Arvid Nelson
Rex Mundi 5
Das Tal am Ende der Welt
(Rex Mundi: The Valley at the End of the World, 2008)
Aus dem Amerikanischen von Joachim Stahl
Titelillustration und Zeichnungen von Juan Perreyra und Jim di Bartola
Ehapa, 2009, Hardcover, 200 Seiten, 20,00 EUR, ISBN 978-3-7704-3250-9
Von Christel Scheja
„Rex Mundi“ ist in einem Europa angesiedelt, in dem die katholische Kirche ihre Macht bewahren und viele Länder Europas Monarchien bleiben konnten. Auch hatte die Reconquista keinen Erfolg, so dass auch im Jahr 1933 das Emirat von Cordoba weite Teile der iberischen Halbinsel besetzt hält und das osmanische Reich nicht zusammen gebrochen ist.
Arvid Nelson erzählt mittlerweile alleine, was der junge Arzt Julien Sauniere weiter erlebt, nachdem er durch den Tod eines Freundes auf ein Geheimnis aufmerksam gemacht geworden ist, das die Welt erschüttern könnte. Und schon bald hat er nicht nur die Inquisition auf den Fersen sondern auch den Herzog von Lorraine und seine Schergen, die den neugierigen Arzt gerne mundtot machen möchten.
Der Adlige hütet ein Geheimnis, das er nicht gerne vor der katholischen Kirche offen gelegt sehen möchte: Bekannt ist, dass der Herzog von Lorraine von den Merowinger-Königen abstammt, weil er damit den Putsch begründet, durch den er den französischen König stürzte, um selbst den Thron zu besteigen. Nun kann er den - seiner Meinung nach - schon lange notwendigen Krieg in Europa führen. Allerdings hat er schon bald mit Schwierigkeiten zu kämpfen, weil er sich in dem Zweifrontenkrieg zu sehr verzettelt. Nur ein Wunder kann ihn – und Frankreich – jetzt noch vor den vorrückenden Truppen der Habsburger und Preußen retten...
Julien Sauniere hat mittlerweile herausgefunden, dass im Herzog von Lorraine und seinen Nachkommen ganz offensichtlich auch das Blut von Jesus und Maria Magdalena fließt. Doch noch fehlen die letzten Beweise, und er ist sich nicht sicher, ob er überhaupt nach ihnen suchen soll. Denn seine Jugendfreundin Genevieve Tournon hat ihn ganz offensichtlich verraten, da sie auch die Geliebte des Herzogs war.
Sauniere gerät zum zweiten Mal in die Gewalt von Inquisitor Moricant, der die Wahrheit über das größte Geheimnis des Christentums nicht wahr haben will. So wie die Krypta, in der uralte Gebeine und Geheimnisse ruhen, möchte er auch das Gralsschloss vernichten, wenn es dieses denn überhaupt geben sollte, und Julien muss ihm dabei helfen, da offensichtlich nur er die Geheimnisse entschlüsseln kann, die alles umgeben.
Und tatsächlich findet man eine Spur, die in ein abgelegenes Tal weist. Doch zunächst soll nur Sauniere diesen Ort erreichen, an dem ihn eine große Überraschung erwartet. Denn dorthin hat auch Isabelle gefunden – die Tochter des Herzogs von Lorraine, die inzwischen mit ihrem Vater und seinen Machenschaften gebrochen hat und eigenen Zielen und Wegen folgt...
„Das Tal am Ende der Welt“ enthüllt weitere Geheimnisse, die den Herzog von Lorraine und seine Familie umgeben. Der Autor hat sich dabei den – mittlerweile zwar als Fälschungen erkannten – Hinweisen auf mögliche Nachkommen von Jesus und Maria Magdalena bedient, aber seine eigene Geschichte aus den Details gesponnen, die weitaus phantastischer und magischer ist als etwa Dan Browns Bestseller „Sakrileg“.
Allein die Verzweiflung der Kirchenväter und ihr Verlagen, die Wahrheit zu vernichten, ist hier gleich. Auch Moricant ist ein Fanatiker, nimmt aber am Ende eher eine tragische Rolle in dem ganzen Drama ein. Derweil geht es auf der Bühne der großen Politik zur Sache, denn der Herzog von Lorraine verfolgt ohne Skrupel seine Ziele weiter: Er will zum Herrn der Welt werden. Auch wenn es zunächst nicht so aussieht, so kommt er diesem Schritt näher und krönt sich selbst zum Kaiser eines so gut wie unter seiner Fahne vereinten Europa. In ihm vermischen sich deutlich Züge von Napoleon Bonaparte mit den Diktatoren des 20. Jahrhunderts, allen voran Adolf Hitler.
Beides ergibt einen Mystery-Thriller, der selbst im fünften Band für weitere Überraschungen gut ist, da zwar Fragen beantwortet, aber immer noch neue Mysterien mit eingebunden werden. Der komplexe Hintergrund bleibt weiterhin gut durchdacht, denn wieder zwingt Arvid Nelson seine Leser zum Mitdenken und bringt sie dazu, Vergleiche und Schlüsse zu ziehen, während sie fasziniert in die stimmige Atmosphäre eines fremdartig-vertrauten Europa eintauchen dürfen.
Auch die Zeichnungen sind herausragend. In fast fotorealistischem Stil erweckt der Künstler Juan Perreyra die Welt von „Rex Mundi“ zum Leben. Ihm gelingt es sogar, den Unterschied zwischen dem alkoholsüchtigen und lebensmüden Sauniere und dem im Tal durch die Freundlichkeit der Leute wieder zu neuem Leben erwachten Arzt zu verdeutlichen. Und nicht zuletzt beweist auch Isabelle, dass sie mehr als eine verzärtelte Adlige ist.
Nach der Lektüre des fünften Bandes „Das Tal am Ende der Welt“ fiebert man geradezu dem abschließenden sechsten Band entgegen, denn sowohl dem Autor als auch dem Zeichner gelingt es, durch ihre Liebe zum Detail und den komplexen Aufbau ihrer Geschichte süchtig auf die Welt von „Rex Mundi“ zu machen.