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Pratchett, Terry: Kleine freie Männer – Ein Märchen von der Scheibenwelt (Buch)
Terry Pratchett
Kleine freie Männer – Ein Märchen von der Scheibenwelt
(The Wee Free Men)
Aus dem Englischen übersetzt von Andreas Brandhorst
Titelillustration Paul Kidby
Manhattan Verlag, Hardcover, 320 Seiten, 18,00 EUR, ISBN 3-442- 54586-2
Von Carsten Kuhr
Ich gebe es gerne zu, dass ich jedes Jahr mit Ungeduld auf den neuen ScheibenweIt-Roman aus der Feder des englischen Bestsellerautors Terry Pratchett warte. Die intelligent und witzig verfassten Bücher gehören weltweit zu den Bestsellern, so dass auch Pratchetts deutscher Hausverlag die Veröffentlichung im Hardcover wählt.
Neben den normalen Scheibenwelt-Romanen verfasst der Autor auch immer wieder einmal besondere Titel. Da werden dann z.B. sonst trockene wissenschaftliche Erklärungen mit entsprechenden Berichten der Scheibenwelt dem Leser etwas kurzweiliger präsentiert, oder der Autor nimmt sich Märchen-Plots an, und gestaltet diese für seine eigenen Zwecke um. So geschehen in dem Roman »Maurice, der Kater« in dem er die Sage vom Rattenfänger von Hameln verulkte, und auch vorliegendes Werk reiht sich in diese märchenhafte Erzählform ein. Diesmal geht es um die Welt der Feen, die Land des ewigen Schnees und der kleinen Kobolde.
Tiffany, unsere Heldin wächst als siebte Tochter eines angesehenen Schäfers auf. Doch Tiffany ist anders, als ihre Geschwister, anders als andere Kinder. Sie hat den zweiten und auch den dritten Blick, mit denen sie den Geheimnissen auf den Grund geht. Als sie ein Ungeheuer mit der von ihrer Mutter entliehenen Gusseisernen Bratpfanne niederschlägt beginnen die phantastischen Geschehnisse erst. Ihr Bruder wird von der Feen-Königin in deren zeitloses Reich entführt. Tiffany macht die Bekanntschaft der Kobolde, kleinen trinkfesten und kampfeslustigen Männchen, mit deren Hilfe sie ihren Bruder befreien will. Dass sie dabei zur Kelda, der Mutter des Stammes erhoben wird, und Hilfe von einem in eine Kröte verzauberten Anwalt einfordern kann ist nur der Auftakt eines phantastischen Abenteuers.
Terry Pratchett hat erst relativ spät damit begonnen, seiner ScheibenweIt-Sage speziell für Kinder und Jugendliche verfasste Titel hinzuzufügen. Nach »Maurice, dem Kater«, der mir persönlich sehr zusagte, nahm er sich dies Mal der irischen Feen an. Tiffany, unsere junge Schafhirtin ist eine sehr aufgeweckte junge Dame - wobei letzteres Wort sie nicht so ganz passend beschreibt. Von unbändigen Wissensdurst getrieben, und mit einem sehr ausgeprägten Realitätssinn ausgestattet findet sie ohne Anleitung mit ihrem gesunden Menschen- pardon Hexenverstand eine meist sehr praktische Lösung für die anstehenden Probleme. Doch gerade dies macht sie als Hauptperson ein wenig schwierig. Sie ist fast zu nüchtern, zu distanziert, als dass ich als Leser mit ihr wirklich warm geworden wäre. Irgendwie fehlten mir ein wenig die sonst bei Pratchett so liebevoll ausgearbeiteten Schwächen und merkwürdigen Eigenheiten, die eine Person erst liebenswert machen. Sicherlich, Tiffany mag ihren jüngeren Bruder, der plötzlich als Nesthäkchen alle Aufmerksamkeit von ihr ab, und auch sich konzentriert nicht sonderlich leiden, dennoch macht sie sich nach dessen Entführung ohne Zögern auf, ihn aus den Krallen der eisigen Königin zu befreien. Aber eigentlich sollte sie doch froh sein, den unliebsamen Konkurrenten endlich los zu sein...
Gelungen dagegen fand ich die Darstellung der trinkfesten, dickköpfigen und äusserst ungehörigen Kobolde. Ständig auf der Suche nach einem anständigen Kampf, nach einem Pint Hochprozentigen und nach herrenlosen Besitztümern, die man finden, und versilbern kann, lasen sich diese Passagen wie im Flug.
Ganz anders dagegen die Erlebnisse unserer Heldin im kalten Reich der Königin. Hier vermisste ich das sonst so Pratchett-typische Tempo. Hier zog sich die Lektüre ein wenig, verirrt sich der Leser mit seiner Protagonistin in der Träumen.
Alles in allem boten die gut gelungenen, witzigen Szenen um die Kobolde aber zu wenig, um dieses Buch zu einem wirklich empfehlenswerten Scheibenwelt Titel zu machen.
hinzugefügt: March 4th 2005 Tester: Carsten Kuhr Punkte: Hits: 4118 Sprache: german
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