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Meyer, Kai: Die Geisterseher (Hörspiel)
Kai Meyer
Die Geisterseher
Sprecher: Hasso Zorn, Marius Claren, Markus Pfeiffer, Sven Plate, Andreas Fröhlich, Celine Fontanges u.a.
Zaubermond, 2009, 6 CDs, ca. 280 Minuten Laufzeit, ca. 29,95 EUR
Von Sandra Busch
Unruhige Zeiten im ehrwürdigen Weimar von 1805. Erst bricht ein Schauspieler tot zusammen, als Goethe seinen Faust aufführt, dann liegt Schiller sterbenskrank darnieder. Und mitten in der Szenerie die Brüder Grimm, die den beiden Dichterfürsten ihre Aufwartung machen wollen und stattdessen in ein finsteres Komplott um ein geheimnisvolles Manuskript geraten...
Historische Krimis gibt es mittlerweile wie Sand am Meer, ein ganzes Genre hat sich daraus entwickelt. Doch bedeutet historisch hier meist, dass die Geschichte anno Schnee spielt, mehr aber auch nicht.
Kai Meyer hat mit „Die Geisterseher” dagegen eine ganz besondere Art des historischen Krimis erschaffen. Denn hier sind die Hauptakteure keine normalen Leute, sondern die Brüder Grimm.
Die uns durch ihre Märchen bekannten Brüder besuchen ihr Vorbild Goethe in Weimar und statten auch dem kranken Schiller einen Besuch ab. Er übergibt ihnen ein geheimnisvolles Manuskript, das man ihnen auf dem Rückweg stiehlt. Auf der Suche nach dem Täter geraten die Brüder bald in ein ungeahnt großes Komplott aus Lügen, Intrigen, Geheimnissen und unangenehmen Wahrheiten.
Das Besondere ist, dass Kai Meyer als Charaktere hauptsächlich bekannte, historische Personen gewählt hat. So trifft man neben den Brüdern Grimm, Goethe und Schiller unter anderem auch auf E.T.A. Hoffmann. Heute sind viele von ihnen hoch angesehen. Umso gewagter, ihnen dann kriminelle oder okkulte Taten „anzudichten”. Doch macht genau das einen wesentlichen Reiz der Geschichte aus.
Da ich verschiedene Personen gar nicht kannte, habe ich im Internet dann mal nach ihnen recherchiert und festgestellt, dass Kai Meyer sich bei den Charakteren, ihren Lebensumständen und ihrem Lebenslauf zum größten Teil an überlieferte, belegte Tatsachen gehalten hat. Es ist schon sehr genial, um diese Fakten herum einen schaurigen Krimi zu spinnen.
Nun kennt man Kai Meyer heute als Fantasy-Autor, doch mit Fantasy haben „Die Geisterseher” nichts zu tun. Hier geht es - der Untertitel ein unheimliches Hörspiel (...) verrät es - viel eher gruselig zu. Da gibt es einige Szenen, die dieses Prädikat verdienen. Leider für meinen Geschmack aber auch ein paar zu wenig. Bitte nicht falsch verstehen, ich brauche nicht alle zehn Minuten einen ausgeweideten Leichnam um mich unterhalten zu fühlen, aber die Passagen zwischen den unheimlichen Szenen sind schon recht lang und da büßt die Geschichte in Sachen Grusel doch einiges ein.
Gewöhnungsbedürftig ist auch der „Erzähler”, bei dem es sich um den gealterten Wilhelm Grimm handelt, der diese Geschichte berichtet. Nun bin ich noch nie ein Freund altertümlicher Sprache und Ausdrucksweise gewesen, aber ich verstehe, dass dies wichtig ist um solch einer Geschichte Authentizität zu verleihen. In den Dialogen geht das auch völlig in Ordnung, Dialoge sind schließlich im Allgemeinen sehr lebendig, doch Wilhelms Erzählpassagen sind schon recht lang und kommen häufig vor, da wird es dann anstrengend und vor allem bremst es die Handlung auch manches Mal einfach aus.
Insgesamt 28 Sprecher wirken bei diesem Hörspiel mit und jeder einzelne Name lässt einem Hörspiel-Fan das Herz im Leibe hüpfen. Um nur einige zu nennen: Andreas Fröhlich, Hasso Zorn, Gerlach Fiedler, Konrad Halver, Marius Claren, Celine Fontanges und Brigitte Grothum. Wie bei dieser Besetzung nicht anders zu erwarten, findet man hier nicht den kleinsten Aussetzer. Ich denke, es war die richtige Entscheidung, eine solch prominente Riege für „Die Geisterseher” auszuwählen. Alles andere wäre dieser Geschichte nicht gerecht geworden.
Bei der Inszenierung hat man ebenso viel Sorgfalt walten lassen, es gibt kaum eine Szene ohne Untermalung. Diese kommt meist düster und bedrückend aus den Lautsprechern, passend zu den Ereignissen in der Geschichte. An manchen Stellen, an denen die Brüder Grimm zum Beispiel eine große Überraschung erleben oder an denen sie Zeuge schauerlicher Ereignisse oder Taten werden, hätte die Musik für mich aber doch ein wenig bombastischer daher kommen dürfen. Ich denke nicht, dass das der Atmosphäre geschadet hätte.
An der Geräuschkulisse gibt es dagegen rein gar nichts auszusetzen.
„6 CDs”, das springt einen vom Cover aus förmlich an. Hätte dieser Hinweis nicht nachher auf der Folie völlig ausgereicht? Das Cover ist so schön, ich finde es ehrlich bedauerlich, dass darin dieser leuchtend rote Punkt prangt. Einmal mit dem Ausklappen des Digipacks angefangen, fragt man sich schon bald, wie viele „Seiten” es denn noch gibt. Hat man es komplett entfaltet, sitzt man tatsächlich mit weit ausgebreiteten Armen da, der Wahnsinn! Aber gut, sechs CDs wollen eben untergebracht werden. Wobei ich ja der Meinung bin, ein Hörspiel von 280 Minuten hätten sich auch leicht auf vier CDs bannen lassen.
Im Booklet sind 21 der Sprecher namentlich, mit kurzer Beschreibung ihrer Arbeit und teilweise auch mit Foto aufgeführt. Da macht es Spaß, darin zu blättern.
Fazit: Kai Meyer hat mit „Die Geisterseher „eine interessante und fantasievolle Geschichte erdacht, die Zaubermond Audio ausgezeichnet als Hörspiel umgesetzt hat. Spannend, düster, besetzt mit erstklassigen Sprechern, dazu eine gelungene Inszenierung, Zaubermond Audio versteht eindeutig sein Handwerk.
hinzugefügt: October 26th 2009 Tester: Sandra Busch Punkte: zugehöriger Link: Zaubermond Hits: 2529 Sprache:
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