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Lukianenko, Sergej: Das Schlangenschwert (Buch)

Sergej Lukianenko
Das Schlangenschwert
Deutsche Übersetzung von Ines Worms
Heyne, 2009, Taschenbuch, 640 Seiten, 8,95 EUR, ISBN 978-3-453-52552-8

Von Gunther Barnewald

Der junge Tikkirej lebt mit seinen Eltern unter einer Kuppel auf einem unwirtlichen Planeten. Dieser war dereinst Strafkolonie, heute leben dort nur noch die Nachfahren der einstigen Wächter und das Leben ist hart und entbehrungsreich. Wer arbeitslos wird und den täglichen Sauerstoff und die Nahrungsmittel nicht mehr bezahlen kann, dem bleibt oft nur die Euthanasie. Als Tikkis Eltern nicht mehr für den Unterhalt der Familie aufkommen können, beschließen sie deshalb, alles was sie haben inklusive der Sterbeprämie ihrem minderjährigen Sohn zu überschreiben, damit dieser aufwachsen und weiterleben kann. Tikki ist entsetzt, kann aber nicht mehr verhindern, dass seine Eltern sich für ihn opfern.
Alleine fasst der Junge den Entschluss, seine ungastliche Heimat zu verlassen. Er vermietet seine Gehirnkapazität an eine Raumschiffbesatzung, welche für den überlichtschnellen Flug sein Gehirn und das anderer Menschen als Rechner benutzt.
Durch das Mitleid des Kapitäns gelingt es Tikkirej, das Raumschiff unbeschadet am übernächsten Hafen zu verlassen und einen Einbürgerungsantrag auf dem reichen und idyllischen Planeten Neu-Kuwait zu stellen.
Aber Tikkirej hat hier wenig Glück, denn kurz nach seiner Ankunft beginnt eine perfide Invasion, welche die Bewohner des Planeten größtenteils zu willenlosen Anhängern einer mysteriösen Herrscherin macht. Nur durch die zufällige Bekanntschaft mit einem Agenten der Gegenseite gelingt dem Jungen doch noch die Flucht und er schließt sich den Kräften an, die mit aller Macht und Verzweiflung versuchen, die Folgen der unheimliche Invasion wieder zu neutralisieren...


Nach „Spektrum“ ist der vorliegende Roman möglicherweise Lukianenkos zweitbestes bisher auf Deutsch vorliegendes Werk. Zwar krankt auch hier das Niveau etwas an dem zu heldenhaften Auftreten des jungen (zur Zeit der Haupthandlung ca. 13 Jahre alten) Protagonisten, die abenteuerliche und packende Handlung und die exotische Atmosphäre versöhnen den Leser jedoch schnell wieder.
Mit über 600 Seiten ist die Geschichte vielleicht auch etwas zu voluminös, was aber nichts daran ändert, dass Lukianenko glaubhafte Charaktere erschafft, denen er meisterhaft Leben einzuhauchen versteht (leider erfährt der Leser erst sehr spät im Verlauf der Handlung das ungefähre Alter des Protagonisten). Die überzeugenden Charaktere sind neben den lebendigen Beschreibungen der drei Planeten, auf denen die Handlung spielt, auch das große Plus von „Das Schlangenschwert“.

Wer intergalaktische Space Operas mag, der kommt bei diesem Buch voll auf seine Kosten. Verblüffend, welche Ideen der Autor immer wieder aus dem Hut zieht und dem Leser überzeugend vermittelt. Egal ob dies der Gebrauch menschlicher Gehirne als Bestandteil des intergalaktischen Flugs ist oder die harten Lebensumstände auf Tikkis Heimatplaneten, die zu „Sterbeprämien“ führen, immer erscheint dem Leser das Sujet plausibel und einleuchtend dargestellt.

Mit wenigen kräftigen Pinselstrichen versteht es Lukianenko, in sich logische Welten zu erschaffen, Gesellschaftssysteme, die vorstellbar scheinen und in die man als Rezipient mühelos eintauchen kann, auch wenn sie einem nicht gefallen mögen (nur am Rande erwähnt der Autor dabei vergangene historische Epochen, die dermaßen skurril klingen, dass man als Leser gerne mehr erfahren würde über das Zeitalter in dem der „Katholische Dschihad“ stattfand oder das „Matriarchat“ herrschte und in dem sich Männer für ihre Existenz entschuldigen mussten). Auch die beängstigende Invasion, die aus den meisten Bewohnern von Neu-Kuwait sogenannte „Gehirnamputierte“ macht, ist fein ausgedacht, anschaulich beschrieben und enthält viel Drohpotenzial, so dass man als Leser gut mitleiden, mitzittern und sich fürchten kann. Leider steht dem die scheinbare „Unzerstörbarkeit“ des Helden etwas entgegen, so dass über den Ausgang der Geschichte natürlich kein Zweifel aufkommen kann.
Sieht man von diesem Manko ab, ist der vorliegende Roman jedoch ein großer Lesegenuss, wenig anspruchsvoll zwar, aber doch extrem unterhaltsam.

hinzugefügt: May 28th 2009
Tester: Gunther Barnewald
Punkte:
zugehöriger Link: Heyne
Hits: 2757
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