Mike Carey, Warren Ellis, Chris Yost, Marc Guggenheim
X-Men 102
(X-Men: Pixies and Demons Directors’s Cut, Astonishing X-Men 25, X-Men: Manifest Destiny 2: Makel, Manifest Destiny 3 - Kill or Cure, Part 3 Abomination, 2008)
Aus dem Amerikanischen von Jürgen Petz
Titelillustration von Simone Bianchi
Zeichnungen von Greg Land, Simone Bianchi, Michael Ryan, Paco Diaz, Yanick Paquette u.a.
Panini, 2009, 100 Seiten, 5,95 EUR
Von Irene Salzmann
Pixie, ein X-Man, ist in ihre Heimat Wales zurückgekehrt. Schon bald stellt sie fest, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht, denn immer mehr Menschen verschwinden spurlos. Schließlich stößt sie auf monströse Kreaturen: die N’Garai, die aus einer anderen Dimension stammen und die Erde erobern wollten; die X-Men hatten bereits einige Male mit ihnen zu tun. Mutig nimmt Pixie den Kampf auf, aber allein kann sie gegen die Übermacht nichts ausrichten. Glücklicherweise bekommt sie Hilfe von ihren Team-Gefährten.
Die X-Men fliegen nach Indonesien. Offenbar versucht ein Mutant, der über pyrokinetische Kräfte verfügt, auf einem verseuchten Gelände ein Raumschiff zu kapern, das noch flugfähig ist. Da es sich bei dem Mann um einen triploiden Mutanten handelt, dessen X-Gen auf einem anderen Chromosom sitzt, konnte er von Cerebra nicht geortet werden. Er liefert den X-Men einen harten Kampf – und das Problem ist noch nicht gelöst.
Iceman weiß nun, wem er seine gesundheitlichen Probleme und allen anderen Ärger zu verdanken hat: Mystique versucht einmal mehr, ihn zu töten. Kann er die skrupellose Gegnerin besiegen?
Emma Frost ist die White Queen – vormals Mitglied des Hellfire Clubs und Verbrecherin, nun Leiterin der X-Men und Kämpferin für das Gute. Obwohl sie ihre Integrität mehrfach bewiesen hat, spürt sie, dass die anderen ihr weiterhin mit Misstrauen begegnen. Selbst Scott, ihr Lover, hütet einige Geheimnisse vor ihr. Wird sie den Makel ihres früheren Lebens niemals los?
Der unerwartete Helfer, der verhinderte, dass sich die ehemaligen New Mutants/X-Force und ein Team jugendlicher X-Men („Young X-Men“) gegenseitig umgebracht haben, gibt Dr. McCoy alias Beast Rätsel auf. Wer ist dieser Mutant, und was stieß ihm einst zu?
„X-Men“ 102 wartet mit fünf Geschichten auf, die nur teilweise die Handlung des vorherigen Bandes fortsetzen.
Den Auftakt macht eine in sich abgeschlossene Story, in der Pixie auf einen alten Feind der X-Men (und einiger anderer Helden) stößt. Sie bekämpft nicht nur die dämonischen Kreaturen sondern auch ihre eigenen Ängste und begreift, dass sie ein Team-Mitglied ist, das gebraucht wird. Die Illustrationen sind realistisch-Idealistisch und gefallen.
Mit der Hauptstory wird ein neuer Mini-Zyklus eingeleitet, der die X-Men auf die Spur eines ungewöhnlichen Mutanten bringt. Wer ist dieser Pyrokinet? Woher kommt er? Warum will er die Erde verlassen? Wer oder was steckt dahinter? Antworten erhält man auf diesen Seiten noch nicht. Die Story wird langsam aufgebaut, der Spannungsbogen hat seinen Peak noch nicht erreicht, die Episode endet mit einem Cliffhanger. Autor und Zeichner konzentrieren sich auf die Figuren – die X-Men -, ihre Motive und Beziehungen. Außer einigen Leser-Lieblingen wie Wolverine, Cyclops, Nightcrawler und Storm ist mit Armor auch ein Neuzugang dabei. Die Zeichnungen sind realistisch, sehr detailreich – einfach großartig. Diese Qualität macht Lust, die Serie (wieder) zu sammeln.
Die Geschehnisse um Iceman knüpfen nahtlos an die vorherigen Ereignisse an. Um zu wissen, was los ist, sollte man den vorherigen Band gelesen haben und braucht für die Auflösung die Fortsetzung. Die Illustrationen sind gefällig, halten aber nicht den Vergleich mit denen der vorherigen Geschichten stand.
In „Makel“ steht Emma Frost im Mittelpunkt. Die beherrschte, mitunter eiskalt und skrupellos wirkende Telepathin verbirgt tief in sich ihre wahren Gefühle und leidet. Ausgerechnet Wolverine, der ihr lange mit großer Skepsis begegnete, spricht die richtigen Worte. Die Zeichnungen sind gefällig.
Das trifft auch auf die Illustrationen von „Scheusal“ zu, die in düsteren Farben eine dunkle Vergangenheit enthüllen. Zweifellos wird man von diesem neuen Mutanten in Zukunft noch mehr lesen.
Das Comic-Heft bietet mehrere spannende oder tragische Geschichten, die frische Handlungsstränge auftun oder durch neue Themen und Hinweise die Weichen für kommende Storys stellen. Zum einen wird die laufende Handlung der „X-Men“ fortgesetzt, zum anderen werden die Sorgen und Hoffnungen einzelner Charaktere näher beleuchtet. Auf diese Weise gibt es auch ein Wiedersehen mit Figuren, die momentan nicht im Haupt-Team aktiv sind.
Die Lektüre macht Spaß, vor allem da die Ideen originell und die Illustrationen wieder bemerkenswert schön sind. Das war in der Geschichte der „X“-Serien nicht immer so (man erinnere sich an den dramatischen Einbruch, als die Star-Zeichner der 1990er Jahre Marvel verließen und den Studio-Verbund Image gründeten, als man junge Leser für alte Serien zu gewinnen versuchte, indem man sich Anleihen bei Manga- und Cartoon/Animated Series holte, als man junge Erwachsene wie die Mitglieder von „X-Force“ in Kinder zurück transformierte oder sie radikal durch gänzlich neue Figuren ersetzte etc.).
Kann die Serie das derzeit hohe Niveau halten, darf man sie getrost als einen der Top-Titel von Marvel (und Panini) bezeichnen – und zweifellos wird sie auch neue Leser an sich binden.