Die gesammelten Abenteuer des Großwesirs Isnogud 8
Text: Jean Tabary & René Goscinny
Übersetzung: Roswith Krege-Mayer, Gudrun Penndorf M.A., Horst Berner
Lettering: Eleonore Caspart
Ehapa, 2009, Hardcover, 160 Seiten, 29,00 EUR, ISBN 978-3-7704-3188-5
Von Frank Drehmel
Die „Isnogud“-Gesamtausgabe neigt sich ihrem Ende entgegen. Mit Buch 8 ist nunmehr der vorletzte Band erreicht, der – dem bisherigen Veröffentlichungsmodus folgend – wiederum drei Einzelalben in sich vereinigt, die sich diesmal konzeptionell recht unterschiedlich ausnehmen.
Endlich Kalif! (Iznogoud enfin calife!)
In einem Moment der Schwäche lässt sich Isnogud zu dem Ausruf hinreißen: „ICH WILL NICHT MEHR KALIF WERDEN!“ Damit beginnt ein riesengroßer Schlamassel, denn schließlich schickte der gute Kalif Harun al Pussah einst seine eigenen drei Brüder sprichwörtlich in die Wüste, damit sein treuer Großwesir seine Nachfolge antreten könne, sollte etwas Unerwartetes geschehen. Diverse Hofschranzen sehen nun die Möglichkeit gekommen, sich des bösen Großwesirs zu entledigen, da er mit seiner Äußerung gleichsam ein Geschenk des Kalifen ausgeschlagen hat, worauf nichts anderes als der Tod steht. Bevor jedoch der Henker zur Tat schreiten kann, lässt sich Harun zu einem Akt der Güte hinreißen: sollte Isnogud in den nächsten zwei Wochen eine wahrhaft gute Tat vollbringen, sei ihm der Fauxpas verziehen. Doch gute Taten sind nicht des Großwesirs einziges Problem, denn irgendwo da draußen lauern noch drei potenzielle Thronfolger.
Ruchlose Machenschaften (Le piège de la sirène)
Dieser zweite Teil des Sammelbandes umfasst drei kürzere Geschichten, von denen die erste sich um eine Sirene dreht. Isnogud und sein Diener Tunichgud wandern, streitend und mit dem Schicksal hadernd, so vor sich hin, als sie plötzlich einen Singsang hören, der sie zu einer güldenen Badewanne zieht, welche die bemerkenswerte Eigenschaft hat, den in ihr Badenden – in diesem Fall das Versuchskaninchen Tunichgud - zusammen mit dem Wasser durch den Abfluss zu spülen. Der so Entsorgte landet in einem unbekannten Meer vor einer kleinen Insel, auf der eine nymphomanische Sirene dem Neuankömmling entgegenlechzt, während gleichzeitig das letzte Opfer des mannstollen Weibes die Freiheit erlangt und in der Wanne auftaucht. Isnogud sieht in dem Möbelstück eine einzige große Chance, den Kalifen zu entsorgen. Und in der Tat: das Dickerchen Harun setzt sich in die Wanne und verschwindet. Womit der Großwesir allerdings nicht gerechnet hat: im Palast hat sich mittlerweile herrumgesprochen, dass am anderen Ende des Abflusses ein liebestolles Frauenzimmer wartet, sodass bald das Personal Schlange steht, um baden zu dürfen.
Story Nummer Zwei rankt sich um verzauberte Flitzpampuschen, die ihren Träger, sobald ein Schuss mit einer verzauberten Starterpistole fällt, zum endlosen Laufen zwingen. Isnoguds Bestreben, sich des Kalifen mittels der ungewöhnlichen Fußbekleidung zu entledigen steht diesmal nichts im Weg, außer der bisherige Pampuschen-Hoflieferant, der ob der Konkurrenz nicht sehr amüsiert ist.
Die letzte Geschichte dreht sich um verzauberte Kreide, mittels deren man Löcher auf den Boden malen kann, durch welche die Hineinfallenden verschwinden. Doch wie soll Isnogud dieses Hilfsmittel nutzen, wenn der Kalif aus unterschiedlichsten Gründen jedes Mal korpulenter ist, als der Großwesir bei der Berechnung des Lochdurchmessers jeweils angenommen hat.
Isnoguds Rückkehr (Le retours d'Iznogoud)
Welcher „Isnogud“-Leser hat nicht wenigstens einmal die Frage gestellt, wie es dem Großwesir und seinem Diener regelmäßig gelingen kann, dem finalen Schicksal, das sich in so vielen Schlussbildern und – sequenzen andeutet, immer wieder zu entrinnen. Nun erfahren wird es: in 22 zweiseitigen Kurz-Geschichte werden vergangene Abenteuer alter Alben weiter gesponnen, wobei die Storys jeweils mit dem letzten Panel der Ursprungsgeschichte starten.
Auch wenn Tabary nicht mehr an die Glanzzeiten der Serie, in denen René Goscinny als Autor fungierte, anzuknüpfen vermag, da ihm – platt ausgedrückt – die erzählerische Genialität seines ehemaligen Kollegen abgeht, gestaltet sich der vorletzte Band der Reihe insgesamt etwas erfreulicher als der siebte Sammelband.
Zwar stellt sich auch der Humor des ersten Albums „Endlich Kalif!“ ähnlich hektisch und klamaukhaft dar wie beispielsweise der in „Isnoguds Kindheit“ und „Isnogud und die Frauen“ (vgl. Buch 7), aber zumindest den späteren kürzeren Geschichten ist eine erfrischende Pointiertheit nicht abzusprechen, wenngleich ihnen das intelligente Augenzwinkern, die kleinen satirischen Seitenhiebe aus vergangenen Zeit fehlen und nicht jeder Gag beziehungsweise - im dritten Teil - jede Fortsetzung wirklich zündet.
Obgleich insgesamt eine leichte Steigerung in Sachen Unterhaltungswert zu vermelden ist, gibt es eine Sache, die zunehmend zu einem Ärgernis gereicht: Tabarys Ansatz, die Figuren entweder mit dem Autor – also ihm selbst – oder dem Leser kommunizieren zu lassen, da sich jedes Mal ein Bruch in der Geschichte ergibt, ohne dass daraus ein Zugewinn an Tiefe oder Humor erwächst, das Ganze also nicht viel mehr als prätentiöse Schaumschlägerei ist.
Fazit: Neben dem nach wie vor urkomischen Artwork führen einige zündende Storys und Pointen die Serie sachte aus dem Unterhaltungstal heraus, in welchem der Vorgängerband bruchlandete.