Die Legende von Malemort 2
Das Tor des Vergessens
(Le roman de Malemort: La porte de l'oubli)
Text & Zeichnungen: Eric Stalner
Farben: Jean-Jacques Chagnaud
Übersetzung: Tanja Krämling
Lettering: Delia Wüllner-Schulz
Splitter, 2009, Hardcover, 56 Seiten, 13,80 EUR, ISBN 978-3-86869-022-4
Von Frank Drehmel
Der Eiferer Monseigneur Aymon de Montgarac hofft, mit der Gefangennahme des Ritters Malperthuis und der Dame Agnes seinen inneren Dämonen besänftigen zu können, welcher ihn, der einst für das Massaker an Häretikern in Malemort verantwortlich zeichnete, seit über 30 Jahren quält. Er lässt die beiden in das Labyrinth verbringen, das unter seiner Burg einen ausgehöhlten Berg durchzieht. Dort, jenseits eines schmiedeeisernen Tores, sollen Malperthuis und Agnes – wie unzählige Gefangene vor ihnen - dem Vergessen anheimfallen.
Doch de Montgarac hat die Rechnung ohne die junge Anthea und Arnulf gemacht, der neben seinem Herren - Colbus de Malemort – sowie dem Ritter Malperthuis als Einziger das damalige Blutbad überlebte. Die beiden schleichen sich in die Stadt, um die Eingekerkerten zu befreien, landen jedoch im Zuge eines Händels mit mordlustigen Bauerntölpeln selbst der Gefangenschaft des Monseignieurs. Während Anthea auf dem Weg in die Katakomben nahezu jede Hoffnung verliert, verlässt sich Arnulf auf das Eingreifen Colbus de Malemorts, der – weder tot, noch lebendig – über große Macht verfügt, allerdings von ebenso großen Skrupeln und Trauer umgetrieben wird.
Da jedoch in den unterirdischen Räumen nicht nur Folterknechte der Gefangenen harren, sondern weitaus erschreckendere Gefahren lauern, entschließt sich der Graf, zu handeln, auch wenn das letztlich bedeutet, dass er vor Anthea sein raubtierhaftes Wesen entblößen muss.
War das erste Album, „Unter dem Mondlicht“, grafisch wie erzählerisch noch von einer fast femininen Attitüde getragen, so greift im zweiten Band in beiderlei Hinsicht Düsternis um sich, werden sowohl Story als auch Artwork spürbar dunkler und härter. Humor, Romantik oder gar mediterrane Leichtigkeit haben nicht länger Platz in einer Geschichte, in der es um Schuld, Rache und Vergebung geht, in der Grausamkeiten und Tragik zu handlungsbestimmenden Elementen werden.
Ich kann mich an kaum eine Comic-Serie erinnern, in der der atmosphärische Wandel so rigoros, aber auch so stimmig vollzogen wurde wie in diesem zweiten „Malemort“-Album. Dabei legt Stalner nach wie vor das rechte Augenmaß im Austarieren von Charakterzeichnungen, Actionelementen, Metaphysik und historischem Hintergrund an den Tag, so dass das mit leichter Hand erzählte und gezeichnete Comic einen gefälligen, „runden“ Eindruck hinterlässt.
Besonders hervorzuheben ist, dass es dem Autor gelingt, die wichtigsten Handlungsträger nahezu gleich differenziert zu entwickeln, wobei sich gerade Graf Colbus nach seinem Cameo-Auftritt im ersten Band nun in einer geradezu messianischen Inszenierung zu einer überraschend interessanten Persönlichkeit entfaltet.
Sechs Seiten mit großformatigen, explizit ausgearbeiteten Zeichnungen aus Stalners Skizzenbuch runden in editorischer Hinsicht das positive Gesamtbild dieses Comic-Albums ab.
Fazit: Eine frische, spannende, erzählerisch wie grafisch zunehmend düsterer werdende Geschichte mit nach wie vor sympathischen Charakteren. Sehr empfehlenswert!