Ange, Christian Paty & Stéphane Paitreau
Die Legende der Drachenritter 5
Die Schlossgärten
(La geste des chevaliers dragons: Les jardins du palais, 2006)
Aus dem Französischen von Tanja Krämling
Titelgestaltung von Dirk Schulz
Nach den Ideen von Ange und Alberto Varanda
Splitter-Verlag, 2008, Hardcover, 48 Seiten, 12,80 EUR, ISBN 978-3-93923-37-7
Von Irene Salzmann
Alanessi von Alexira besteht darauf, anlässlich seiner Krönungsfeierlichkeiten das Medaillon Ra-Vedra, das seit dem Tod des früheren Dogen von Faiza verschollen ist, zu tragen. Er sendet die hochmütige Drachenritterin Snejana aus, um das wertvolle Schmuckstück zu bergen. Snejana wird von einem jungen Mädchens namens Jo begleitet, das gegen seinen Willen zur Ritterin ausgebildet werden soll – die Familie ahnt nicht, dass Jo längst keine Jungfrau mehr ist -, und von der erfahrenen Ritterin Ralena, die als Einzige den Kampf gegen den Drachen, der Faiza heimgesucht hatte, überlebte.
Die drei ungleichen jungen Frauen dringen in den Thronsaal ein, doch keine findet das, was sie erwartet hat. Jede von ihnen muss sich ihren Gespenstern stellen und sie überwinden, um das gefährliche Abenteuer zu bestehen, denn das Übel, das von allem Drachen ausgeht, ist nicht gebannt worden…
Jeder Band von „Die Legende der Drachenritter“ ist von einem anderen Zeichner illustriert worden. Tatsächlich machte man hier aus der Not eine Tugend: Alberto Varanda sah sich außerstande, regelmäßig eine neue Geschichte liefern zu können, so dass verschiedene Künstler die Möglichkeit erhielten, der spannenden Fantasy-Serie ebenfalls ihren Stempel aufzudrücken. In Folge gibt es nicht nur mannigfaltige Stil-Varianten, auch die einzelnen Alben sind in sich abgeschlossen und erlauben es Ange, allerlei Ideen zu realisieren.
Waren sonst die Drachenritter tapfere, jungfräuliche Kämpferinnen, die die Ideale des Ordens hoch hielten und bereit waren, ihr Leben zu geben, um die Bevölkerung zu schützen, ohne dafür auch nur Dank zu erwarten, so wird in dieser Story einmal ein anderes Bild von ihnen gezeichnet, das durchaus überrascht:
Die kampferprobte Ritterin Ralena leidet darunter, dass niemand ihren Sieg über den Drachen von Fazia bezeugen konnte und man sie als Oberin einer Schule ohne Schüler in der langsam verfallenden Stadt zurück ließ. Schon bald erhält sie eine neue Gelegenheit, sich zu bewähren, was ihr Selbstvertrauen stärkt. Die arrogante Snejana, für die nur Erfolg und Ruhm zählen, lässt es an Achtung gegenüber der älteren Kriegerin missen und bekommt eine harte Lektion erteilt. Jo wiederum ist ein verliebtes Mädchen und keine Kämpferin. Da sie ihre Jungfräulichkeit verloren hat, fürchtet sie sich vor dem Übel – denn vielleicht ist der Drache von Faiza gar nicht tot, oder weshalb kehrten Soldaten und Plünderer, die sich in den Palast wagten, niemals zurück? Letztlich hat sie die schlechtesten Karten in der Hand und übertrumpft dann doch alle.
Die Geschichte ist nicht nur packend erzählt, sie überzeugt auch durch diese sehr gegensätzlichen Charaktere, durch die die menschliche Seite der Drachenritter stärker beleuchtet wird als je zuvor, denn nicht allen wird der ihnen zustehende Erfolg zuteil, nicht jede zeigt schwesterliche Gefühle und stellt das Wohl der Gemeinschaft über das eigene oder empfinden die Berufung als Ehre. Aber auch das Böse erweist sich als wandelbar. Steckte sonst ein Drache hinter den Veränderungen, die das Land, seine Flora, Fauna und Menschen befielen, so entwickelt auch das Erbe des Drachen eine neue Qualität.
Dadurch und auch durch die sehr ansprechenden, realistischen Zeichnungen, die voller Details sind und zudem durch eine angemessene, stimmungsvolle Kolorierung gefallen, zählt „Die Schlossgärten“ sicher zu einem der interessantesten Alben dieser wunderschönen Reihe, die sich kein Fantasy-Fan entgehen lassen sollte.