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James, Brian: Zombie Blond (Buch)

Brian James
Zombie Blond
(Zombie Blondes, 2008)
Aus dem Amerikanischen von Vanessa Walder
Titelgestaltung von zeichenpool unter Verwendung eines Motivs von Sas Christian/Rich Deas
cbt, 2009, Taschenbuch, 256 Seiten, 7,95 EUR, ISBN 978-3-570-30583-6,

Von Irene Salzmann

Die 16-jährige Hannah Sanders zieht mit ihrem Vater, einem ehemaligen Polizisten, in das verschlafene Nest Maplecrest. Während der Vater immer noch auf einen neuen Anfang hofft, sieht Hannah ihr Leben realistischer: Es ist bloß eine Frage der Zeit, wann sie von der Vergangenheit eingeholt werden - von Leuten, bei denen sie Schulden haben oder die wissen, warum der Vater nicht länger den Beruf ausübt, den er über alles geliebt hat. Dann geht es weiter in die nächste Stadt.
Hannah hasst dieses Leben. Immer ist sie ‚die Neue’, und nie kann sie richtige Freundschaften aufbauen. An das Versprechen, dass es diesmal besser wird, glaubt sie längst nicht mehr. Und vielleicht ist es sogar besser, wenn sie Maplecrest bald wieder verlassen, denn das Kaff gefällt ihr nicht. Der Ort sieht aus, als wäre die Zeit stehen geblieben. Zahlreiche Einwohner sind der Einöde längst entflohen – oder warum sonst stehen so viele Häuser zum Verkauf?
In der Schule wird Hannah ausgegrenzt. Zwar ist sie daran gewöhnt, aber zu gern würde sie auch einmal das ‚It-Girl’ sein oder wenigstens zu den ‚Perfect People’ gehören, die schön und beliebt sind und eine Sonderbehandlung erfahren – so wie Maggie Turner und ihre Clique. Hannah ist wie jeder andere fasziniert von Maggies zarter Schönheit, die ihre Freundinnen zu kopieren versuchen. Tatsächlich ist jede von ihnen schlank, alle haben weißblondes Haar, blaue Augen, einen hellen Teint, und einen Namen, der mit M beginnt.
Nur Lukas scheinen diese Mädchen kalt zu lassen, er hasst sie richtig - und warnt Hannah eindringlich vor ihnen, behauptet sogar, sie wären Zombies. Obwohl er in Hannahs Augen ein Freak ist, der zu viele Horror-Comics liest, freundet sie sich mit ihm an, denn er ist der Einzige, der mit ihr spricht. Von Maggies Clique wird sie gemobbt, und die übrigen Schüler meiden sie ebenfalls.
Unvermutet wird Hannah gefragt, ob sie nicht den Cheerleaderinnen beitreten möchte. Obgleich sie bezweifelt, auch nur den Hauch einer Chance zu haben, versucht sie es, weil sie akzeptiert werden möchte. Die Quälereien werden prompt noch schlimmer, aber dann setzt sich ausgerechnet Maggie für Hannah ein. Ab diesem Moment gehört sie zu den ‚Perfect People’, und jeder behandelt sie freundlich. Allerdings kommt es zum Bruch mit Lukas, und an seine Stelle tritt der schöne, blonde und blauäugige Greg.
Zwar nagt an Hannah das unterschwellige Gefühl, dass etwas falsch ist, trotzdem fühlt sie sich überglücklich. Um dieses Glück festzuhalten, macht sie alles mit, was Maggie von ihr verlangt: Sie soll die abgelegten, hübschen Kleider der anderen Mädchen tragen, darf nicht mehr Nägel kauen, soll sich wie alle anderen einen Vornamen mit M aussuchen und sich das Haar bleichen lassen. Als Hannah schließlich begreift, was mit ihr passiert und wie Recht Lukas hatte, ist die Falle bereits zugeschnappt – und das Grauen nimmt eine ganz neue Dimension an…


„Zombie Blond“ ist eines jener Bücher, die einen zwiespältigen Eindruck beim Leser hinterlassen.

Positiv fällt auf, dass es dem Autor hervorragend gelingt, in die Rolle der Hauptfigur Hannah zu schlüpfen, aus deren Perspektive die Geschichte erzählt wird. Als Leser kann man sich ebenfalls leicht in die Position des sympathischen Mädchens versetzen und Anteil an allen Sorgen und Ängsten nehmen – und das sind nicht wenige.
Wie jeder Teenager wünscht sich Hannah eine intakte Familie und Freunde, doch da sie und ihr Vater gewissermaßen auf der Flucht sind vor Gläubigern und ehemaligen Kollegen, können sie nirgends sesshaft werden und ein ‚normales’ Leben führen. Selbst auf den Vater als einzigen Angehörigen kann sie nicht bauen, wenn sie ihn wirklich braucht. Nach Außen hin haben die Erfahrungen sie früh reifen lassen, aber innerlich ist sie noch ein Kind, das die Nestwärme vermisst.
Hannah musste bereits vieles verkraften und fürchtet sich davor, ein Mobbing-Opfer zu werden. Darum ist sie vorsichtig, misstrauisch, reagiert hoffnungsvoll auf jede noch so kleine Freundlichkeit und nimmt sehr viel auf sich, um ein Mitglied der angesagten Clique zu werden. Die Gemeinheiten der Jugendlichen und das Wegblicken der Erwachsenen werden ebenso realistisch beschrieben wie Hannahs innere Zerrissenheit, ob sie den Cheerleaderinnen trotz der Boshaftigkeiten nachlaufen oder ihre Rolle als Außenseiterin akzeptieren und Schwierigkeiten aus dem Weg gehen soll.
Ein typischer, grausamer Teenager-/Schüler-Alltag wird ausgebreitet. Jeder kennt vergleichbare Situationen; so mancher Leser dürfte selber eher zu den Außenseitern gehören und froh sein, wenn die Schul-Tyrannen ihn in Ruhe lassen, während er insgeheim traurig oder neidisch die ‚In-Clique’ beobachtet, die immer im Mittelpunkt steht, bei Lehrern und anderen Erwachsenen beliebt ist - zu denen er einerseits gern gehören würde, andererseits nicht, weil er hinter die arroganten Blender durchschaut hat und so nicht sein will.
Im Buch wird die schöne Fassade der ‚Perfect People’ niedergerissen. Der Autor geht sogar so weit, dass er die Barbie-Klone zu gefährlichen Zombies macht – und die Metapher passt auf solche Cliquen wie die Faust aufs Auge: ein Anführer und sein oder ihr Gefolge, der Leitwolf und das Rudel, das in sein Geheul einstimmt, das Zombiemädchen, das immer mehr Zombies um sich schart. Hinzu kommen Seitenhiebe gegen die allmächtigen Cops, die eigene Verfehlungen gegenseitig decken und jeden terrorisieren, der nicht nach ihrer Pfeife tanzt. Vermutlich hat Brian James eigene Erfahrungen verarbeitet, denn die zynischen Kommentare lesen sich treffend und sehr persönlich.
Das Buch ist flüssig und packend geschrieben, kurze Rückblenden erklären Hannahs Hintergrund und ihre Ängste, während der Spannungsbogen kontinuierlich steigt. Die Lektüre fesselt von der ersten Seite an und ist ein wahrer Pageturner, da man als Leser im Gegensatz zur Protagonistin weiß, dass sie von Anfang an gefangen ist wie eine Fliege im Spinnennetz und man sich fragt, ob sie die Gefahr, in der sie schwebt, noch rechtzeitig erkennt und sich und Lukas retten kann…

Der Roman bietet beste Unterhaltung, aber man darf nicht nach der Logik fragen. Der Autor macht es sich manchmal doch etwas zu einfach, um seine Geschichte in die gewünschte Richtung zu lenken.
Maplecrest ist ein Mikrokosmos, abgeschieden vom Rest der Welt. Es kommen so gut wie keine Fremden in die Stadt, und wer abreist, tut dies plötzlich und ohne Abschied. Man wundert sich, weshalb niemand etwas von den Vorgängen ahnt, ob es keine Verwandte in anderen Städten gibt, die ihre Angehörigen vermissen.
Es gehört auch nicht jeder zu den Auserwählten um Maggie. Weshalb verlassen die Außenseiter, die wie Lukas etwas wissen und Angst haben, nicht einfach die Stadt? Das ständige Verschwinden von einzelnen Personen und ganzen Familien, die Veränderungen, die jeder durchmacht, der in den erlauchten Kreis aufgenommen wird, der Fanatismus der Zombies usw. sollte jeden stutzig machen und veranlassen, die Flucht zu ergreifen.
Hannah wird ein leichtes Opfer der Verlockungen, die von Maggies Clique ausgehen, denn es gibt keine Familie, die auf sie achtet. Der Vater lässt sie, als er einen Job findet, sogar viele Tage allein. Auch um Lukas scheint sich niemand zu kümmern, da er verwahrlost wirkt und sich spät nachts herumtreibt. Die Erwachsenen spielen, wie in vielen Jugendbüchern, keine nennenswerten Rollen, so dass Mahner und Beschützer fehlen und das Böse freie Bahn hat.
Lukas’ Warnungen wirken unglaubwürdig, weil er seine Weisheiten Comic-Heften entnimmt, statt Fakten vorzulegen. Dadurch bewirkt er das Gegenteil von dem, was er beabsichtigt, und treibt Hannah erst recht zu den ‚Perfect People’. Das Foto, das ihn neben Morgan, einer der Zombie-Blondinen, vor ihrer Wandlung zeigt, hätte er viel früher zeigen und durch ein weniger skurriles Verhalten seine Behauptungen untermauern müssen, doch wäre Hannah argwöhnisch geworden, hätte die Handlung nicht oder nicht so glatt funktioniert.

Kann man über diese Schwachpunkte, die für viele Horror-Romane und –Filme charakteristisch sind, hinwegsehen und sich von der düsteren Handlung einfangen lassen, kommt man von dem Buch nicht mehr los, bis man die letzte Seite gelesen hat. Man leidet mit der Protagonistin und beobachtet fasziniert, wie sie buchstäblich in ihr Verderben rennt. Das offene Ende ist angemessen und kommt für erfahrene Leser nicht ganz unerwartet – jeder darf die Geschichte nun selbst weiterspinnen.
Wegen der doch recht makabren Auflösung möchte man „Zombie Blond“ einem – vor allem weiblichen - Publikum empfehlen, das wenigstens 15 Jahre alt ist und wahrlich böse, gruselige Romane mag.

hinzugefügt: August 24th 2009
Tester: Irene Salzmann
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