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Gronau, Alexander A.: Der erste Zweig des Mabinogi (Buch)
Alexander A. Gronau
Der erste Zweig des Mabinogi
Pwyll Häuptling von Annwvyn
Bibliothek Nemeton, 2008, Buch im Großformat, mit rotgoldenem Kopfschnitt manufakturgefertigt, 170 Seiten, 22,95 EUR
Von Ulrich Blode
„Der erste Zweig des Mabinogi“ ist eine wundervolle Nacherzählung der keltischen Sage um den Häuptling Pwyll. Die Handlung spielt vor der Christianisierung Großbritanniens und deckt die Mythen einer naturverbundenen Gesellschaft neu auf.
Pwyll begegnet eines Tages im Wald dem Gott Arawn aus der Unterwelt. Dieses erste Treffen mit dem andersweltlichen Arawn fängt für Pwyll mit einem Missverständnis an, aber Ehrlichkeit und der gegenseitliche Respekt lassen die beiden zu Verbündeten werden. Pwyll heiratet die elbische Schimmelreiterin Rhiannon, doch diese Vermählung trifft bei den anderen keltischen Fürsten nicht nur auf Zustimmung. Sie missachten Pwylls Wünsche und reden dessen Frau schlecht. Die Uneinigkeit der Fürsten Cymmberlands (Wales) droht zu einer Katastrophe zu werden. Obwohl Rhiannon mit ihrer Anwesenheit dem Land Wohlstand gibt, allen Menschen wohlgesinnt ist und Pwyll einen Erben schenkt, wollen manche Fürsten, dass sie verstoßen wird. Erst nach Intrigen und der Tragödie um Pwylls und Rhiannon verschwundenes Kind, gelingt es, die verräterischen Fürsten zur Einsicht zu bewegen.
Die keltische Mythologie „Die vier Zweige des Mabinogi“ wurde im 14. Jahrhundert niedergeschrieben und beruht auf noch älteren Quellen. Mit der Nacherzählung und Neuschöpfung des ersten Teils um den Häuptling von Annwyn (der Unterwelt), steht Alexander A. Gronau in einer langen Tradition der Dichter. Beispielsweise erschienen „Die vier Zweige des Mabinogi“ als moderne Übersetzung in der Hobbit-Presse des Klett-Cotta Verlags, nacherzählt von Evangeline Walton. Gronaus Konzentration auf den mythisch-keltischen Ursprung des Mabinogi lässt seine Erzählung zu einer aufregenden Entdeckung werden und vielleicht nähert er sich damit dem Original stärker an als andere Autoren in den Jahrhunderten zuvor.
Zwischen der Welt der Menschen Cymmberlands und der Natur, wie auch der Anderswelt, besteht im Mabinogi eine enge Verbindung. Beide sind aufeinander angewiesen. Dieser Vertrag muss aber regelmäßig erneuert werden, was durch die Vermählung Pwylls und Rhiannons geschieht. Der Gott Arawn oder die Elben sind bestens als Bestandteil der keltischen und germanischen Weltbilder dargestellt und nicht als jene trivialen Rollenspielfiguren heutiger Fantasy. Gleichzeitig steht Cymmberland vor einer schweren Prüfung. Der Widerstand einzelner Fürsten ist nicht nur eine Meinungsverschiedenheit, es ist auch der Einbruch einer neuen Weltsicht, die die althergebrachte Ordnung zu zerstören versucht. In Tolkiens „Herr der Ringe“ macht sich diese Entwicklung ebenfalls bemerkbar, als die Menschen die Elben, Ents und andere Völker mehr für Legenden als reale Wesen Mittelerdes betrachten, so dass der Einklang mit der Natur zurückgeht. (Wenn aber das „Mabinogi“ mit Tolkiens Werken verglichen wird, dann vor allem mit dem Epos „Silmarillion“) Und wenn Gronau die Familienwerte und den Respekt der Menschen zueinander darstellt, dann fällt auf, dass der soziale Zusammenhalt in der heutigen Gesellschaft sehr zu wünschen übrig lässt.
In weiteren Abschnitten wird mehr über das Leben Pwylls berichtet. Und so entsteht ein schönes Epos über eine der alten europäischen Kulturen.
Bleibt noch zu sagen, dass „Der erste Zweig des Mabinogi“ in einem sehr aufwändigen bibliophilen Band erscheint. Ein sachkundiges Nachwort erleichtert zudem das Verständnis der Geschichte um eine der alten walisischen Sagen. In Eigenfertigung erstellt Alexander seine Werke, so dass der Preis entsprechend hoch erscheinen mag. Gerade bibliophile Menschen sollten sich angesprochen fühlen, denn als Leser bekommt man viel mehr als bloße Unterhaltung. Hin und wieder gibt es in der grafischen Gestaltung oder der Auswahl der Schriftart kleine Unstimmigkeiten, die aber angesichts der schönen Gestaltung weniger ins Gewicht fallen. Eine Karte und auch ein eingeklebtes Laubblatt machen „Der erste Zweig des Mabinogi“ zu einer kleinen Kostbarkeit, immerhin gibt es wenige Dichter, die ihre Werke im Eigenverlag fertigen. Und Alexander A. Gronau ist ein moderner Dichter, der mit Gespür und Kenntnis der Vergangenheit, Epen neu auferstehen lassen kann. Insofern ist es durchaus wünschenswert, wenn die anderen Teile des „Mabinogi“ ebenfalls von Gronau neu erzählt werden.
hinzugefügt: February 8th 2010 Tester: Ulrich Blode Punkte: zugehöriger Link: Bibliothek Nemeton Hits: 4118 Sprache:
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