Clamp (Satsuki Igarashi, Ageha Ohkawa, Tsubaki Nekoi, Mokona Apapa)
Magic Knight Rayearth Sammelband 1
(Mahou Kishi Rayearth 1 – 3, 1994/95)
Aus dem Japanischen von Antja Bockel
Carlsen, 2009, Taschenbuch, 602 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 978-3-551-75664-0
Von Irene Salzmann
Die Mittelschülerinnen Hikaru, Fuu und Umi werden von Prinzessin Emeraude nach Cephiro gerufen, damit sie die bösen Geister finden und zu Magic Knights werden, um die phantastische Welt vor dem bösen Soru-Priester Zagato retten zu können. Der Zauberer Clef stattet die drei mit Rüstungen aus und schickt sie zur Schmiedin Presea, die ihnen einige ihrer Waffen leiht, bis die Mädchen ihr das Metall Escudo bringen, aus dem sie dann für jede eine ganz spezielle, sich entwickelnde Waffe fertigen will.
Hikaru, Fuu und Umi begegnen Freunden und Feinden, aber sie erreichen ihr Ziel, nur um mit ihren neuen Waffen erneut aufzubrechen. Auf jedes der Mädchen wartet ein böser Geist, dem bewiesen werden muss, dass die neuen Magic Knights ihrer Hilfe würdig sind. Geführt werden sie von dem kleinen Wesen Mokona, der offenbar mit Clef in Verbindung steht und über einige erstaunliche Fähigkeiten verfügt.
Der Beweis, dass Hikaru, Fuu und Umi die Macht der Mashin, wie sich die bösen Geister nennen, verdienen, geht einher mit den Attacken von Zagatos Handlangern. Die Mädchen können die Gegner unter Mühen besiegen, aber nicht allein durch Magie und Waffengewalt sondern vor allem durch Güte und Verständnis. Auch die Bande der Freundschaft spielen eine wichtige Rolle.
Als alle Hürden gemeistert sind, steht den dreien der Kampf gegen Zagato bevor – aber eine noch viel größere und vor allem böse Überraschung wartet auf die Magic Knights…
„Magic Knight Rayearth“ besteht aus zwei Trilogien, die bereits vor einigen Jahren bei Carlsen erschienen, lange vergriffen waren und nun in Form zweier Sammelbände neu aufgelegt wurden - wie auch „Card Captor Sakura“ bei EMA, was zweifellos dem großen Erfolg von „Tsubasa Reservoir Chronicle“ zu verdanken ist, einer Shonen(!)-Serie von Clamp, in der zahlreiche Charaktere aus verschiedenen Reihen der Künstlergruppe („RG Veda“, „X 1999“, „Tokyo Babylon“…) modifiziert auftauchen. Natürlich möchten auch die jüngeren Fans erfahren, welche ursprüngliche Geschichte die jeweiligen Figuren haben, und die Nachdrucke machen es möglich.
Der vorliegende Titel zählt fast schon zu den Genre-Klassikern, und man merkt ihm auch an, dass er aus den 1990er Jahren stammt. Vergleichen lässt sich „Magic Knight Rayearth“ mit Magical Girl-Serien wie zum Beispiel „Sailor Moon“, „Wedding Peach“ und „Kamikaze Kaito Jeanne“. Ihnen ist gemein, dass junge Schulmädchen unverhofft aus ihrem Alltag gerissen werden, zu Kämpferinnen für das Gute mutieren und eine wichtige Aufgabe erfüllen müssen. Der Kampf gegen Dämonen oder andere finstere Mächte und die Rettung der eigenen oder einer anderen Welt sind der Dreh- und Angelpunkt, oft noch verknüpft mit einem persönlichen Anliegen wie der Rückkehr nach Hause oder der Aussicht auf eine besondere Belohnung, sobald die Mission erledigt ist.
Das Abenteuer schweißt Hikaru, Fuu und Umi, die sich nicht kannten, sehr schnell zu Freundinnen zusammen, die einander niemals im Stich lassen und lieber sich selbst opfern würden, bevor einer der anderen ein Leid geschieht. Das Thema Mädchenfreundschaft und auch das Schwärmen für ein anderes Mädchen findet man häufig bei Clamp, manchmal mit einer Tendenz zu Yuri. Aus dieser Zuneigung schöpfen die Protagonistinnen immer neue Kraft und beeindrucken ihre Beobachter, vor allem ihre Gegner und die Mashin.
Im Laufe der Handlung entwickeln sich die Charaktere zwar nicht weiter, wohl aber ihre Rüstungen, Waffen und magischen Fähigkeiten. Sie wachsen an den immer mächtigeren Gegnern und den Aufgaben, die zu erledigen sind. Das kennt man auch aus „Saint Seiya“, „Kenshin“, „Samurai Deeper Kyo“ etc.
Freundschaft und Action stehen im Vordergrund, doch gibt es auch das typisch ‚nervige Gekreische’ und das ‚niedliche Schoßtier’ (ob Mokona, der eine gewisse Ähnlichkeit mit Pikachu hat, nach der gleichnamigen Zeichnerin von Clamp benannt wurde?), das vielen Comic-Fans die Mangas in ihren frühen Jahren verleidet hat.
Die superdeformierten Abbildungen halten sich in Grenzen, aber der Stil der Reihe ist an sich schon recht comichaft und ‚typisch Shojo’, d. h. breite Gesichter mit winzigen Nasen und Mündern, riesige Augen, Kindchenschema, wehendes Haar, schmaler Körper, lange Extremitäten, verspielte Kleidung. Die Kampfszenen sind dynamisch, die Hintergründe eher sparsam oder symbolträchtig. Mit den Mashins wird auf die Begeisterung der Japaner für Gigant-Roboter geantwortet, die vor allem in futuristischen Shonen-Serien auftauchen („Gundam Wing“, „Saber Rider“, „Vision of Escaflowne“ etc.).
„Magic Knight Rayearth“ wirkt schon ein bisschen altbacken im Vergleich mit jüngeren Serien, aber das dürfte keinen wahren Fan stören. Clamp ist ein Name, der für ein bestimmtes Genre steht und spannende Abenteuer, sympathische Helden, einen Mix aus Humor, Drama und Action verspricht. Mag man Magical Girls, wird man sich die Gelegenheit gewiss nicht entgehen lassen, diesen Titel der Sammlung hinzuzufügen. Das dicke Taschenbuch ist zwar etwas unpraktisch zum Lesen, aber der kleine Preis von knapp 10,00 EUR für rund 600 Seiten gefällt.