Die Gifticks Gesamtausgabe 2
(Les Krostons – Intégrale 2)
Szenario: Paul Deliège
Artwork: Paul Deliège & Arthur Piroton
Lettering: Mirko Piredda
Piredda, 2010, Hardcover, 112 Seiten, 27,50 EUR, ISBN 978-3-941279-58-2
Von Frank Drehmel
Wie schon der erste Sammelband der „Gifticks“-Gesamtausgabe bietet der vorliegende ebenfalls zwei Geschichten in Album-Länge. Ergänzt werden diese beiden Abenteuer durch fünf Kurzgeschichten, von denen eine – „Der Fall „Schliftick““ („Le Kroschtroumpf“) –, ein Crossover mit den allseits beliebten Schlümpfen präsentiert und aufgrund der aktuelle Rechtslage nur mittels eines editorischen Kniffs, nämlich als illustrierter Sachartikel, hier veröffentlicht werden kann.
Abenteuerliche Entführung (Balade pour un Kroston)
Die Gifticks sind in der Neuzeit angekommen: bedauerlicherweise ist das Leben im Heute nicht ganz ohne Tücken; sei es, dass sich eine Sardinenkonserve mangels geeigneten Werkzeugs nicht öffnen lässt, sei es, dass, wenn man schließlich einen Dosenöffner hat, die Dose nicht mehr da ist. Aus purer Not entschließt sich der mutigste der drei Winzlinge, das Picknick zweier Menschen im Grünen zu nutzen, um Nahrung zu beschaffen. Dabei jedoch wird er unglücklicherweise zufällig im Picknick-Korb der Großen eingesperrt und entschwindet im Kofferraum eines Autos in weite Ferne. Die beiden Zurückgelassenen fackeln nicht lange, machen sich mittels detektivischer Feinarbeit auf die Suche nach ihrem Kameraden und landen schließlich in einer Stadt, in der das eigentliche Abenteuer seinen Anfang nimmt: Katzen, Hunde, ein gestohlenes Auto, ein Bankräuber und viel Polizei machen den Ausflug zu einem gifticksgefährdenden Unterfangen.
Das seltsame Haus (La maison des mutants)
Während sie sich mit den Fährnissen der Stadt rumplagen, geraten die drei Gifticks zufällig in den Garten einer leerstehenden Villa, die allerorts als Spukhaus verschrien ist. Kurzerhand entscheiden die Gnome, das Gebäude in Bälde in Besitz zu nehmen, um von hier aus ihre Welteroberungspläne voran zu treiben.
Das Unglück beginnt, als sie zunächst in einem leeren Kanister nächtigen und ein unheimlicher schwarzer Hüne im Dunkeln zufällig so auf das Gefäß tritt, dass zwei der drei Wichte darin gefangen sind. Als der dritte Giftick sich im Keller der Villa auf die Suche nach Befreiungswerkzeug macht, verschwindet derweil draußen der Kanister auf unheimliche Art und Weise, sodass der kleine Kerl schlussendlich auf sich allein gestellt in dem unheimlichen Haus nach dem Verbleib seiner beiden Kumpel forschen muss. Es dauert nicht lange, bis er die wahren Herren des Spukhauses kennenlernt: mutierte Wesen, die ihrerseits nach der Weltherrschaft streben und über gefährliche Apparate verfügen.
Die Titel der restlichen Storys, die allesamt recht pointierte Einblicke in die Welt der kleinen, bösartigen Wichte geben, seien der Vollständigkeit halber lediglich erwähnt: „Omelette à la Gifticks“ („L'omelette aux Krostons“), „Die Gifticks fahren in Urlaub“ („Les krostons partent en vacances“), „Der Wunschtraum“ („Le voeu de Noel“), „Die Verträge“ („Les contracts“) sowie die oben angeführte „Der Fall „Schliftick““ („Le Kroschtroumpf“).
Schon in der ersten Geschichte wird ein signifikantes Umschwenken in der Perspektive deutlich: wird in „Geheimnisvolle Bedrohung“ und „Gefahr aus der Druckerpresse“ (vgl. Band 1) noch aus der Sicht „realer“ Menschen erzählt, die sich der unbekannten, tödlichen Gefahr stellen müssen, die von den Gifticks ausgeht, so ist der Blickwinkel nun der der Winzlinge, welche mit einer ihnen feindlich gesinnten Welt konfrontiert werden.
Parallel zu dieser Schwerpunktänderung findet zum einen eine Verniedlichung der Namensgeber dieser Serie statt, indem diese merklich freundlicher beziehungsweise weniger bösartiger als zuvor gezeichnet sind und so tatsächlich zu Sympathieträgern werden, zum anderen wird durch die Einführung von sprechenden Tieren und monströsen Maschinen in „Das seltsame Haus“ („La maison des mutants)“ das Phantastische des Hintergrundes sehr viel nachdrücklicher betont als bisher. Bemerkenswert hierbei ist, dass diese neue Ausrichtung der Serie gut tut, weil sich die Geschichten leichter, frischer und humorvoller ausnehmen.
Durch die Fokussierung auf die Gifticks wirkt auch das Artwork zeitloser, obgleich es, da es in einer semi-realen Welt angesiedelt ist, nicht ganz frei von historischem, zeitgenössischem Couleur ist und ihm unterm Strich eine gewisse visuelle Prägnanz beziehungsweise Originalität fehlt.
Fazit: Erzählerisch leichter und humorvoller als der erste Sammelband richtet sich dieses zweite Album an eine größere Leserschaft. Wer auf Schlümpfe und ähnliches gutherziges Kroppzeugs steht, sollte ruhig einen Blick auf die andere Seite der Funny-Moral riskieren.