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Carrie (TV-Remake) (DVD)

Carrie (TV-Remake)

Import-DVD

USA 2002, Regie: David Carson, Buch: Bryan Fuller, nach dem gleichnamigen Roman von Stephen King, Kamera: Victor Goss, Schnitt: Jeremy Presner, Musik: Laura Karpman.
Mit Angela Bettis (Carrie White), Patricia Clarkson (Margaret White), Rena Sofer (Miss Desjarden), Kandyse McClure (Susan Snell), Emilie de Raven (Chris Hargensen), Jesse Cadotte (Billy Nolan), Tobias Mehler (Tommy Ross) u.a.
Laufzeit: 132 Minuten, FSK: vorauss. ab 16 Jahren, Anbieter: MGM/UA Home USA

Von Oliver Naujoks

"Ganz plötzlich stürzte etwas Riesengroßes, Rotes von oben herab auf die Bühne. Es war flüssig, und ein Teil davon klatschte gegen das Bühnenbild und lief in Bächen daran herunter. Ich wußte sofort, noch ehe es sie traf, daß es Blut war. Stella Horan glaubte, es sei Farbe, aber ich hatte so eine Ahnung, genau wie damals, als mein Bruder von einem Traktor angefahren wurde.
Sie waren völlig durchgeweicht. Carrie traf es am meisten. Sie sah aus, als hätte man sie in einen Eimer mit roter Farbe getaucht. Sie saß einfach da. Sie rührte sich nicht. Die Band, die in der Nähe der Bühne gespielt hatte, wurde auch bespritzt. Es waren Josie und die Moonglows. Der erste Gitarrist hatte ein weißes Instrument, das über und über mit Blut bespritzt war.
Ich sagte: >Mein Gott, das ist ja Blut!"


Diese Szene aus Stephen Kings Roman "Carrie" wurde in der Verfilmung von Brian De Palma aus dem Jahr 1976 zu einer Ikone des Kinos.
Niemand, der den Film gesehen hat, wird jemals den Gesichtsausdruck von Darstellerin Sissy Spacek vergessen können, wie sie als Carrie auf der Bühne steht, übergossen mit Schweineblut.
Aber damit nicht genug. Auch der nachfolgende Amoklauf im Ballsaal in Split-Screen-Technik, sowie die Kreuzigung von Carries Mutter wurden eindrückliche, vieldiskutierte Höhepunkte des Horror-Kinos.
Die Schlusseinstellung schließlich wirkte dermaßen stilbildend, dass sie bis heute noch mehrfach jedes Jahr imitiert wird, und sie ist bis heute unerreicht, einen derart durchschlagenden Schrecken hat keine der Imitationen der letzten dreißig Jahre zustande gebracht.

Nicht ohne Grund gilt deswegen Brian De Palmas Film "Carrie" nicht nur als erste, sondern für viele immer noch als beste aller Stephen King-Verfilmungen (und das bei inzwischen fast 70 Spiel- und TV-Filmen basierend auf Kings Werken) und als ein Meisterwerk des Horror-Films, das gleichzeitig als Initialzündung für die Karrieren von Stephen King und Brian De Palma diente.

Es grenzte deshalb an Irrsinn, von "Carrie" ein Remake inszenieren zu wollen, weil man gegen das Original nur verlieren kann. Nach einer eher weniger gelungen Fortsetzung fürs Kino ("Carrie 2- Die Rache", 1999), wurde nichtsdestotrotz letztes Jahr ein Remake für das US-Fernsehen produziert.
Und dieses Remake hat durchaus seine Existenzberechtigung, denn es ist, durch ein höheres Budget und weil man sich mehr Zeit (das Remake ist 34 Minuten länger als das Original) für die Geschichte nahm, deutlich näher am Buch als Brian De Palmas Film, der sich vor allem im Finale einige Abweichungen erlaubte.

Aber von vorne, die Geschichte sei kurz rekapituliert: Carrie ist ein junges Mädchen, dass unter einer fanatischen, fundamentalistischen Mutter leidet und nicht nur deswegen von ihren Klassenkameradinnen als Tochter einer religiösen Spinnerin ständig gehänselt wird. Als sie dann nach dem Sport unter der Dusche in der Schule ihre erste Periode bekommt, ist ihr der gemeine Spott der ganzen Schule sicher. Gleichzeitig entdeckt Carrie an sich eine besondere Fähigkeit: Sie kann mithilfe ihrer Gedanken Gegenstände bewegen; sie ist telekinetisch begabt. Als der Spott nicht nachlässt und ihr insbesondere auf dem Abschlussball in kaum fassbar grausamer Weise mitgespielt wird (s.o.) nutzt sie ihre Fähigkeiten und läuft Amok...

Ein Mädchen, dass in einer Mädchenumkleidekabine seine erste Periode unter der Dusche bekommt - im züchtigen US-Fernsehen? Der Regisseur ist wahrscheinlich erst einmal blass geworden, als er hörte, dass er das inszenieren muss, denn das ist ein Widerspruch in sich. Da die Szene aber zentral für den Stoff ist, konnte sie nicht umgeschrieben werden und man muss konstatieren, dass die Inszenierung sich ganz achtbar schlägt und die natürlich wie magisch angeklebten Handtücher bei allen Mädchen und die dezenten Kamerawinkel auch für europäische Augen nicht allzu züchtig-lächerlich wirken. Die Szene verfehlt ihre Wirkung auch in dieser Version nicht. Und dieser gelungene Auftakt bestätigt sich dann, denn, um das vorweg zu nehmen, dass Remake schlägt sich äußerst achtbar und gehört ganz eindeutig zu den besseren Stephen King-Verfilmungen.

Wer ist dafür verantwortlich? Mit der Regie wurde David Carson betraut, ein TV-Veteran, der in den letzten fünfzehn Jahren an fast allen bedeutenden US-TV-Serien mitgewirkt und sich insbesondere bei Stark Trek einen Namen gemacht hat, er inszenierte u.a. dem Pilotfilm zu der Serie "Deep Space Nine" und den siebten Kinofilm, "Treffen der Generationen". Er hat einen Ruf als Action-Spezialist, was diesem Carrie-Remake teilweise zu Gute kommt und teilweise nicht.
Der Film hat ein ordentliches Tempo und die Action-Höhepunkte sind durchaus spannend und spektakulär inszeniert (dazu gleich), in einigen Fällen übertreibt der Regisseur es aber und überinszeniert einige Szenen. So gibt es beispielsweise in beiden Verfilmungen eine Szene, in welcher Carrie auf der Strasse von einem kleinen Jungen auf einem Fahrrad gehänselt wird und diesen mittels ihrer Kräfte stürzen lässt. Während er im Original einfach "nur" hinfällt, geschieht dies hier mit dem aus Vertigo bekannten Zoom auf Carries Gesicht und einem fast schon an "Matrix" erinnernden Bullet-Time Abflug des Fahrrades, das mehrere Meter durch die Luft gegen einen Baum fliegt.
Diese und andere Szenen bekommen dem Stoff nicht so gut, denn das phantastische Element der Telekinese verliert etwas seine Glaubwürdigkeit, wenn die Inszenierung nicht bei einem halbwegs realistischen Stil bleibt.

Was dem Stoff hingegen sehr gut bekommt, ist die große Nähe zum Buch. Viele Szenen des Buches, die De Palma damals aus Laufzeitgründen schon aus dem Drehbuch streichen musste, finden sich hier, darunter die Konfrontation mit Chris Hargensens Vater und dem Schuldirektor, den Steinhagel auf Carries Elternhaus und mehr Szenen zwischen Carrie und ihrer Mutter.

A propos Steinhagel: Dieser wurde mittels CGI-Effekten realisiert, so wie auch große Teile des Finales und das ist es, was den Film interessant macht. Denn aus Budgetgründen musste De Palma damals die Geschichte abändern und ließ Carrie nur im Schulgebäude und in ihrem Elternhaus wüten, während sie im Roman den halben Ort(!) in Schutt und Asche legt. Um dieses aufwändige Finale "drückt" sich die Neuverfilmung nicht - oder vielleicht doch: Diese Szenen, wenn die halbe Stadt in Flammen steht, wurden nämlich nicht mit aufwändiger Pyrotechnik, sondern mit CGI-Effekten realisiert, denen man ihr niedriges TV-Budget leider durchaus ansieht. So gibt es zwar ein äußerst interessante Kamerafahrt durch den ganzen brennenden Ort, diese ist aber ein reiner CGI-Effekt. Aber nicht nur das, in einer Szene, in welcher Carrie durch die Strassen des Ortes wandelt und rings um sie herum die Häuser brennen, stammt ebenfalls die gesamte Szene aus dem Computer. Wir sehen somit nicht ein Mädchen durch die Strassen gehen, sondern einen Sprite über den Bildschirm wabern.
Nur: Diese technisch weit unterdurchschnittliche Realisierung stört trotz ihres computergenerierten Looks erstaunlich wenig, diese apokalyptischen Szenen verfehlen ihre Wirkung nicht, zumal man David Carson das Talent nicht absprechen kann, dass er ein Händchen dafür hat, Action-Szenen aufregend zu inszenieren.
Die finale Konfrontation zwischen Carrie und ihren Peinigern im Auto ist eine fulminante Action-Szene, die die schon sehr gute im Original an dieser Stelle um Längen schlägt.

Auch, was man nie für möglich gehalten hatte, die Ballsequenz funktioniert überraschend gut. Der Regisseur beging schlauerweise nicht den Fehler und kopierte De Palmas Splitscreen-Einstellungen, sondern schuf etwas eigenständiges, das seine Wirkung wahrlich nicht verfehlt. Eine eindrückliche, bemerkenswerte Szene.

Nun sei aber genug von Action geredet, der Stoff "Carrie" war vor allem deswegen ein so großer Erfolg, weil sich wohl viele Menschen mit einem der Charaktere identifizieren konnten und das Drama der Geschichte funktioniert auch in dieser Verfilmung überraschend gut. Wenn auch die Inszenierung einige der Hänseleien etwas übertreibt und durch die zu deutliche Dämonisierung der Mitschüler etwas Realismus aufgibt, es ist schlicht nicht abzustreiten, dass die Geschichte auch diesmal wieder mitreißend, packend und spannend ist - über die gesamte lange Laufzeit von 132 Minuten hinweg. Anzumerken sei noch, dass dieser Film nicht dem teilweise heiter-verschmitzten Ton des Originals vor dem Finale folgt - hier ist alles sehr, sehr ernst.

Die Darsteller sind nicht so herausragend, Angela Bettis schlägt sich als Carrie noch ganz achtbar, over-acted an einigen Stellen aber und ihre Mutter ist noch böser portraitiert als in der Erstverfilmung - und wird dieses mal übrigens nicht wieder telekinetisch gekreuzigt, sondern stirbt wie im Buch. Die technischen (bis auf die CGI) und handwerklichen Leistungen sind über normalem TV-Niveau und verstärken den mitreißenden Eindruck.

Es sei noch einmal betont, wie nahe diese Verfilmung am Buch ist, viele Dialogpassagen wurden wortwörtlich übernommen und die Handlung folgt dem Buch sehr nahe (bis auf ein neues, überraschend unpassendes Ende, das so gar nicht zur Handlung passen will, gegen das man aber schon auf der Packung gewarnt wird: "New Surprise Ending!" Hilfe!) und selbst die Erzählstruktur des Romans wurde ansatzweise übernommen: Das Buch ist durchzogen von vielen Zeitungsartikeln, Ausschnitten aus Büchern u.ä., die nach der Handlung entstanden sein sollen und diese kommentieren, dies findet seine Entsprechung im Film dahingehend, dass dieser als Rückblende erzählt wird und immer wieder von Polizeibefragungen der Überlebenden kommentiert wird. Im Gegensatz zum Buch nerven diese Einsprengsel auch nicht, das zwar äußerst mitreißend geschrieben ist (Kings berühmtes Stilmittel, die "Klammertechnik", war hier bereits auf der Höhe und entfaltet eine sehr starke Wirkung) in den zahlreichen Zeitungsausschnitten aber immer wieder ärgerlich zum Halt kommt und aus der Handlung rausreißt.

Als Fazit ist somit festzustellen, dass dieses Remake von "Carrie" aufgrund der großen Nähe zum Buch, einer mitreißenden und spannenden Inszenierung trotz aller Schwächen (gelegentliche Überinszenierung, verblüffend unpassendes Ende, schlechte CGI) zu den guten Stephen King-Verfilmungen zu zählen ist und zu Brian De Palmas Originalverfilmung mindestens eine sehr interessante Alternative darstellt.

Ob man den Trend begrüßen sollte, dass es inzwischen zu vielen Verfilmungen von King-Büchern nach kurzer Zeit nicht nur Fortsetzungen, sondern sogar schon Remakes gibt, steht auf einem anderen Blatt.

Die Import-DVD präsentiert nur den Film in (korrektem, weil TV) Vollbild und 5.1-Ton. Der Ton ist frontlastig und das Bild weist an einigen Stellen Artefakte auf, ist aber ansonsten in Ordnung.
Als Extras gibt es nur einen Trailer.

Wann mit einer deutschen Ausgabe des Films zu rechnen ist, stand bei Abfassung des Artikels noch nicht fest, basierend auf früheren Erfahrungen dürfte es aber wohl sicher sein, dass dieses Remake auch irgendwann in Deutschland angeboten wird.


DVD-Facts:
US-Import-DVD, Regionalcode 1
Bild: Vollbild 4:3 (da TV-Film)
Ton: Englisch DD 5.1
Untertitel: Englisch, Französisch, Spanisch
Extras: Trailer

hinzugefügt: July 13th 2004
Tester: Oliver Naujoks
Punkte:
Hits: 3547
Sprache:

  

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