Neil Gaiman
Coraline
(Coraline)
Aus dem Englischen übersetzt von Cornelia Krutz-Arnold
Titelillustration von James Steidl
Heyne, 2009, Taschenbuch, 176 Seiten, 7,95 EUR, ISBN 978-3-453-50376-2
Von Carsten Kuhr
Kurz nach dem Umzug entdeckt Coraline, dass hinter der verschlossenen Tür zum Nachbarhaus nur eine Backsteinwand auf sie wartet. Während ihre Eltern ihrem Beruf nachgehen, vertreibt sie sich die letzten Ferientage damit, die Nachbarschaft zu erkunden. Unter ihnen leben zwei ehemalige Schauspielerinnen, die ihr aus der Hand lesen. Nicht genug, dass sie sie vor etwas Bösem warnen und einen Talisman schenken, auch der alte Herr aus dem Dachgeschoss raunt ihr zu, seine Mäuse hätten ihm erzählt, dass Coraline Gefahr drohe. Selbst für ein kleines Mädchen ist das nicht unbedingt glaubwürdig. Doch dann verschwinden ihre Eltern, die geheimnsvolle Tür führt in eine Parallelwelt, in der eine andere Mutter mit Knopfaugen auf sie wartet, und sie muss ihren ganzen Mut und Einfallsreichtum einsetzen, um sich selbst, ihre Eltern und die gefangen gesetzte Seelen von drei Kindern zu befreien ...
Neal Gaimans zwischenzeitlich von Henry Selik als 3-D-Animationsfilm umgesetzte Novelle zeigt einmal mehr den Einfallsreichtum, aber auch die Bildgewalt des englischen Ausnahmetalents.
Was als märchenhafte Geschichte beginnt, das bekommt nur zu bald skurrile, beängstigende Züge. Das ist eindeutig nichts für Kinder, das sorgt für Alpträume, das verstört und berührt.
Gaiman nimmt den Leser mit auf eine Reise, die geprägt ist vom Mut der jugendlichen Protagonistin, die sich ein ums andere Mal gegen den vermeintlich einfacheren Weg entscheidet, die gegen den Versuch sie zu indoktrinieren oder zu korrumpieren mutig aufsteht.
In einer Handlung, die in der Realität fußt, dann aber zunehmend ins Surreale abgleitet, ist dies ein modernes Märchen. Lehrreich, aufwühlend, und im wahrsten Sinne des Wortes unterhaltsam.