Koushun Takami & Masayuki Taguchi
Battle Royale 1
(Battle Royale Vol. 1 - 3, 2000)
Aus dem Japanischen von Michael Ecke
Tokyopop, 2008, Paperback, 640 Seiten, 19,90 EUR, ISBN 978-3-86719-501-0
Leseempfehlung: ab 18 Jahre!
Von Christel Scheja
Bisher fünfzehn Bände umfasst der nach der Romanvorlage von Koushun Takami entstandene und von Masayuki Taguchi gezeichnete Manga „Battle Royale“, der seit dem Jahr 2000 im „Young Champion Magazin“ des Verlags Akita Shoten erscheint. Die Geschichte hat bereits im Jahr 2000 auch eine Verfilmung erlebt, die in Deutschland jedoch nur ohne Jugendfreigabe erhältlich ist.
Die Story spielt in der nahen Zukunft. In einer parallelen Realität ist Japan ein totalitärer Militärstaat, in dem Kritik ebenso wenig geschätzt wird, wie Widerstand. Um die Menschen von den desolaten Zuständen abzulenken ist u. a. auch die „Battle Royale“ entstanden.
Nach dem Zufallsprinzip werden Klassen aus dem obersten Jahr der Mittelschule ausgewählt. Die Schüler werden unversehens auf eine abgelegene und an allen Ecken und Enden Kamera überwachte Insel verschleppt und dort angehalten, sich in einem Kampf auf Leben und Tod gegenseitig auszulöschen. Nur wem es gelingt zu überleben, darf die Insel wieder zu verlassen.
Damit keiner auf die Idee kommt, sich zu weigern, tragen alle ein Halsband mit Sprengstoff, das ferngezündet werden kann. Nur mit einer Tasche voller Wasser und Proviant und einer ausgewählten Waffe werden sie losgeschickt, um zu überleben.
Das trifft nun auch die Klasse 3 B, der Shuya Nanahara, ein musikbegeisterter Idealist und Rebell, sowie Noriko Nakagawa angehören. Eigentlich wollten sie mit ihren vierzig anderen Kameraden auf eine gemeinsame Ausflugsfahrt gehen, jetzt finden sie sich jedoch in einem Klassenzimmer wieder und werden mit der grausamen Wahrheit konfrontiert, denn man macht ihnen sehr drastisch klar, dass sie keine Alternative haben – es sei denn, sie wollen schon jetzt sterben.
Weil ihnen kleine Wahl bleibt, lassen sich viele andere auf das Spiel ein. Nun kommen verborgene Ängste und Schwächen zum Vorschein, aber auch manch eine dunkle Seite des eigenen Charakters. Musterschüler und Feiglinge, die man nie für fähig gehalten hat, andere umzubringen, erweisen sich als hinterhältige Mörder. Zwei Mitschüler lassen sogar ihre Masken fallen und zeigen, dass sie kalt und grausam kalkulierende Psychopathen sind.
Nur wenige versuchen, einander zu helfen, Bündnisse zu schließen und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Zu ihnen gehört auch Shuya, der den Tod seines langjährigen Sandkastenfreundes mit ansehen musste. Er will entkommen und überleben – aber auch andere mit sich nehmen.
Derweil beobachtet man von sicherer Stelle aus den Überlebenskampf der Schüler und schließt bereits Wetten ab, wer das Ganze am Ende überleben könnte. Denn es gehört mehr dazu als nur eine kaltblütige Killermentalität, um die „Battle Royale“ zu überstehen.
Ist „Battle Royale“ wirklich so abwegig? Beweisen nicht abgeschwächte Variationen wie „American Gladiators“, das sich die Gesellschaft immer mehr und vermutlich aus reiner Sensationsgier und Langeweile auf solche Spielchen einlässt? Und schult nicht schon so mancher in Paintball und anderen Jägerspielen genau die Eigenschaften, die man braucht, um im Extremfall zu überleben? Natürlich wird jetzt nur Farbe verschossen – aber was ist, wenn eines Tages diese Grenzen fallen und ganz normale Menschen dazu gezwungen werden, ihren Überlebenswillen anzuschalten, moralische Bedenken wegzuwerfen und das schlummernde Raubtier in sich frei zu lassen?
Der Manga setzt diese Überlegungen auf sehr drastische Art und Weise in Szene. Die realistischen Zeichnungen von Masayuki Taguchi zeigen die Auswirkungen von Gewalt und Grausamkeit sehr deutlich und verschweigen nichts. Da spritzt und fließt Blut in Strömen, Schädeldecken werden weggesprengt, Körper von Kugeln durchsiebt und Klingen wie Äxte in Körper gestoßen. Selbst der größte Pazifist und Idealist muss seine Prinzipien über Bord werfen, wenn er weiter leben will.
Da es immer wieder Rückblenden gibt, die die Jugendlichen in ihrem normalen Umfeld zeigen, kann man erkennen, wer sich vollständig verändert hat und wer schon im ganz normalen Alltag die Anlagen zum kaltblütigen Killer oder entschlossenen Beschützer besitzt.
Diejenigen, die nicht aus ihrer Haut können werden, schon in den ersten Minuten zum Opfer, andere beißen sich länger durch. Dabei kommt es erstaunlicherweise nicht auf das Geschlecht an, denn am Ende des dritten Bandes leben noch mehr Mädchen als Jungen.
Trotz aller Gesellschaftskritik und Ernsthaftigkeit kann der Manga allerdings auch nicht verleugnen, dass er in erster Linie unterhalten will. Er richtet sich dabei vor allem an ein erwachsenes männliches Publikum, das die brutalen Gewaltdarstellungen genießen kann und auch nichts gegen entblößte Mädchenkörper hat. Vor allem die letzte Bonusgeschichte um Mitsuki Souma, die schon vor der Insel ein mordender Vamp ist, schreckt nicht vor derbem Sex und Grausamkeit zurück.
Um den Darstellungen gerecht zu werden, erscheint „Battle Royale“ hierzulande in einem großformatigen Paperback, das drei der japanischen Ausgaben umfasst.
Durch die detaillierte Figurenzeichnung und den ernsten Hintergrund ist „Battle Royale“ ein wenig interessanter als der durchschnittliche Action-Manga, auch wenn er sich aufgrund der Gewaltexzesse, der immer wieder durchschimmernden menschenverachtenden Grausamkeit und derben Sex-Szenen eher an Erwachsene, die mit den verstörenden Bildern umgehen können, als an Jugendliche oder gar Kinder richtet.