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Land of the Dead (Film)

Land of the Dead

Horror-Film von George A. Romero, USA 2005, Laufzeit: 93 Minuten
Mit Simon Baker, Asia Argento, Robert Joy u.a.


Nach dem großen Überraschungserfolg des Remakes von „Dawn of the Dead“ im letzten Jahr und den Erfolgen anderer Zombie Filme wie den „Resident Evil“-Verfilmungen und britischen Beiträgen wie „28 Days Later“ war die Zeit gekommen: Nach fast zwanzig Jahren vergeblicher Finanzier-Suche durfte Horror-Maestro George A. Romero erstmals für ein großes Hollywood-Studio eine Fortsetzung seiner Dead-Filme realisieren. Hat sich die lange Wartezeit gelohnt? Davon abgesehen, dass kein Filmemacher die über einen so langen Zeitraum gewachsenen Erwartungen gänzlich erfüllen kann, lautet die Antwort: Ja.
Romero kann es noch, und hat für die Fans noch ein paar schöne Überraschungen in petto.


Inhalt: Wie bereits jeweils bei den drei Vorgängern "Die Nacht der lebenden Toten (1968)", "Zombie - Dawn of the Dead (1978)" und "Zombie 2 - Das letzte Kapitel (1985)" wird die Rahmenhandlung und das Thema konsequent fortgeführt und eine neue Gruppe von Personen vorgestellt. Inzwischen ist die Welt völlig von Zombies überrannt. Ein paar reiche Leute haben sich abgeschottet und frönen einem Luxusleben, dessen Güter sie sich von Abenteuern beschaffen lassen, die Nacht für Nacht ausrücken müssen in die von Zombies beherrschte Welt hinter den Barrikaden und elektrischen Zäunen.

Kritik: Die Toten wandern wieder über die Erde. Da Romeros Filme insbesondere in den letzten Jahren kein singuläres Ereignisse mehr waren, war es eine der spannendsten Fragen im Vorfeld von „Land of the Dead“, welche Antwort der Altmeister für die jungen Filmemacher parat haben würde, die in letzter Zeit in der Regel äußerst ordentliche und damit konkurrenzfähige Zombiefilme abgeliefert hatten, also anders als zur Zeit von „Dawn of the Dead“, als angesichts billiger Italo-Epigonen niemand Romeros Vormachtstellung in dem von ihm begründeten Genre bestritten hätte.
Romeros Antwort wird die Fangemeinde entzweien, denn sie lautet: Er hält an den von ihm selbst begründeten Traditionen fest. An der Oberfläche bedeutet dies keine rennenden, sondern schleichende Zombies, inhaltlich verquickt er einmal mehr politische Parabel mit apokalyptischer Vision. Visuell und in der Erzählweise weist sein Film weit weg von der heutigen Videospielästhetik (die er selbst in einem Interview u.a. dem „Dawn“-Remake unterstellt hat) und direkt zurück in die früheren 80er Jahre.
Der Reihe nach und fangen wir gleich mit dem größten Schwachpunkt des Films an: Die politische Parabel und das Drehbuch. Die Idee, eine Insel der (reichen) Glückseligen in eine von Zombies beherrschte Welt zu platzieren, ist durchaus bestechend, die Ausführung aber nicht. Denn dieser abgeschottete Bezirk wird wenig stimmig mit allerlei Unglaubwürdigkeiten präsentiert. Wenn die Leute dort im wesentlichen davon leben, dass des Nächtens bezahlte Söldner die Supermärkte und Apotheken in den Zombie-Außengebieten plündern, wie lange soll das funktionieren? Solche Vorräte sind doch, von Haltbarkeitsdaten mal ganz abgesehen, binnen weniger Wochen aufgebraucht, wenn nichts nachkommt. Wo kommt die viele Munition her? Woher die Elektrizität? Was machen die Leute in der Reichensiedlung den ganzen Tag? Seit wann besteht dieses Viertel? Kann man Romero noch nachsehen, dass er diese Welt mangels Budget nur in wenigen Einstellungen bebildert, hätte eine etwas stimmigere Weltenkonstruktion dem Film sichtlich gut getan. Ferner ist seine politische Kritik diesmal erschreckend platt. War die Metapher mit der Shopping Mall in „Dawn..“ noch als brillant zu bezeichnen, ist die Zerrfigur des von Dennis Hopper gespielten, buchstäblich über Leichen gehenden Kapitalisten erschreckend plump – und nachher darf dieser sogar noch mit zwei Geldkoffern fliehen! Das ist so subtil, wie Kevin Costner das in JFK so schön formuliert, „wie eine Kakerlake auf einem weißen Teppich.“ Niemand wird Romeros Kritikpunkte von der Hand weisen können, aber die Präsentation wirkt diesmal etwas verkrampft, so als müsse er die Erwartungen der Fans erfüllen und hätte nicht genau gewusst wie.
Das, was ansonsten an Sozialkritik bereits die Vorgänger auszeichnete, funktioniert andererseits auch in „Land of the Dead“ wieder sehr gut: Romero lässt keinen Zweifel daran, dass „wir“ schlimmer sind als „die anderen“ und kleidet das auch in eindrückliche Bilder und Episoden von teilweise bemerkenswerter Ausdruckskraft, und viele Seitenhiebe auf soziale Missstände und aktuelle politische Tendenzen treffen auch durchaus ins Schwarze.
Nicht sonderlich stimmig ist allerdings die Lernkurve der Zombies (die übrigens den ganzen Film gegenüber nie so genannt werden, sondern immer nur „Walker“ und „Stinker“), die plötzlich im gewissen Rahmen koordiniert vorgehen, primitive Werkzeuge benutzen können und keine Angst mehr vor Wasser haben (letzteres ist die visuell brillanteste Sequenz des Films). Zwar wird hier eine Tendenz aus „Day of the Dead“ konsequent fortgeführt (Fans werden sich an „Bub“ erinnern), allein, die Lernkurve erscheint etwas zu steil, auch wenn dieses für die Story natürlich dringend notwendig ist.
All dieses fällt aber sehr wenig ins Gewicht, denn in gerade mal 93 Minuten drückt Romero diesmal, im Gegensatz zur entspannten Erzählweise von „Night..“ und „Dawn..“ und der übertriebenen Dialoglastigkeit der ersten Hälfte von „Day..“ ordentlich aufs Tempo und bietet von Anfang bis Ende Zombie-Action satt. Und dort zeigt sich dann, dass er sein Handwerk noch voll beherrscht: Mit enormem Einfallsreichtum brennt er ein wahres Feuerwerk an Ideen ab und versteht es, das Publikum zu fesseln, zu erschrecken und in die Sitze zu pressen. Durch schön geschriebene Figuren und gut ausgewählte Schauspieler wird dafür gesorgt, dass die zahlreichen Action-Szenen auch nicht einfach am Zuschauer vorbeirauschen und man sich um die Charaktere sorgt, denn ohne diese Grundierung würde man sich schwer tun, sich mit den anderen Figuren, den Untoten oder den der Dekadenz frönenden Lebendes zu identifizieren. Simon Baker macht aus einer traditionellen Heldenrolle das beste, Asia Argento ist so gut wie selten, Robert Joy gibt den skurrilen-sympathischen Sidekick und auch die anderen Haupt- und Nebenrollen sind prägnant besetzt und bieten ein Figurenarsenal, das man nicht so schnell vergisst und tragen zu dem enormen Unterhaltungswert bei. Dabei denkt Romero natürlich auch an die Fans und diese registrieren mit ehrfürchtiger Dankbarkeit sowohl die Besetzung von Asia Argento, die natürlich auch als Verbeugung vor dem großen Anteil zu verstehen ist, den ihr Vater bei „Dawn..“ hatte, als auch den obligatorischen Gastauftritt von Tom Savini als Machete-Zombie, ohne den der Film kaum vorstellbar wäre. Wenn wir schon bei Tom Savini sind, ist es nun an der Zeit, ein paar Worte zum Gore-Gehalt des Films zu verlieren. Einerseits ist es erstaunlich, was Romero im Rahmen eines Hollywood-Studiofilms sich leisten darf, dies dürfte einer der härtesten Splatter-Filme überhaupt sein, der je mit einem Hollywood-Studiologo begonnen hat, andererseits ist es nicht von der Hand zu weisen, dass Romero (Altersmilde?) die zahlreichen harten Splatter-Szenen diesmal goutierbarer inszeniert, als in den bisherigen Werken. Er verweilt mit der Kamera längst nicht mehr so lange auf Innereien oder anderen unnatürlichen zugefügten Körperöffnungen, bringt, so viel sei gespoilert, keinen Sympathieträger um, wie sonst immer und ferner sind die größtenteils von KNB FX hergestellten Maskeneffekte nach dem subjektiven Empfinden des Verfassers dieser Zeilen ein ganzen Stück „sauberer“ als das, was Machete-Zombie Tom Savini noch für „Dawn..“ und „Day..“ kreiert hatte. Diesem Argument zur Seite steht die Tatsache, dass, während „Dawn..“ und „Day..“ weder in den USA, noch in Deutschland ungekürzt eine Freigabe erhalten hatten und beide in Deutschland sogar das Schicksal der Beschlagnahme ereilte (die jetzt erhältichen FSK 16-Fassungen sind ein schlechter Witz), „Land of the Dead“ in beiden Ländern in dieser durchaus harten Fassung die Zensurbehörden passieren konnte. Quantitativ dürfte sowohl das amerikanische R-Rating, als auch die deutsche FSK KJ-Freigabe sich an der Obergrenze des dafür vorgesehenen Spielraums befinden. Endgültig zu klären wird diese Frage wohl sein, wenn im Herbst der bereits angekündigte „unrated Director’s Cut“ erscheint.
Technisch merkt man dem Film leider etwas an, dass mit einem niedrigen Budget gearbeitet wurde, einige Szenen schreien geradezu nach mehr und deutlicherer Visualisierung und es ist wohl kein Zufall, dass sehr viele Szenen, von dramaturgischen Notwendigkeiten mal abgesehen, in tiefste Nacht getaucht sind. Dies macht Romero aber mit einem hohen inszenatorischen Einfallsreichtum wett, der den mangelnden Aufwand mehr als aufwiegt und reichlich Schauwerte bietet.
Der mangelnde Aufwand bedingt noch einen der interessantesten Aspekte des Films: Nicht nur durch die vielfach eingesetzten Lederklamotten, die Szenarien (insbesondere ein „Hahnenzombiekampf“) und den überdeutlich an „Mad Max 2“ erinnernden Truck erinnern Stimmung und Atmosphäre filmisch an die frühen 80er Jahre und laden den Zuschauer somit, bewusst oder unterbewusst, zu einer Zeitreise in diese Zeit ein. Dies verringert einerseits die zeitliche Lücke zu „Day..“ und sorgt andererseits zu einer deutlichen ästhetischen Absetzung von modernen Zombie-Filmen, dürfte aber das Publikum entzweien: Es ist nicht völlig von der Hand zu weisen, den Film als altmodisch und wenig innovativ zu bezeichnen, Fans, die mit seinen früheren Filmen aufgewachsen sind, hätte Romero aber keinen größeren Gefallen tun können, denn diese werden sich, nach zwanzig Jahren, wieder „zu Hause“ wähnen.

Uncle George kann es noch. Dem Verfasser dieser Zeilen hätte man als Romero-Fan kaum einen größeren filmischen Gefallen tun können, als mit „Land of the Dead“. Deshalb auch die Höchstwertung. Schwing die Machete, Tom.

hinzugefügt: September 4th 2005
Tester: Oliver Naujoks
Punkte:
Hits: 4319
Sprache: german

  

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