Andi Watson
Liebe & Helden
Modern Tales 13
(Love Fights Vol.1 & 2, Oni Press, 2009)
Aus dem Amerikanischen von Stefan Pannor
Nachwort von Johanna Draper Carlson
Titel- und Innenillustrationen von Andi Watson
Buchdesign von Keith Wood, Stefan Heitzmann
eidalon, 2009, Hardcover, 320 Seiten, 28,00 EUR, ISBN 978-3-939585-12-1
Von Thomas Folgmann
Nora ist aus dem ländlichen Wisconsin in die große Stadt gezogen. Mit ein Grund sind die dort selbstverständlichen Superhelden, die einen alltäglicher Anblick darstellen. Da es so viele Helden gibt, benötigen sie natürlich ihre eigenen PR-Agenten, und die Werbung läuft in Form von … Comics. Jack ist der Zeichner eines Superhelden-Comics, und als Nora ihm über den Weg läuft beginnt etwas, was immer höhere Wellen schlägt.
Jack und Nora mögen sich. Doch Jacks Katze, die plötzlich zu reden beginnt, mag Nora nicht. Dann taucht auf einmal ein Kind auf, das angebliche Kind eines Superhelden - des Superhelden, für den Jack zeichnet. Nora hat Arbeit in einem Magazin gefunden, und ihre erste große Story ist die über das vermeintliche Superheldenkind.
Die Story führt dazu, dass der Held nicht mehr ‚in’ ist und somit seine Comics sich nicht mehr verkaufen, was Jack mehr oder weniger arbeitslos werden lässt. Mehr noch: Er wird eifersüchtig auf die Superhelden, mit denen Nora sich anscheinend viel zu sehr abgibt.
Eigentlich ist es das übliche Hin und Her, das in jeder Beziehungsgeschichte vorhanden ist. In diesem Fall kommen noch Superhelden - Menschen mit besonderen Fähigkeiten- dazu. Vom Setting her könnte man das ganze mit „The Boys“ von Garth Ennis und Darick Robertson vergleichen. Allerdings ist die Ausführung eine wesentlich freundlichere, und die Zeichnungen …
Ja, das ganze ist ein Comic, eine Graphic Novel auf 320 Seiten, im Hardcover. Das Cover und der Titel sind nicht wirklich angetan, Kauflust zu wecken. Die Erwartungshaltung, die dadurch aufkommt, ist eine gänzlich andere. Man rechnet eher mit einer der häufig wenig befriedigenden Herz-Schmerz-Teenie-Romanzen. Doch dieser Comic ist, obwohl auch ‚nur’ eine Beziehungsgeschichte, intelligent und unterhaltsam und spannend erzählt.
Trotzdem die Zeichnungen bloß in Schwarz-Weiß beziehungsweise Graustufen vorliegen und der Zeichner eher sparsam illustriert, wird der Leser in die Geschichte förmlich hinein gesogen. Meist beherrschen Porträts die Panels. Hintergründe sind vorhanden und zum Teil auch etwas tiefer ausgearbeitet, aber das Hauptaugenmerk liegt eindeutig auf den Protagonisten. Und da ist es faszinierend zu sehen, mit wie wenig Strichen es Watson gelingt, einem Gesicht Gefühle einzuhauchen. Oft ist es nur die Augenbraue, der Winkel des Munds, und dem Betrachter ist sofort klar, in welcher Stimmung die gezeichnete Person sich befindet. Auch sonst kann man sicher nicht von Feinarbeit in der Herangehensweise an die Panels sprechen, aber es ist alles da!
Mehr wäre bei der Fülle der Panels vielleicht auch schon zu viel. Bei einem Umfang von über 300 Seiten und einer derart dichten Geschichte, ist der hier vorhandene, reduzierte Stil einfach perfekt geeignet.
Das Buch vereint Beziehungs- und Superheldengeschichte mit einem offenbar recht akkuraten Blick hinter die Kulissen der amerikanischen Comic-Industrie und bietet, auch für nicht Comic-Fans, gute und spannende Unterhaltung.