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Fingerman, B. H.: Blutraub (Buch)

B. H. Fingerman
Blutraub (Bottomfeeder)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Michael Kosler
Titelillustration von Shutterstock
Piper, 2009, Taschenbuch, 334 Seiten, 8,95 EUR, ISBN 978-3-492-29188-0

Von Carsten Kuhr

New York, der Big Apple, das Herz des amerikanischen Ostens, Dreh- und Angelpunkt der Weltwirtschaft. Hier, wo Vermögen gemacht, Entscheidungen getroffen werden, wo sich die Schönen und Reichen die Klinke in die Hand geben, lebt Philip Merman. Äußerlich sieht er keinen Tag älter aus wie 27, lediglich ein wenig blass um die Nase ist er, aber das hängt damit zusammen, dass er sich nie ein Sonnenbad gönnt und sich mehr als ungesund ernährt. Die Penner und Kleinkriminellen, die, die durchs weit geknüpfte soziale Netz gefallen sind, sie erleichtert er um das, was sie meist als Einziges noch besitzen – ihr Blut. Ja, Sie vermuten richtig, Philip ist ein Vampir. Doch wenn Sie nun annehmen, dass Sie einem weiteren Lestat-Klon begegnen, dass Philip hochgeistig und bittersüß sein Leben genießt, so haben sie sich getäuscht.

Nada, Philips Unleben ist geprägt von Einsamkeit, Frust und Ernüchterung. Um die Miete zu bezahlen muss er nachts arbeiten, zudem geht ihm Shelley, ein nerviger, stotternder Ex-Freund aus der Zeit vor seiner Wandlung gehörig auf den Sack. Als er eines Tages einen Artgenossen kennenlernt, und dieser ihn in die Vamp-Society Manhattans einführt, lernt er Dekadenz, Perversionen und Ausschweifungen der oberen Zehntausend kennen – und ist zugleich angewidert wie auch fasziniert von dieser ihm so fremden Welt des Glamours und der ungezügelten Lust....


Was ist das für ein Roman, den der Comic- und Filmspezialist Fingerman uns hier offeriert?
In einem schnoddrigen Tonfall verfasst, zeigt er uns ein erschreckend realistisch wirkendes Bild New Yorks, wie es so sicherlich nicht vom Fremdenverkehrsverband autorisiert wurde.
Mit spitzer Feder, pointiert und verbal deftig beleuchtet er blitzlichtartig die grotesken Seiten der Stadt am Hudson River.
Er zeichnet die latente Gewaltbereitschaft der Menschen ebenso wie die Trostlosigkeit des Daseins breiter Bevölkerungsschichten. Seien es die Begüterten, die sich ihre Nase außen wie innen pudern, oder die Cracksüchtigen Latinos, Schwarzen oder Rednecks, die versuchen, ihren Frust mittels Drogen, Alkohol, Gewalt oder stumpfsinnigem Sex zu betäuben, sie alle vegetieren vor sich hin, sinn- und bedeutungslos, nur dem kurzen Kick verpflichtet, der nur allzu bald wieder in den monotonen Trott eines letztlich bedeutungslosen Lebens mündet.
Das wirkt, gerade weil es so intensiv und gleichzeitig unterkühlt dargeboten wird, erschreckend real, das atmet förmlich den abgestandenen Duft des Molochs der Großstadt und letztlich Gefühlskälte und Einsamkeit, die die urbanen Menschen umgibt.

Dass Fingerman sich hier dem Vehikel des Vampir-Romans bedient, ist fast schon nebensächlich, wenn er uns in eindringlichen Bildern, die wie aus einem Independent-Streifen entnommen wirken, von seinen Menschen erzählt. Das hat die Schärfe eines Skalpells, das liest sich voyeuristisch und beeindruckend, das berührt auf eine seltsame Art und Weise, die dieses Buch weit aus dem sonst gebotenen Vampir-Allerlei heraushebt.

hinzugefügt: May 27th 2009
Tester: Carsten Kuhr
Punkte:
zugehöriger Link: Piper
Hits: 2900
Sprache:

  

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