerkarten zu ziehen, die er entsprechend auszuführen hat. Das führt meistens zu einem Kampf mit einer Kreatur oder einem übersinnlichen Wesen wie einem Geist, durch den er Trophäen sammeln kann, die er später in Talent- oder Stärkepunkte eintauscht.
Manchmal findet er aber Gold oder einen Begleiter. Diese bleiben zurück, wenn er sie nicht annehmen will oder bereits zu viel in seinem Besitz hat. Im Dorf oder der Stadt kann er sich nützliche Gegenstände kaufen, um auf die mittlere Ebene zu gelangen, oder beim Heiler Lebenspunkte zurückerhalten. Auch Zaubersprüche können die meisten Figuren begrenzt anwenden.
Schicksalsmarker können im Zweifelsfall eingesetzt werden, um einen all zu schlechten Würfelwurf noch einmal wiederholen und damit vielleicht schlimme Folgen abwenden zu können. Diese muss man nach Verwendung wieder abgeben und kann durch entsprechende Aufgaben neue erringen.
Erreicht einer der Spieler die Höhle des Hexenmeisters, ist das Spiel beendet. Hat man nur begrenzte Zeit, kann man auch vorher – zu einem bestimmten Zeitpunkt - abbrechen, denn je nach Würfel- und Kartenglück oder Anzahl der Spieler vermag man bis zu drei Stunden und mehr zu spielen. Dabei sind Variationen möglich, die den Verlauf beschleunigen, aber u. U. auch recht blutig werden könnten und nicht jedermanns Sache sein dürften.
Spielspaß:
„Talisman“ ist ein Abenteuer im Kleinen, denn es enthält alles, was man auch in Abenteuerspielen am Tisch oder auf dem Computer wieder finden kann: Begegnungen der netten und unangenehmen Art, geheime Schätze, wichtige Aufgaben und nicht zuletzt ein Ziel, auf das die Teilnehmer hinarbeiten müssen.
Aber auch hier gilt, dass gewisse Spielregeln eingehalten werden sollten, wenn man die Natur seiner Mitspieler kennt und weiß, was ihnen wichtig ist. Talisman kann aggressiv auf den Sieg hin gespielt werden, aber auch um des reinen Abenteuers und des Spaßes willen.
Es begünstigt durchaus entschlossene Spieler, die gut taktieren und kalkulieren können, bleibt durch das Würfelglück und die Karten aber immer noch relativ unvorhersehbar und abwechslungsreich. Auch wenn es nicht vorgesehen ist, kann man zumindest begrenzt zusammenarbeiten, wenn z. B. einer der Spieler zu aggressiv und skrupellos wird. Vorgesehen ist es jedoch, sich alleine durchzuschlagen.
Das Spiel eignet sich nicht nur für Fantasy-Fans und Rollenspieler, da es allgemein gehalten ist und sehr bewusst mit dem einen oder anderen märchenhaften Element arbeitet. Es kann auch in der Familie gespielt werden, wobei man Rücksicht auf die jüngeren Mitspieler nehmen sollte. Diese sollten aber nicht viel jünger als 9 Jahre sein.
Fazit:
Auch wenn es „Talisman“ bereits fünfundzwanzig Jahre gibt, so ist das Spiel doch noch nicht veraltet. Mit den neuen Design und den überarbeiten Spielregeln ist es dem modernen Geschmack angepasst und etwas flotter als früher geworden. Vor allem die Gestaltung hat durch das vergrößerte Spielbrett und die vollfarbigen, nicht mehr länger wie Märchenillustrationen aussehenden Bilder gewonnen.
Wer ein unterhaltsames Abenteuer-Brettspiel mit einfachen und übersichtlichen Regeln und für die ganze Familie sucht, der kann mit „Talisman“ jedenfalls keinen Fehler machen. Denn es bietet kurzweilige und unterhaltsame Spielrunden, die nicht so schnell langweilig werden, da der Zufall sehr oft für Überraschungen sorgt und man auch Figuren mit Eigenschaften wählen kann, die dem eigenen Naturell entsprechen.