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Sawyer, Robert J.: Die Neanderthal-Parallaxe (Buch)
Robert J. Sawyer
Die Neanderthal-Parallaxe
(Hominids. Volume One of the Neanderthal Parallax,2002).
Aus dem kanadischen Englisch von Alfons Winkelmann
Festa & Nagula, Taschenbuch, 396 Seiten. 9,90 EUR, ISBN 3-86552-006-5
Von Gunther Barnewald
Robert J. Sawyers Roman erschien 2002 in Fortsetzungen im Magazin "Analog" und ein Jahr später als Hardcover-Ausgabe in den USA. Die Geschichte erhielt den Hugo-Award.
Vom kanadischen Autor wurde bisher in Deutschland nur der hervorragende Roman "Die dritte Simulation" (als Goldmann TB 24758) veröffentlicht.
Das vorliegende Werk schildert, basierend auf den neuesten Erkenntnissen der Physik (welche z. B. ausführlich in einem der kürzlich erschienenen SPIEGEL mit der Nr. 11 vom 14.03.05 vorgestellt und durch ein Interview mit dem englischen Quantenphysiker Professor David Deutsch illustriert werden) die Kontaktaufnahme zwischen zwei Parallelwelten.
Durch ein Experiment mit einem Quantencomputer reist der Physiker Ponter Boddit aus einer Welt, in welcher der Homo sapiens ausgestorben ist und der Neanderthaler ein hohe Zivilisationsstufe erreicht hat, in eine Welt, die der unseren gleicht.
Dank eines elektronischen Implantats gelingt es dem Neanderthaler Boddit bald, sich mit den Homo sapiens zu verständigen.
Währenddessen verdächtigt man Boddits Partner in seiner Heimatwelt, den Wissenschaftler heimlich umgebracht zu haben. Er muss sich deshalb vor Gericht verantworten.
Als Boddit schon glaubt, er müsse auf ewig in der aggressiven Welt des Homo sapiens bleiben, gelingt es seinem Partner durch die Hilfe von Verbündeten das gesperrte Labor erneut zu betreten und die Verbindung zur Welt der Homo sapiens wieder herzustellen.
Doch wird es Boddit rechtzeitig gelingen nach hause zurück zu kehren?
Das vorliegende Buch gewinnt seinen Reiz hauptsächlich aus der Gegenüberstellung unserer mit Tabus behafteten, von Krieg, Neid und Missgunst geprägten Welt mit derjenigen der Neanderthaler. Übervölkerung, religiöse Intoleranz und sexuelles Verklemmtsein gibt es hier nicht.
Die Neanderthaler sind einerseits friedlicher und gelassener als der Homo sapiens, andererseits in puncto persönlicher Überwachung und genetischer Ausmerzung aggressiver Artgenossen radikaler als wir in unserer Welt.
Leider ist die kongruent geschilderte fremde Zivilisation der Neanderthaler auch das einzige wirkliche Highlight der Geschichte.
Bis deren Bild aber für den Leser zur Entfaltung kommt, vergehen viele Seiten, was dem Spannungsgehalt der Erzählung erheblich schadet.
Ebenfalls nachteilig wirkt sich aus, dass man den ursprünglichen Fortsetzungscharakter der Geschichte als Episoden im Magazin Analog ab und an bemerkt. So stehen manchmal am Anfang eines Kapitels des Romans völlig überflüssige Zusammenfassungen der Handlung, welche wiederum den eher drögen Handlungsablauf noch zusätzlich verlangsamen. Hier wäre eine straffende Überarbeitung notwendig gewesen.
"Die Neanderthal-Parallaxe" ist wahrlich kein schlechtes Buch, überragend ist es jedoch auch nicht. Immerhin spielt der Autor glaubwürdig mit einer interessanten Idee, vermeidet Klischees und kommt völlig ohne Geballer und Action aus.
Dafür muss man ihm sicherlich Lob zollen und darf auf die Fortsetzung gespannt sein, in der die beiden Welten beginnen werden, Handel miteinander zu treiben und Besucher auszutauschen.
Dieser zweite Teil wird ebenfalls im Festa-Verlag erscheinen.
Summa summarum ist das vorliegende Werk jedoch zu behäbig und betulich, um uneingeschränkt empfehlenswert zu sein. Gemessen am armseligen Niveau vieler Neuerscheinungen ist Die Neanderthal-Parallaxe aber immer noch lesbar und intelligent genug geschrieben, um eine eingeschränkte Empfehlung auszusprechen.
hinzugefügt: April 18th 2005 Tester: Gunther Barnewald Punkte: zugehöriger Link: Festa Verlag Hits: 2577 Sprache:
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