Markus Heitz
Der Krieg der Zwerge
Titelbild von Didier Graffit
Piper, 605 Seiten, 14,00 EUR, ISBN-3-492-70093-4
Von Christel Scheja
Auch wenn in den letzten Jahren verstärkt deutsche Autoren gefördert wurden, so gelang es neben Markus Heitz doch keinem oder keiner anderen, derart schnell so erfolgreich zu sein. Bereits die Ulldart-Saga, die noch im Heyne-Verlag erschien, entwickelte sich sehr rasch zu einem Geheimtipp. Einer größeren Leserschaft wurde Markus Heitz aber bekannt, als er im Rahmen des Herr-der-Ringe-Marketings die Gelegenheit bekam, einem bisher in Fantasy-Romanen weniger beachteten Volk Leben einzuhauchen: den Zwergen.
Nachdem Stan Nichols "Die Orks" für den Heyne Verlag ertragreicher gewesen sein muss, als vermutet, erschien es nur natürlich, diesen Weg fortzusetzen und den Lesern weiteren epischen Lesestoff im Stile Tolkiens zu bieten. "Die Zwerge" wurde ebenfalls zu einem Bestseller des Genres, und da galt es als logisch, eine Fortsetzung heraus zu geben: Ende 2004 erschien ein weiteres Abenteuer aus der Welt Tungdils, "Der Krieg der Zwerge".
Im Geborstenen Land leben Menschen, Alben und Zwerge mehr oder weniger friedlich nebeneinander. Da man sich weitestgehend ignoriert, kommt es kaum zu Streit, allerdings hat man auch nur selten Gemeinsamkeiten.
Nur einige wenige sind zu Freunden geworden und haben sich den Gefahren gestellt, die ihre Heimat bedrohten. Zu ihnen gehört auch ein Zwerg, der reich belohnt wurde: Tungdil, der Zwerg, hat nicht nur sein Volk wieder gefunden, sondern auch eine geachtete Stellung gewonnen, nachdem es ihm mit seinen Freunden gelungen war, den hinterhältigen Magier Nôd'onn zu besiegen. Während sie noch ihren Sieg feiern, rückt eine neue Gefahr heran: eine riesige Ork-Armee, die es in sich hat. Die widerlichen Kreaturen sind durch ein geheimnisvolles schwarzes Wasser unsterblich geworden und nur noch zu töten, wenn man ihnen den Kopf von den Schultern schlägt. Das wissen die wenigen Überlebenden der Zwergensippen zu berichten, die dem Gemetzel in ihren Reichen entkommen konnten. Doch das ist noch nicht alles. Während die Zwergenfamilien, die bisher eher nebeneinander gelebt haben, sich zusammenraufen müssen, taucht noch eine weitere Gefahr auf, die das geborstene Land bedroht.
Die Menschen werden ebenfalls von einem riesigen Herr angegriffen, das von den Verkörperungen eines gefallenen Gottes angeführt wird und nicht nur mit brutaler Kraft, sondern auch mit gemeinster schwarzer Magie agiert.
Tungdil und seine Freunde ahnen, dass beide Probleme zusammen hängen. Sie sehen sich einer schier unlösbaren Aufgabe gegenüber. Einerseits müssen sie Menschen und Zwerge, aber auch die Alben dazu bringen sich gemeinsam gegen die Feinde zu stellen und sich zu ergänzen, statt weiter zu streiten, andererseits müssen sie die Schwachstellen der Feinde und denjenigen finden, der im Hintergrund alle Fäden zusammen hält...
"Der Krieg der Zwerge" bietet alles, was sich Fans grundsolider Unterhaltung wünschen können: klar gezeichnete Charaktere ohne Tiefgang, die wie ihre Gegenspieler die Rollen verkörpern, die man von ihnen erwartet, d.h., die Zwerge sind kernige, harte Kerle, die zum Kämpfen geboren sind, aber unter ihrer rauen Schale manchmal ein warmes Herz haben, die Orks sind bis auf ihre Anführer eher dumm, grausam und widerwärtig. Sowohl unter den Menschen als auch unter den Zwergen finden sich die Archetypen, die die Handlung etwas würzen, die weisen und klugen Heerführer, die manchmal Rettung in größter Not sind und die Hoffnung wach halten, die Betonköpfe, die den Helden ständig Steine in den Weg legen, die Kriegsgewinnler, die sich auf die jeweils überlegene Seite schlagen, weil sie auf ihren Vorteil bedacht sind. Weibliche Charaktere sind zwar vorhanden, spielen aber überwiegend eine untergeordnete und unwichtige Rolle, meist mehr als Mitstreiterinnen und Kumpane denn als sexuelle Wesen. Aber alle bekommen am Ende das, was sie verdienen. Sie handeln, intrigieren und kämpfen in einer actionreichen Abenteuerhandlung, in der sich immer neue Rätsel auftun, wenn die ersten gelöst worden sind. Motive werden nicht hinterfragt, wichtiger sind Kampfschilderungen und Tricks, um die Gegner auszuschalten.
Markus Heitz gelingt es, den Leser dennoch bei der Stange zu halten. Er ist ein routinierter Abenteuererzähler, der zu unterhalten weiß, wenngleich manche Schilderungen bereits aus seinen früheren Romanen bekannt erscheinen (sofern man diese kennt).
Wie auch die anderen Romane des Autors trifft "Der Krieg der Zwerge" vor allem den martialischen Geschmack der zumeist männlichen und etwas jüngeren Computer-Rollenspiel-Generation, die hier alles geboten bekommt, was sie bereits aus ihren Spielen kennt und liebt: klare Verhältnisse, Action und Gemetzel.
Wer nun allerdings interessante und vielschichtige Charaktere sucht, die Archetypen und Klischees so abwandeln, dass sie lebendig werden und sich im Rahmen der Handlung weiterentwickeln, wer sich eher von einer hintergründigen, komplexen Handlung fesseln lässt, der sollte "Der Krieg der Zwerge" besser im Regal stehen lassen.