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Schmidt, Peter: Endzeit (Buch)

Peter Schmidt
Endzeit
Blitz Verlag, Paperback, 204 Seiten, 9,95 EUR

Von Frank Drehmel

Alexander Born, seines Zeichens Genetiker und heißer Anwärter auf den Biologie-Nobelpreis, wird eines Nachts während eines Spaziergangs zufällig Augenzeuge wie ein großer Flugsaurier eine Passantin als Mitternachtssnack schnappt. Da ihm die Sache spanisch vorkommt und als guter Staatsbürger, informiert er sofort die Polizei, erntet dort jedoch eher belustigte Kommentare und mitleidiges Lächeln. Also macht er sich Tags darauf in den nah liegenden Wäldern alleine auf die Suche nach dem urzeitlichen Ungetüm und wird dabei fast selbst zu Saurierfutter. Zeit also, härtere Geschütze aufzufahren: Die Presse! Reporterin Linda Meyer erscheint eine geeignete und qualifizierte - mehrere Semester Paläontologie sind nicht spurlos an ihr vorüber gegangen - Ansprechpartnerin zu sein und wo Einer versagt, haben Zwei mehr Erfolg. Schon bald gelingt es, Licht in das urzeitliche Dunkel zu bringen. Das Tier wird eingefangen und in den Zoo verfrachtet. Dann taucht jedoch ein zweiter Saurier auf .... und danach hunderte.


Ginge es nach seiner Vita, den verliehenen Auszeichnungen - 1986, 1987, 1990 Deutscher Krimipreis, 1994 Literaturpreis Ruhrgebiet - und Stimmen in der lokalen Presse zählte Peter Schmidt zur Crème de la Crème deutscher Thriller-Autoren. Bedauerlicherweise wird er mit dem Sci-Fi-Thriller “Endzeit” diesem Image alles andere als gerecht. Weder vermag er eine Atmosphäre zu erzeugen, die annähernd das hält, was Titel und Buchcover versprechen, noch gelingt es ihm, eine plausible Geschichte zu konstruieren.
Die Protagonisten agieren hölzern, die Dialoge sind ohne Esprit. Versuche, den Charakteren Tiefe zu verleihen, sind deshalb zum Scheitern verurteilt, weil der Leser sie sofort als aufgesetzt erkennt. Wenn der Autor Born und Linda beispielsweise über den menschlichen Geist oder die Grenzen wissenschaftlicher Erkenntnis philosophieren lässt, so ist ihm das maximal drei oder vier Sätze wert und spielt für die Entwicklung der Handlung nicht die geringste Rolle. Auch ansonsten ist Alexander Born die personifizierte Langeweile: den toughen, gewehrschwingenden Freizeitdetektiv nimmt man ihm ebenso wenig ab, wie den genialen Wissenschaftler. Als Ausgleich dafür bedient Linda so ziemlich jedes Klischee, welches ein TV-Serien-schauender Leser -und scheinbar auch Buchautor- über Journalisten im Hinterkopf hat.

Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich auf den Gehalt, den wissenschaftlichen Anspruch des Buches. Die Science in diesem Sci-Fi-Thriller erschöpft sich in Andeutungen, Phrasen und nichtssagenden Abkürzungen - VQ32 - und der Autor verzichtet weitgehend auf Erläuterungen und Erklärungen; sie könnten ja den Leser verwirren oder – schlimmer - das eigene Nicht-Wissen entlarven. Kurz und gut: jede “Sendung mit der Maus” bietet mehr Infotainment und jeder “Gentechnik? Igitt!”-Flyer von Greenpeace mehr sachbezogene Information.

Käme nur die Wissenschaft zu kurz, wäre das noch zu verschmerzen. Leider glänzt auch der Thrill durch Abwesenheit. Entweder verliert sich die Handlung in Nebensächlichkeiten wie Borns Fund-Raising-Aktivitäten und einem irrelevanten Handlungsbogen um die Prophezeiung eines bevorstehenden Weltuntergangs - eben jene “Endzeit”- oder sie gestaltet sich derart überhastet und oberflächlich, dass für Gänsehaut keine Zeit bleibt. Nicht Kausalitäten, sondern Zufälle sind von Anfang an ein bestimmender Moment des Romans und die Tatsache, dass man schon auf Seite 26 den Namen des Antagonisten erahnt, macht die Geschichte nicht unbedingt spannender.
Auch erliegt Schmidt dem offensichtlichen Irrtum, eine gute Story benötige Masse statt Klasse und hunderte von Sauriern wirkten automatisch bedrohlicher als ein flügellahmes Tierchen. Tun sie aber nicht. Im Gegenteil! Wenn die Viecher Hubschrauber zerlegen oder Überlandleitungen platt machen, dann hat dieses Situation eher etwas grotesk Komisches ob des hilflosen “Action”ismus.
Apropos Viecher: in einem kurzen Zwischenspiel wechselt die Erzählperspektive und der Leser erlebt das lustige Treiben aus Sicht eines der Monsterreptilien. An dieser Stelle keimt ganz kurz die Hoffnung auf interessante Wendungen im stereotypen Plot auf. Doch wie so vieles andere erweist sich auch dieses Interludium als bedeutungslose, billige Effekthascherei.


Fazit: „Endzeit“ ist ein belangloser, hölzern geschriebener Roman, der einige Themen anreißt, jedoch kein einziges glaubwürdig und konsequent zu Ende führt. Wer auf seichte Sci-Fi-Thriller im Fünf-Minuten-Terrine-Format steht, mag mit dem Buch glücklich werden; wer Tiefgang in Story und Charakteren sucht, sollte die Finger davon lassen.

hinzugefügt: November 14th 2004
Tester: Frank Drehmel
Punkte:
zugehöriger Link: Blitz Verlag
Hits: 3143
Sprache:

  

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