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Williams, Tad & Beagle, Deborah: Die Drachen der Tinkerfarm (Buch)
Tad Williams & Deborah Beagle
Die Drachen der Tinkerfarm
(The Dragons of the Ordinary Farm)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Hans-Ullrich Möhring
Titelillustration von Kerem Beyit
Klett-Cotta, 2009, Hardcover, 380 Seiten, 19,90 EUR, ISBN 978-3-608-93821-0
Von Carsten Kuhr
Tyler und Lucinda, die beiden Teenager von der Ostküste der USA, haben es nicht einfach. Seitdem ihr Vater ausgezogen und eine neue Familie gegründet hat, ist ihre Mutter nur noch genervt. Als die großen Ferien nahen, will ihre Mutter sich endlich einmal wieder eine Auszeit gönnen – und auf Männerfang gehen. Da kommt es gut, dass ein entfernter Verwandter die beiden Kinder auf seine Farm nach Kalifornien einlädt. Zwar wollen unsere beiden Stadtkinder ihre Ferien lieber zusammen mit den Freunden in der Stadt verbringen, doch wer fragt schon Kinder?
Kurz danach finden sie sich im Zug zu den Landeiern wieder. Schon als sie mit der Pferdekutsche am verlassenen Bahnhof abgeholt werden, scheinen sich ihre Bedenken zu bestätigen. Gibt es überhaupt Strom für den Gameboy auf der Farm, hat das Handy Empfang?
Kaum angekommen, werden sie auch gleich zum Arbeitseinsatz eingeteilt – und das sollen dann Ferien sein? Doch bald schon kommt ihnen einiges spanisch vor. Was nur verbergen die komischen Gestalten, die als Arbeiter auf der Farm alles am Laufen halten? Nur zu bald lernen unsere Geschwister, dass die Farm einige ganz außergewöhnliche Tiere beherbergt. Basilisken, Einhörner und Drachen werden hier, verborgen vor der Welt, geschützt und aufgezogen. Doch selbst in diesem homogenen Umfeld gibt es Neid, Intrigen, ja, Hass. Als sich dann noch herausstellt, dass unsere Geschwister die besonderen Familiengaben ihrer Vorfahren geerbt haben, wird es richtig gefährlich für unsere Beiden ...
Tad Williams ist ein Name, der Leseraugen aufleuchten, und Verlagschefs sich ob der Umsätze die Hände reiben lässt. Mit seinen Zyklen um Otherworld, den Drachenbein-Thron oder der „Shadowmarch“Trilogie hat er die Genres zu neuen Ufern geführt, hat Leser mit seiner Sprachgewalt beeindruckt und mit seinem Phantasiereichtum verblüfft.
Nun also legt dieser Ausnahme-Autor sein erstes Jugendbuch, den Start einer neuen Serie, vor. Und er schreibt diese nicht allein. Seine Ehefrau nimmt auf dem Beifahrersitz Platz, der Verlag verwöhnt den Leser zudem mit passenden Originalinnenillustrationen und schon geht es auf ins Abenteuer.
Inhaltlich erinnert das Buch an Brandon Mulls „Fabelheim“. Verborgen vor der Welt schützt ein alter Sonderling in einem abgelegenen Reservat innerhalb der USA magische Wesen vor Ausrottung und Missbrauch.
Angriffen von außen muss man sich ebenso erwehren, wie Verrat von innen. In diese Welt kommen nun zwei Kinder, durch deren staunende Augen wir diese uns so märchenhaft erscheinende Welt erblicken.
Was auf den ersten Blick nur faszinierend und bezaubernd erscheint, das hat aber seine Tücken und Gefahren. Hier wie dort werden unsere beiden Erzähler in die gefahrvolle Auseinandersetzung hineingezogen, erkennen ihr Erbe und geraten dadurch in Gefahr. Von der Grundanlage her also bislang – noch, zumindest – nichts überwältigend Neues.
Auffallend, dass von der sonstigen Wortgewalt Tad Williams kaum etwas zu spüren ist.
Vor dem Auge des Lesers breitet sich dieses Mal kein großes Panorama einer anderen, fremden Welt aus, stattdessen herrscht auf den ersten Blick ländliches Familienidyll vor. Wo, so fragte ich mich während der Lektüre, bleibt die Fähigkeit Williams', seine Leser in eine fremde Welt zu entführen und diese minutiös und überzeugend auferstehen zu lassen?
Das Gebotene bewegt sich stattdessen im üblichen Jugendbuchbereich. Der böse Milliardär, der das Refugium bedroht, der vernachlässigte Junge, der um Anerkennung bemüht ist, die despotische Übermutter, der verwirrte Professor – das sind Stereotype, die ich so bei Williams nicht erwartet hätte.
Nicht, dass sich das Buch nicht flüssig lesen würde, dass der Plot nicht spannend und kurzweilig aufbereitet wäre, doch das Besondere, das ich von dem Autor bislang gewohnt war, fehlt dieses Mal leider gänzlich.
Gute Durchschnittskost, leider nicht mehr.
hinzugefügt: August 31st 2009 Tester: Carsten Kuhr Punkte: zugehöriger Link: Klett Cotta Hits: 2938 Sprache:
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