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Finn, Thomas: DIE PURPURINSELN - GEZEITENWELT 4 (Buch)
Thomas Finn: Die Purpurinsein - Magus Magellans Gezeitenwelt Band 4, Originalausgabe als Hardcover im Piper Verlag 2004, ISBN 3-492-70055-1, 348 Seiten zzgl. 36 Seiten Anhänge, Umschlagillustration und Innenillus von Caryad, Karten von Franz Vohwinkel, Euro 19.90
Von Carsten Kuhr
Vor rund einem halben Jahr wurde mit "Das Weltennetz" der erste Teil eines Roman´s veröffentlicht, der für die Publikation in einem Buch zu umfangreich wurde. So entschied man im Verlag das Manuskript aufzuteilen, und einfach zwei Bände zu veröffentlichen. Eine derartige Vorgehensweise ist zwischenzeitlich bei den Taschenbuchausgaben Usus, und wird allgemein und auch von mir immer wieder bemängelt.
Nun, wenn ein Verlag in Zeiten, da Bücher sich langsam aber sicher von Gebrauchs- zu Luxusgegenständen entwickeln das verlegerische Risiko eingeht eine Fantasy-Reihe, die auf zwölf Romane projektiert ist publiziert, dem mag man vieles Nachsehen. Und wenn diese Reihe dann auch noch von, ausserhalb des Rollenspielbereichs weitestgehend unbekannten Autoren deutscher Zunge verfasst wird, ist das Engagement des Lektorats und des Verlages um so mehr zu würdigen. Insoweit sei die buchalterische Notwendigkeit der Teilung verziehen.
Die Gezeitenwelt Romane sind ein einzigartiges Projekt. Die vier an der Reihe beteiligten Autoren präsentieren uns ihre jeweilige Handlung auf einer von Wissenschaftlern mit kreierten Welt. Dabei berichtet jeder der Verfasser von seinen eigenen Protagonisten. Einen besonderen Reiz übt hierbei das Auftauchen von Personen aus anderen Romanen in der laufenden Handlung eines der anderen Bücher aus. Auf diese Weise verzahnt sich die komplexe und zunächst wenig miteinander zu tun habenden Handlung zu einem faszinierenden, detailreichen Bogen einer Welt wie sie tatsächlich sein könnte.
Im Gegensatz zu den ebenfalls bei Piper erscheinender Romanen von Sara Douglass, die für ihre deutsche Ausgabe auch jeweils in zwei Bücher aufgeteilt werden, wurde vorliegendem Band jedoch leider keine inhaltliche Einleitung beigegeben. Die Handlung setzt abrupt an der Stelle ein, an der "Das Weltennetz" vor fast einem halben Jahr geendet hat. Für Leser, die den ersten Teil nicht kennen ist ein sich Zurechtfinden in der Handlung kaum möglich. Zu viele Handlungselemente werden vorausgesetzt, Personen als bekannt vorgegeben.
Vorliegendes Buch lässt sich in zwei Partien unterteilen.
Im ersten, den grösseren Raum einnehmenden Part macht sich unsere wackere Schar der Gefährten gegen den entschiedenen Widerstand der Kirche auf, das Geheimnis des Begründers der Wissenschaften zu ergründen. Weit ab von jeglicher Zivilisation im unwirtlichen Hochgebirgsland stossen sie auf eine verlassene Forschungsstation in der flugfähige Schiffe entworfen und gebaut wurden.
Im zweiten, wesentlich kürzeren Teil erleben wir dann mit, wie Prinz Nukulahi mit Hilfe seiner Gefährten versucht sein Land und seinen Titel aus den Händen des Usurpators zu befreien.
Es geht nicht ohne Verluste ab, wenn sich unsere Truppe wagemutiger Männer und Frauen aufmacht, ihre Welt zu erkunden, und zu verändern. Bündnisse werden verraten, Gefährten sterben, unbequeme Wahrheiten werden offensichtlich.
Gerade im ersten Teil des Romans nahm mich Thomas Finn's Erzählung gefangen. Ein weiteres Mal hebt sich der Schleier, der über der Vergangenheit der Gezeitenwelt liegt, nur um uns noch grössere, aber durchaus faszinierende Rätsel zu offenbaren. Hier las sich der Roman flüssig und sehr kurzweilig. Die Beschreibung und Vertiefung der mittlerweile liebgewonnenen Personen liess mich wohlig in das Buch hineinschlüpfen, wie in den berühmten, uralten Lieblingspulli.
Alle wesentlichen Gestalten entwickeln sich nochmals fort, offenbaren unerwartete Seiten ihrer selbst, und sorgen so für eine innere Dynamik, die das abenteuerliche Geschehen aussen widerspiegelt.
Nicht ganz so zufrieden bin ich mit dem Abschluss der ursprünglichen Queste, die Rückeroberung der Königswürde durch unseren Inselprinzen. Erst ab Seite 291 wendet sich das Augenmerk des Verfassers wieder den Geschehnissen auf den Inselatollen zu. Dann aber geht es Schlag auf Schlag. Schnell, fast zu schnell schreitet der Plot hier voran. Ich hatte ein wenig der Eindruck, dass Finn in diesen Passagen entweder massiv gekürzt hat, oder sich aufgrund des Umfanges des bisherigen Textes bewusst zurückgenommen, und selbst zensiert und gestrichen hat. Irgendwie passt die Schlusssequenz nicht zum übrigen Roman. Hat Finn seine Handlung sonst relativ breit aufgebaut, mit Einzelheiten unterfüttert und so ein solides Fundament geschaffen, so wird der Umsturzversuch kurz abgehandelt. Wir erfahren fast nichts über das Leben und Leiden der versprochen Prinzessin, nichts über den Machtaufbau des Usurpators oder den Widerstand, der sich gegen diesen regt. Statt dessen wird uns kurz mitgeteilt, dass der Usurpator hellseherische Kräfte entwickelt hat, das entsprechende wann und wie wird aber weitestgehend ausgespart. Unvollendetes Stückwerk, so könnte man zu diesem Teil sagen.
Lieber hätte ich auf einen Teil der Anhänge verzichtet, als diesen dem Roman nicht gerecht werdenden Schluss vorgesetzt zu bekommen.
Thomas Finn wurde 1967 in Chicago geboren. Gegenwärtig lebt er als Drehbuchautor und Journalist in Hamburg und veranstaltet Seminare für Rollenspieler.
hinzugefügt: August 9th 2004 Tester: Carsten Kuhr Punkte: zugehöriger Link: Gezeitenwelt von Wieser Hits: 4328 Sprache:
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