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Zink, Michelle: Die Prophezeiung der Schwestern (Buch)
Michelle Zink
Die Prophezeiung der Schwestern
(Prophecy of the Sisters)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Alexandra Ernst
Titelillustration von Klubovy
cbj, 2009, Hardcover, 410 Seiten, 17,95 EUR, ISBN 978-3-570-13721-5
Von Irene Salzmann
Amerika, Ende des 19. Jahrhunderts: Der Vater der 17-jährigen Zwillingsschwestern Lia und Alice und des kleinen Henry ist plötzlich gestorben. Die ganze Familie steht noch unter Schock. Tante Virginia kümmert sich weiterhin um den Haushalt der Milthorpes, und treue Bedienstete stehen den Waisen zur Seite. Lia hat außerdem in ihrem Freund James eine Stütze.
Allerdings entfernen sich Lia und Alice immer mehr voneinander. Ihre Beziehung war nie sehr herzlich, doch nun wächst die Kluft, sie haben Geheimnisse voreinander. Zu ihrem Entsetzen bemerkt Lia zudem, dass an ihrem Handgelenk ein Zeichen aufgetaucht ist, das eine sich um ein C windende Schlange zeigt. Dann findet James in der Bibliothek des Vaters in einem Versteck ein rätselhaftes Buch, in dem von der „Prophezeiung der Schwestern“ die Rede ist.
Lia beginnt, Nachforschungen anzustellen und entdeckt, dass sich Alice mit mysteriösen Dingen beschäftigt. Außerdem erfährt sie, dass sie nicht die Einzige ist, die ein Mal trägt: Auch ihre Mitschülerin Luisa Torelli und das Medium Sonia Sorrensen sind ähnlich gezeichnet. Lia weiht ihre neuen Freundinnen in die Angelegenheit ein, und gemeinsam versuchen sie nun, trotz der Gefahr, in der sie wegen ihres Wissens schweben, das Rätsel zu lösen, denn das Schicksal der Menschheit steht auf dem Spiel.
Die Mädchen sind davon überzeugt, dass Lia und Alice die Zwillinge aus der uralten Prophezeiung sind, wobei Lia die Wächterin darstellt, welche Samael und seine Heerscharen aufhalten muss, die durch das Tor, bei dem es sich nur um Alice handeln kann, auf die Erde gelangen wollen. Sie ahnen nicht, wie falsch ihre Annahme ist…
Mit „Die Prophezeiung der Schwestern“ wendet sich Michelle Zink in erster Linie an Leserinnen ab 13 Jahren, die bereits mit Begeisterung Romane wie Stephenie Meyers „Bis(s) zum Morgengrauen“ oder Richelle Meads „Vampire Academy“ gelesen haben und sich noch mehr phantastische Lektüre wünschen, welche eine spannende Geschichte erzählen, in die eine Romanze eingebettet ist.
Schnell wird man in die Handlung des Romans hinein gezogen. Die Autorin schildert aus der Sicht der sympathischen Lia, wie die Hauptfigur von einem Geheimnis erfährt, von dem bereits ihre Mutter und deren Schwester betroffen waren, das weit in die Vergangenheit zurückreicht und von dem nur noch andeutungsweise in wenigen Mythen erzählt wird. Entsprechend schwer ist es, die einzelnen Puzzlestücke zusammenzutragen und die schockierende Wahrheit aufzudecken. Dabei scheint Alice Lia immer um mindestens einen Schritt voraus, stärker und vor allem skrupelloser zu sein.
Das Wissen um ihre Bestimmung, das die Schwestern zu Feindinnen macht, belastet schließlich auch die Beziehung von Lia und James. Etwas hält Lia zurück, James alle Details anzuvertrauen, je mehr sie über ihre tatsächliche Rolle erfährt, mit der sie sich nicht abfinden will. Obwohl sie einander lieben, steht dem Paar eine Trennung bevor – wird später noch alles so sein, wie es war?
Mit einem offenen Ende schließt das Buch; man muss schon auf die nächsten zwei von insgesamt drei geplanten Bänden warten, will man wissen, ob es Lia gelingt, die düstere Prophezeiung abzuwenden. Ihr zum Opfer gefallen sind bereits einige Menschen, die Lia nahe standen – wird sie noch mehr Verluste betrauern müssen?
Michelle Zink wählte als Setting den Norden Amerikas und das ausgehende 19. Jahrhundert - das Viktorianische Zeitalter - und knüpft damit an die Tradition der Gothic Novel an. Die jungen Frauen sind einerseits Kinder dieser Ära, andererseits aber auch sehr unabhängig und modern. Von daher können sich junge Leserinnen leicht mit Lia identifizieren, an ihren Sorgen, Hoffnungen und Freuden teilhaben.
Das zentrale Thema ist der Zwillings-Mythos, der in vielen Kulturkreisen zu finden ist und sowohl als gutes wie auch als schlechtes Omen gedeutet wurde. Verknüpft wird er mit dem Buch der „Offenbarung“ und dem ebenfalls weit verbreiteten Motiv der Schlange, die sich selbst in den Schwanz beißt. In Folge ist der Hintergrund vage vertraut und macht neugierig auf das, was die Autorin daraus konstruierte.
Das Buch bezieht seine Spannung weniger aus dramatischen Momenten als aus der Schnitzeljagd und dem Kontrast in der Charakterisierung der Schwestern, die wie die zwei Seiten einer Münze erscheinen und Rollen auferlegt bekamen, die im Widerspruch zu ihrem Wesen und ihren Wünschen stehen. Daraus resultieren innere Konflikte und offene Feindschaft.
Der Stil der Autorin ist flüssig und angenehm zu lesen. In Verbindung mit dem Thema macht er aus dem Buch einen Pageturner für ein All Age-Publikum, das Mystery und Fantasy mag.
Selten erfüllt ein Buch die großartigen Versprechungen vom Klappentext und Werbung, doch in diesem Fall werden die Erwartungen nicht enttäuscht. Liebt man Romane wie Ulrike Schweikerts „Nosferas“, Susan Hubbards „Das Zeichen des Vampirs“ oder Lisa J. Smiths „Tagebuch eines Vampirs“ bietet auch Michelle Zinks „Die Prophezeiung der Schwestern“ beste Unterhaltung.
hinzugefügt: August 16th 2009 Tester: Irene Salzmann Punkte: zugehöriger Link: cbj Hits: 2969 Sprache:
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