Phil Hester
Darkness 1
Verflucht
(Darkness 1 – 6: Empire, Part 1 – 6,,2007/08)
„The Darkness“ wurde erdacht von Marc Silvestri, Garth Ennis und David Wohl
Aus dem Amerikanischen von Claudia Fliege
Titelillustration von Michael Broussard
Zeichnungen von Michael Broussard, Dale Keown & Joe Weems (Kapitel 3: Flashback-Sequenz), Ryan Winn u. a.
Panini, 2009, Paperback mit Klappenbroschur, 148 Seiten, 16,95 EUR
Von Irene Salzmann
„The Darkness“ war nach der „Witchblade“ der zweite Topseller von Top Cow, jenem Image-Label von Marc Silvestri, dem neben den Studios von Todd McFarlane („Spawn“, „Sam & Twitch“) und Jim Lee („WildC.A.T.s“, „Divine Right“) der größte Erfolg beschieden war und ist. Gründe für die positive Leser-Resonanz waren von jeher, dass die Serien nicht den üblichen Superhelden-Schemata entsprachen, sondern eine eigene Richtung einschlugen, die den geänderten Lesebedürfnissen der Comic-Fans entgegenkamen:
Die Protagonisten waren nicht länger makellose Helden und eindimensionale Kämpfer für das Gute, sondern Personen mit Stärken und Schwächen, die sich in einer Grauzone mit Tendenz zum Dunklen bewegten, mitunter unpopuläre Entscheidungen treffen und kleinere Opfer bringen mussten, um größere Katastrophen zu verhindern. Auch die Themen waren anders und erfrischend neu. Hinzu kamen exquisite Illustrationen und PC-Kolorierungen, wie man sie zuvor in Serien wie „X-Men“ zu schätzen gelernt hatte.
Zunächst erschien „The Darkness“ in Deutschland bei Infinity, doch gab der Verlag vor einigen Monaten den Comic-Sektor auf, und nun werden die Serien größtenteils von Panini fortgesetzt. Das vorliegende Paperback schließt nahtlos an die letzte Heftnummer von Infinity an, so dass treuen Sammlern keine Episode fehlt.
Der Band beinhaltet sechs US-Ausgaben und eine relativ abgeschlossene Storyline, durch die Neueinsteiger – auch Dank einer informativen Zusammenfassung der Vorgeschichte – leicht in das spannende Abenteuer einsteigen können.
Der Mafia-Killer Jackie Estacado erfährt an seinem 21. Geburtstag, dass er der Erbe einer gewaltigen Macht ist, der Darkness (dem Gegenstück zu Angelus und Witchblade). Sie umhüllt seinen Körper mit einer Rüstung und heilt jede Verletzung innerhalb kürzester Zeit. Zudem verfügt er über Superkräfte und schafft sich seine eigene Armee, die Darklings. In seinem Gewerbe sind solche Fähigkeiten durchaus nützlich, aber die Angelegenheit hat auch einen Haken: Sobald er einen Sohn zeugt, geht die Macht auf diesen über und tötet ihren Vorbesitzer.
Nach einigen Jahren, die sich Jackie an verschiedenen Orten herumgetrieben hat, lässt er sich in Sierra Munoz nieder und stürzt den vormaligen Diktator. Mit Hilfe des Wissenschaftlers Kirchner, der die Kraft der Darkness studieren durfte und Jackie bei verschiedenen Problemen von Hilfe sein konnte, kreiert Jackie eine Droge, die auch unter der Bevölkerung seines Landes verbreitet wird und die Rebellen dazu bewegt, eine Allianz mit dem amerikanischen Militär einzugehen. Ihr gemeinsames Ziel ist der Tod von Jackie Estacado und der Stopp des Drogenvertriebs.
Während Jackie gegen diese Gegner kämpft, bemerkt er nicht den Verrat in den eigenen Reihen. Sein Geschöpf Elle, das ihm all die Freuden schenkt, die ihm mit Frauen verwehrt sind, wird von Kirchner manipuliert. Gegen ihren Willen wird Elle schwanger und trägt das Kind innerhalb weniger Tage aus – und es ist reine Darkness. Elle stirbt bei der Geburt, das neue Wesen der Finsternis tötet Kirchner und wendet sich nun gegen Jackie, der seine Kraft verloren hat, nach einer verheerenden Explosion wie durch ein Wunder immer noch lebt und bloß eine Chance hat…
Die Story ist nicht nur spannend erzählt, sondern auch sehr geschickt aufgebaut durch verschiedene Zeitebenen, Schauplätze und Protagonisten. Während auf der Ebene die Gegenwartshandlung vorangetrieben wird, erfährt man aus einer zweiten, wie es überhaupt zu dieser Situation hatte kommen können. Wie ein Puzzle setzt sich bis zum Finale die Geschichte zusammen, und selbst Details, die zunächst nebensächlich schienen, erweisen sich als wichtig und sorgen für eine schlüssige Lösung.
Jackie Estacado alias the Darkness ist ein Antiheld – eigentlich ein ‚Böser’, doch hat ihn sein Umfeld zu dem gemacht, was er ist: ein Killer, der erst einmal an sich denkt. Und trotzdem sympathisiert man mit ihm, denn jene, gegen die er vorgeht, sind noch viel schlimmer. Es gibt Personen, die Jackie beschützen möchte, da sie ihm viel bedeuten, doch immer kommt es zu einer Tragödie, durch die ihm jene Rettungsanker, die in ihm einen Funken Menschlichkeit am Glimmen halten, genommen werden, so auch Elle, und das auf eine Weise, für die zweifellos „Alien“ Pate stand. Auch wenn Jackie diesmal durch Drogen sein Geld macht und keinen Gedanken an die Opfer verschwendet, so zwingen ihn die Umstände letztlich zu einer Kursänderung. Er verfügt über die notwendigen Mittel und steht zu seinem Wort. Das versöhnt dann wieder die Leser.
Die Storyline findet ihren Abschluss in der Andeutung eines Neuanfangs; man darf also gespannt sein, wie es weiter geht. Die ansprechenden, realistisch-idealistischen Zeichnungen – sehr schön auch die Cover-Galerie am Ende des Bandes - machen Lust auf mehr.
Die Fans von Serien wie „Witchblade“, „Magdalena“, „Hunter-Killer“ usw. dürfen sich freuen, dass „Darkness“ fortgesetzt wird und genauso spannend und großartig gezeichnet ist wie früher. Wer den Titel noch nicht kennt, hat nun eine gute Gelegenheit einzusteigen. Es lohnt sich, denn Band 1 bietet eine nachvollziehbare, packende Story und klasse Illustrationen. Außerdem ist das Paperback solide gemacht und seinen Preis von EUR 16.95 wirklich wert.