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Strazzulla, Chiara: Dardamen – Gefährten der Finsternis (Buch)

Chiara Strazzulla
Dardamen – Gefährten der Finsternis
(Gli eroi del crepuscolo, 2008)
Aus dem Italienischen von Katharina Schmidt und Barbara Neeb
Titelgestaltung von HildenDesign, München unter Verwendung einer Illustration von John Jude Palencar
Karte von Erhard Ringer
cbj, 2009, Hardcover, 800 Seiten, 19,95 EUR, ISBN 978-3-570-13741-3

Von Irene Salzmann

Nachdem die Ewigen von Gott auf die Welt gebracht wurden, lebten sie viele Generationen in Harmonie mit den Menschen und all den anderen Völkern. Im Laufe der Zeit entfremdeten sie sich jedoch voneinander, und selbst durch die schrecklichen Kriege konnten die Völker nicht wieder so zusammengeschweißt werden wie in dem vergangenen goldenen Zeitalter. Nach einigen Jahren der Ruhe plant nun ein neuer Herr der Finsternis, sich alle Lebewesen untertan zu machen. Die Ewigen stehen diesmal ganz allein dem Feind gegenüber, denn die alten Bündnisse gerieten in Vergessenheit.
Es kommt aber noch schlimmer: Der Herr der Finsternis entführt Prinzessin Eileen und erpresst mit ihrem Leben die Ewigen. Lyannen, halb Ewiger, halb Sterblicher, der trotz der Standesschranken in das Mädchen verliebt ist, bricht zusammen mit einigen mutigen Gefährten auf, um die Geisel zu befreien. Keiner der jungen Männer ahnt, worauf er sich einlässt und welches Schicksal ihn erwartet.
Auf dem Weg zum Druidenkreis schließen sich ihnen weitere Kämpfer an, und das ist auch gut so. Lyannen kann jegliche Hilfe brauchen, denn der Herr der Finsternis ist weit grausamer und mächtiger als sein Vorgänger…


Wenn junge Fans ihr erstes großes Fantasy-Epos schreiben, dann merkt man dem Werk die Quellen, aus denen geschöpft wurde, deutlich an. So auch bei „Dardamen“: „Der Herr der Ringe“, „Urshurak“, „Das Schwert von Shannara“ und andere standen Pate.
Man findet die üblichen Völker (die Ewigen = Elben/Elfen, Trolle, Kobolde, Goblins, Zentauren…) und die gängigen Archetypen (der unterschätzte Außenseiter, der wahre Thronfolger, die hilflose Prinzessin, die männermordenden Amazonen, der finstere Magier…). Die ‚Guten’ sind groß, schön und edel, die ‚Bösen’ klein, hässlich und verschlagen, Grauzonen gibt es nicht, wohl aber Personen, die die Seiten wechseln und dadurch für Überraschungen sorgen. Auch die Szenarien wirken vertraut (Dardamen ist eine unvergleichliche Stadt und erinnert an Gondolin, Mymar an Lothlorien, die Baum-Golems der Wächterinnen an den Wald der Ents, Feenquell an Avalon, der Druidenkreis an Stonehenge …). Wie immer ist der Süden schön und fruchtbar, der Norden öde - nomen est omen bei Ortsnamen ist Gang und Gäbe. Der Konflikt ist bombastisch und ebenfalls nicht neu, denn ‚Gut’ kämpft gegen ‚Böse’, vom Ausgang der Schlacht hängt das Schicksal der ganzen Welt ab, und eine Handvoll Helden stellt das Zünglein an der Waage dar.

Der Roman beginnt recht zäh. Zunächst beschreibt die Autorin den mythischen und historischen Hintergrund ihrer Welt. Dann befindet man sich auch schon mitten in der Handlung. Die ersten wichtigen Charaktere werden vorgestellt, wobei ihrem Aussehen und ihrer Kleidung sehr viel mehr Platz eingeräumt wird als ihren individuellen Eigenarten und Fähigkeiten. Man erfährt vom Krieg und den Problemen mit den Verbündeten, von einer nicht standesgemäßen Liebe und einer Entführung, vom Plan einiger junger Leute, die die Prinzessin befreien wollen, und wie sie ihn durchsetzen. Es wird viel geredet, und bis die Reise endlich beginnt, vergehen 100 Seiten (noch in den 1970er Jahren hätten die Vorbereitungen nur 10 Seiten gedauert).
Auch nach dem Aufbruch plätschert die Handlung friedlich vor sich hin. Die zunächst vier jungen Männer haben überhaupt keinen konkreten Plan, keinerlei Erfahrungen, und man fragt sich allen Ernstes, wie kluge Strategen solche Kindsköpfe mit einer wichtigen Mission betrauen können – eine vage Prophezeiung ist eine recht dünne Begründung. Sicherlich hätte man den einen oder anderen erfahrenen Kämpfer aussenden können, der mit den Örtlichkeiten vertraut ist und keine solchen Anfängerfehler begehen würde wie diese Dreihundertjährigen, die sich wie Fünfzehnjährige aufführen. Selbst wenn Unsterbliche langsamer reifen, was haben sie dann in all den Jahren überhaupt gelernt?! Den Krieg halten sie immer noch für ein Spiel und sehnen sich nach der ersten Schlacht… Mit mehr Glück als Verstand erreichen sie weitere 100 Seiten später ihr letztes ruhiges Quartier, nachdem sie zwei neue Gefährten gewinnen konnten und sich auch die übrigen Beobachter als Freunde entpuppt haben.
Dann gibt es tatsächlich den ersten Kampf, die Helden tragen kleine Blessuren davon, einer stirbt, und ein nützliches Artefakt braucht weitere 100 Seiten, um die Tragödie zu richten. In der Zwischenzeit und im Anschluss wendet sich die Autorin verstärkt anderen Schauplätzen zu, führt weitere Figuren ein, die später ihre vorhersehbaren Geheimnisse enthüllen, bringt so manchen Einzelgänger mit einem Gesinnungsgenossen, aber auch junge Männer und Frauen zusammen und erzählt Geschichten in der Geschichte. So geht es weiter, ohne dass die vermehrt geschilderten Kampfhandlungen Spannung erzeugen oder es überhaupt herausragende Höhepunkte gibt - bis zum Showdown und dem anschließenden ‚Aufräumen’ auf den letzten 100 Seiten.

Wer schon so manchen Fantasy-Roman und insbesondere die genannten Titel gelesen hat, kann durchaus auf „Dardamen“ verzichten. Vor allem das reifere Publikum wird mit diesen kindlichen Helden, ihren eindimensionalen Gegenspielern und der harmlosen Handlung nicht viel anfangen können. Zwar packt die Autorin eine Menge in die Geschichte hinein, aber weniger wäre hier mehr gewesen. Durch eine straffere Handlung, nicht so viele, aber dafür individuell gestaltete Schauplätze und Charaktere, weniger und dafür realistisch ausgearbeitete Konflikte hätte der Roman gewinnen und an Spannung zulegen können.

Hingegen Leser und vor allem Leserinnen zwischen 12 und 16 Jahren, deren Vorstellung von Fantasy durch die „Herr der Ringe“-Kinofilme geprägt wurde, werden exakt das vorfinden, was sie sich wünschen. Die Handlung ist clean und nicht unnötig grausam, die Zahl der tragischen Opfer erfreulich klein, die Reise durch eine Phantasiewelt beinahe so nett wie eine Kaffeefahrt, die Repräsentanten der verschiedenen Völker und ihre Kümmernisse beziehungsweise Geheimnisse werden ausführlicher geschildert als die Kämpfe. Romantik ist kein großes Thema, Sex schon gar nicht – die Protagonisten haben schon Angst, sich zum Baden auszuziehen.

Die Autorin zieht ihre Story trotz zahlreicher Schauplätze, Protagonisten und kleinerer Konflikte sicher bis ans Ende durch und weiß auch zu fabulieren. Der Ausgang ist für erfahrene Leser vorhersehbar. Als Debütroman einer so jungen Autorin (Chiara Strazzulla verfasste den Band im Alter von 17 Jahren) und als Jugendbuch geht „Dardamen“ in Ordnung, wenn man es weitschweifig und harmlos mag.
Genre-Fans mit Lese-Erfahrung erwarten von einem 800-Seiten-Wälzer jedoch mehr.

hinzugefügt: November 12th 2009
Tester: Irene Salzmann
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