Orbital 2.1
Nomaden
(Orbital 3. Nomades)
Text: Sylvain Runberg
Zeichnungen: Serge Pellé
Übersetzung: Tanja Krämling
Lettering: Delia Wüllner-Schulz
Splitter, 2009, Hardcover, 56 Seiten, 13,80 EUR, ISBN 978-3-939823-50-6
Von Frank Drehmel
Die beiden Agenten der IDA – der Interweltlichen Diplomatischen Abteilung -, der Mensch Kaleb Swany und sein/e Partner/in, der/die Sandjare Mezoke Izzua, befinden sich in Kuala Lumpur, um dort der bevorstehenden Versöhnungszeremonie beizuwohnen, durch die Jahre nach der Beendigung der Kampfhandlungen endlich ein Schlussstrich unter den Krieg der beiden Spezies gezogen werden soll, als sie einen neuen Auftrag erhalten: vor der malaysischen Küste, in einen der ersten Gebiete der Erde, in denen Fischfang wieder ökonomisch sinnvoll ist, finden Fischer die entstellten Kadaver von Meerestieren in ihren Netzen. Von den Männern und auch von offizieller Seite wird gemutmaßt, dass dahinter die kürzlichen in den nahegelegenen Mangrovensümpfen gelandeten Aliens, die durch das All nomadisierenden Rapakhuns, stecken könnten. Swany und Izzua sollen der Sache auf den Grund gehen, wobei es von entscheidender Bedeutung ist, dass insbesondere das Vorgehen des Erdlings nicht in den Ruch des „Rassismus“ gerät, da den Menschen von vielen Völkern der interstellaren Konföderation immer noch mit Misstrauen begegnet wird.
Für Kaleb bedeutet dieses nicht nur, dass er es schaffen muss, die malaysischen Behörden zur Zurückhaltung zu bewegen und ein Auge auf die Fischer zu haben, die sich um ihre Fanggründe und ihren Lebensunterhalt sorgen, sondern dass er auch seine eigenen Vorurteile gegenüber den äußerst fremdartigen, kannibalistischen Rapakhuns in den Griff bekommen sollte. Überschattet werden die Ermittlungen zudem durch das Eintreffen der sandjarischen Gesandten, deren Auftreten Izzua vor Augen ruft, dass er/sie sich mit dem politischen Weg, dem sein/ihr Volk seit Langem folgt, nicht mehr identifizieren kann und will.
Als die Ermittlungen – die Befragung der Aliens sowie die Untersuchung der gefundenen Kadaver – keine Aufschlüsse über den Verursacher des Fischsterbens geben, in den Mangrovensümpfen jedoch nun Menschen von einer unbekannten Macht getötet werden, entschließen sich die beiden Agenten, den Planeten aufzusuchen, auf dem die Rapakhuns zuvor Station gemacht hatten.
Nach dem Doppelband mit dem Titel „Brüche“, welcher das komplette erste Abenteuer der beiden IDA-Agenten erzählte, schildert „Nomaden“ den Beginn der zweiten Mission Swanys und Izzuas.
Wie gehabt ist Sylvain Runbergs primäres Anliegen nicht vordergründige Action oder die Inszenierung hohler Poser, sondern der Entwurf einer im Sinne einer Social Fiction komplexen Welt, in der sowohl plausible Gesellschaftsstrukturen, als auch die Psychologie der Figuren zu handlungsbestimmenden Größen werden.
Verglichen mit zahlreichen anderen Veröffentlichungen des SF-Comic-Mainstreams wirkt „Nomaden“ durch seine Rückblenden in die Vergangenheit der beiden Hauptprotagonisten sowie die Fokussierung auf die diplomatischen Verwicklungen und eine eher „klassische“ Detektiv-Geschichte vor einem utopischen Hintergrund relativ behäbig erzählt, so dass Fans epischer Space Operas wahrscheinlich nicht auf ihre Kosten kommen. Nichtsdestotrotz ist die Geschichte originell, spannend konstruiert und bietet nicht zuletzt durch die Rapakhuns Einiges an exotischem SF-Flair.
Das Artwork Pellés ist gleichermaßen unspektakulär in dem Sinne, dass es sich ganz in den Dienst der Geschichte stellt, wie visuell eigenständig und ansprechend, auch wenn es ihm etwas an Dynamik mangelt. Die Kolorierung verleiht mit ihren ins Schmutzige spielenden, pastellhaften, dominanten Braun-, Blaugrau- und Gelb-Tönen der Geschichte eine fast schon surreale, auf jeden Fall jedoch intensive Atmosphäre.
Fazit: Eine ambitionierte, ruhig erzählte und fesselnde Science-Fiction-Geschichte, die weniger durch Action und Bilder als vielmehr durch den interessanten Hintergrund sowie die starken Charaktere lebt.