Kôsen (Aurora García Tejado & Diana Fernández Dévora)
Daemonium 1
(Daemonium, 2008)
Aus dem Amerikanischen von Peter Clausen
Tokyopop, 2009, Taschenbuch, 192 Seiten, 6,50 EUR, ISBN 978-3-86719-609-3
Von Christel Scheja
Wer die europäisch-amerikanische Manga-Szene und dabei im Speziellen das Genre der Boys Love im Auge behalten hat, wird sicherlich schon über den Namen Kôsen gestolpert sein. Dahinter versteckt sich das Künstlerinnen-Team Aurora Garcia Tejado und Diana Fernandez Dévora, die bereits einige wunderschön gezeichnete Geschichten veröffentlicht haben.
Ein älteres Werk, „Saihoshi the Guardian“, ist außerdem auf Deutsch erhältlich, wenngleich der Fantasy-Manga auch hier wie auf der anderen Seite des Atlantiks bei einem Kleinverlag erschien. „Daemonium“ ist ihre erste Veröffentlichung bei einem großen Publikumsverlag.
Seisu gilt als Freak unter seinen Altersgenossen und ist ständigem Spott ausgesetzt, da seine rechte Gesichtshälfte seit einem schweren Autounfall in seiner Kindheit von einer Narbe entstellt wird. Kaum jemand steht zu ihm, außer der etwas älteren Alys. Aber ansonsten fühlt er sich von allen anderen verlassen. Seine ständigen Albträume und Visionen machen es auch nicht leichter, ein normales Leben zu führen
Um ihn auf andere Gedanken zu bringen, lädt ihn Alys schließlich auf eine Reise in ein Wildtierreservat ein, das für seine seltenen weißen Vögel bekannt ist. Übernachten wollen sie ganz in der Nähe in einem alten Kloster.
Dort macht Seisu eine überraschende Erfahrung. Denn anders als in seiner normalen Umgebung fühlt sich niemand von seiner Narbe abgestoßen, ja, die Leute scheinen sie noch nicht einmal zu sehen. Argwöhnisch, wie er nun einmal ist, bleibt er vorsichtig und hält sich von den Fremden fern. Vor allem einer macht ihm Angst: der geheimnisvolle Yabrail, der sich sogar intensiv für ihn zu interessieren scheint.
Doch erst in der Nacht lichten sich für ihn die Schleier. Alys ist verschwunden, und als er sich auf die Suche nach ihr begibt, muss er erkennen, das Licht und Schatten, Himmel und Hölle, Engel und Dämonen näher beieinander liegen, als er immer vermutet hat.
Schon in ihren anderen Werken bewies Kôsen, dass den Künstlerinnen die Geschichte mindestens genau so wichtig ist, wie die Romantik. So ist die Handlung durchdacht, und die Personen werden erst einmal in Ruhe eingeführt. Die sexuelle Spannung zwischen den Helden ist eher unterschwellig und kommt in diesem Band noch nicht wirklich zum Tragen. Gerade weil man viele Andeutungen hingeworfen bekommt, auf der anderen Seite aber nur wenige Antworten erhält, bleibt die Geschichte spannend und macht neugierig auf mehr - denn wird Seisu wirklich mit den Erkenntnissen fertig, die ihm enthüllt wurden? Oder droht seine labile Seele, endgültig an dem zu zerbrechen, was geschieht und ihm neben Alys auch noch Yabrail entreißt, zu dem er gerade erst Vertrauen gewonnen hat.
Das ist in ansprechenden und klaren Zeichnungen dargestellt, die sicherlich nicht nur die Herzen der Fans höherschlagen lassen. Im Bonus-Teil gibt es dann noch einige Konzeptzeichnungen der Charaktere, und die Künstlerinnen enthüllen, wie lange sie diese Geschichte schon mit sich herum getragen haben, bis sie sie nun endlich umsetzen konnten.
Alles in allem ist „Daemonium“ nicht nur den Boys Love- sondern auch allen Mystery- und Fantasy-Fans zu empfehlen, die gegen hübsche Jungs nichts einzuwenden haben, da der romantische Anteil noch sehr gering ist und die Geschichte eher auf Handlung als nur aneinander gereihte Momente leidenschaftlicher Liebe und intensiver Gefühle setzt.