Christina Dodd
Nachtschwarze Küsse
(Scent of Darkness)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Beate Darius
Titelillustration von Frenk Kauffmann
Blanvalet, 2009, Taschenbuch, 350 Seiten, 6,95, ISBN 978-3-442-37259-1
Von Carsten Kuhr
Gibt es das überhaupt, eine attraktive junge Frau, die im Westen der USA, im Weinbaugebiet, als Assistenz der Geschäftsleitung zwar Karriere gemacht hat, aber mit Mitte Zwanzig immer noch Jungfrau ist? Anne Smith hat lange genug darauf gewartet, dass ihr Chef, der erfolgreiche Weinvermarkter Jasha Wilder, den ersten Schritt macht. Als dringend erwartete Vertragsunterlagen aus der Ukraine per Fax eintreffen, putzt sie sich verführerisch heraus, schwingt sich in ihren kleinen Flitzer und braust die 101 in Richtung des Wochenendgrundstücks ihres Bosses. Dass sie das abgelegene Grundstück kaum findet, dass das Anwesen leer steht, ist noch nicht das Schlimmste. Schüsse peitschen durch den angrenzenden Wald, ein riesiger Hund, nein, ein Wolf jagt sie und verwandelt sich vor ihren Augen in ihren Chef. Doch er will ihr nicht an den Kragen, sondern mehr an die Wäsche. Dass ein Attentäter Jagd auf das verliebte Paar macht, sie ein Viertel einer Jahrhunderte alten Ikone findet, weist darauf hin, dass Jasha weit mehr Geheimnisse hat, als er ihr bislang gebeichtet hat.
Ein Fluch liegt auf seiner Familie. Vor Generationen hat der erste der Warlords mit dem Teufel ein Bündnis geschlossen. Macht, die Fähigkeit zur Gestaltwandlung, Heilkräfte und ein sehr, sehr langes Leben dafür, dass die durchweg männlichen Nachkommen Furcht und Schrecken in der Welt verbreiten. Jashas Vater aber brach den Eid, floh mit seiner geliebten Frau in die USA und fing unter einem anderen Namen ein neues Leben an. Jetzt hat die Familie ihn gefunden, und wenn es seinen vier Söhnen nicht gelingt, die auf der ganzen Welt verteilten vier Stücke der Familienikone zu finden, so das Orakel, wird er für alle Ewigkeiten in der Hölle schmoren...
Blanvalet Avenue, so nennt der Verlag seine Subreihe, die sich an eine vornehmlich weibliche Kundschaft richtet. Damit die Leserin nicht allzu lange rätseln muss, was sie denn im Buch erwartet, hat der Verlag auf der Rückseite gleich eine Bewertung der Sparten Spannung, Romantik, Leidenschaft und Humor vorgegeben. Bei Leidenschaft und Spannung hat das Werk denn auch volle Punktzahl bekommen - entsprechendes erwartet den Leser.
Es geht - einmal mehr - um Gestaltwandler. Dieses Mal bleiben die sonst so angesagten Vampire außen vor, auch eine der üblichen Urban-Fantasy-Szenarien sucht man vergebens.
Stattdessen findet man ein Kosaken-Clan, der mit dem Teufel selbst im Bunde ist. Dazu eine malerische Gegend, die Weinbautäler des nördlichen Kaliforniens, eine Familie, deren starkes Zusammengehörigkeitsgefühl neidisch macht, und jede Menge schöner Körper. Das liest sich zwar alles ziemlich stereotyp, lässt insbesondere bei den vielen Beschreibungen der sexuellen Begegnungen unserer beider Helden ein wenig die Überzeugungskraft und Realitätsnähe vermissen, doch das ist genau das, was die gestresste, unerfüllte Leserin in dem Roman sucht.
Erstaunlicherweise funktioniert das Rezept überraschend gut. Blendet (M)man(n) die romantische Szenen aus, bietet der Roman jede Menge interessanter Ansatzpunkte, Geheimnisse und Anknüpfungsmöglichkeiten für die (mindestens) drei Fortsetzungen. Dass unsere Protagonistin selbst ein dunkles Geheimnis verbirgt ist zwar ein wenig zu dick aufgetragen, und letztlich bislang zumindest unnötig, doch das Buch liest sich erstaunlich flüssig und kurzweilig.
Als Urlaubslektüre für den Strand bestens geeignet, wobei man aber auf stilistische Finessen, überzeugende Charakterzeichnung und vielschichtige Handlungansätze vergebens wartet.
