Natalie Wormsbecher
Life Tree’s Guardian 1
Tokyopop, 2009, Taschenbuch, 174 Seiten, 6,50 EUR, ISBN 978-3-86719-631-4
Von Irene Salzmann
Die Schülerin May gerät auf dem Heimweg an eine Gruppe Jugendlicher, die auf Ärger aus ist. Es gelingt ihr davonzulaufen, und glücklicherweise gehen die Kerle weiter, als sich May in einer Sackgasse verirrt. Zum Aufatmen bleibt ihr jedoch keine Zeit, denn eine vermummte Gestalt taucht auf dem Nichts auf und schleudert einen verletzten Wolf von sich.
Kaum ist der Unbekannte wieder verschwunden, kümmert sich May um das bewusstlose Tier. Ihre Mutter, eine Tierärztin, versorgt seine Wunden – und am anderen Tag ist er spurlos verschwunden. Nicht weit von der Praxis findet May den Wolf, der zu ihrer großen Überraschung spricht und sie vor einer Gefahr zu warnen versucht. Doch zu spät! Ein Windgeist greift an, den May mit Hilfe eines Stabes, den ihr das Tier gab, vertreiben kann.
Nun endlich erzählt Wolf, wie er sich selber nennt, seine Geschichte. Er ist in seiner Welt der Wächter des Lebensbaums. Dessen Herz ist ein magischer Kristall, der alle Wünsche erfüllen kann und darum die Gier vieler Menschen weckt. Als der Zauberer Yorik das Herz zu stehlen versuchte, verletzte er Wolf, und der Kristall zerbrach in fünf Splitter, die in Mays Welt gelangten. Wolf muss nun die Splitter, die von Baumgeistern bewacht werden, vor Yorik finden, aber die Kräfte des Wächters sind fort, und wenn kein Wunder geschieht, wird seine Heimat untergehen.
May braucht nicht lange zu überlegen. Natürlich will sie Wolf helfen – aber ist sie dieser gefährlichen Aufgabe gewachsen?
Der erste Band von Natalia Wormsbechers Serie „Life Tree’s Guardian“, die auf fünf Bände (fünf Splitter) angelegt ist, beginnt sehr vielversprechend.
Ganz in der Tradition der großen Vorbilder aus Japan hat die Künstlerin ein typisches Setting entworfen, einen Mix aus Schüler-Milieu, Fantasy-Welt und Magical-Girl-Zauber. Auch die Figuren-Konstellation ist entsprechend, denn die Heldin ist ein liebes, tapferes Mädchen, an Mays Seite steht mit June eine treue Freundin, die nach anfänglichem Unglauben ebenfalls helfen will, und natürlich haben beide einen Love-Interest, zum einen Junes Sandkastenfreund Kyle, zum anderen den attraktiven Erik aus dem Leichtathletik-Kurs. Ob es Zufall ist, dass er wie Yorik aussieht? Der Zauberer scheint der gnadenlose Gegenspieler zu sein, und welche Pläne er verfolgt, wird hier noch nicht verraten. Hinzu kommen Wesen wie der Wolf und die Baumgeister, die man ebenso aus Märchen kennt wie die Prüfungen, denen sich May stellen muss. Wieder einmal hängt vom Ausgang der Mission das Schicksal einer ganzen Welt ab.
Auch stilistisch eifert die Künstlerin den Mangaka aus Fernost nach. Ihre Figuren haben große Augen, wehendes Haar und das Kindchenschema, sie tragen Schuluniformen und stehen oft mit nach innen gedrehten Füßen da (weil das niedlich wirkt…), die Personen werden in den Mittelpunkt des Geschehens gerückt, die Hintergründe sind nur ab und zu ausgeführt. Vermutlich haben Profis wie Haruka Fukushima, Arina Tanemura, Nana Haruta, Mayu Sakai und andere die romantische School-Comedies mit und ohne phantastische Elemente für Leserinnen ab 12 Jahren zeichnen, mit ihren Werken Pate gestanden.
Mag man dieses Genre und/oder interessiert sich für die Produkte einheimischer Künstler, sollte man „Life Tree’s Guardian“ eine Chance geben, denn Natalia Wormsbecher („Dämonenjunge Lain“, „Summerrain“ etc.) braucht sich nicht zu verstecken und vermag mit ihrer neuen Serie zu überzeugen. Diese entspricht dem, was man es gewohnt ist, und doch ist sie ein bisschen anders. Man darf gespannt sein, wie es weiter gehen wird.