Stephen King
Susannah
Heyne, Taschenbuch, 496 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 3-453-43103-0
Von Michael Mittelbach
Wer die vorherigen fünf Bände der "Dunklen-Turm"-Saga gelesen hat, weiß sicherlich, dass diese Bücher allesamt von Auf- und Ab geprägt sind, von teils etwas langatmig erscheinenden Passagen, in denen skurille Charaktere auftauchen, die auch bald wieder verschwinden und kaum etwas mit der eigentlichen Handlung, der Suche nach dem Dunklen Turm, zu tun haben scheinen.
Der vorliegene Band macht da kaum eine Ausnahme. Die knapp sechshundert Seiten lesen sich meistens gut, teils sogar spannend, doch mindestens siebzig bis hundert Seiten erscheinen dem Rezensent eher dazu geeignet, darüber hinwegzusehen.
Die Story ist recht schnell erzählt. Ein Balken des Dunklen Turms stürzt ein und löst in Mittwelt ein Erdbeben aus.
Revolvermann Roland und die anderen Mitstreiter, die dadurch erkennen, dass ihnen allmählich die Zeit knapp wird, dringen wieder in die hiesige Welt vor, wo sie diesmal u.a. in die Gefilde des Autors Stephen King persönlich vordringen lässt.
Dieser erscheint dann auch als ungläubiger, seinen eigenen Charakteren gegenübertretender Schriftsteller, der kam nachvollziehen möchte, das seine Romanfiguren zu echtem Leben erwacht sind. Und das auch noch in seinem eigenen Heim. Was aber letztlich für King-Leser und Fans sicherlich ganz lustig ist, den Autoren von seiner privaten Seite ein wenig beschnuppern zu dürfen.
Weiterhin handelt der Roman von der Austragung und Geburt von Rolands Sohn durch Susannah. Dazwischen liegen über fünfhundert Seiten Handlung, Story und Ereignisse, die recht spannend, zumindest aber gut lesbar sind, und den Leser durchaus bei der Stange halten.
Wer dem Quasi-Fantasy-Charakter der vorherigen Geschichten um den Dunklen Turm nichts abgewinnen kann, wird auch diesmal wenig Horror sonstiger Kingscher Prägung finden, sondern eben Fantasy. Gut lesbar ist der Roman allemal, doch hat man gelegentlich das Gefühl, dass der Umfang nicht unbedingt dem Inhalt gerecht wird. Für ein Romanwerk von insgesamt über 3000 Seiten bietet die Saga zuweilen handlungsmäßig etwas wenig. Dafür gibt es aber stark ausgearbeitete Charaktere und zum Teil interessante und spannende Wechsel zwischen der hiesigen Welt und Mittwelt.
War der erste Roman ("Schwarz") noch ein deutliches
King Horror-Fantasy-SF-Gemisch klassischer Prägung, so steigert sich die Saga von Band zu Band zu durchaus originellen Ideen und Handlungssträngen. Wie auch in "Susannah".
Man sollte jedoch nach Möglichkeit, bevor man vorliegendes Buch liest, wenigstens ein oder zwei der vorherigen gelesen haben, um überhaupt verstehen zu können, um was es geht.
"Susannah" erweist sich letztlich jedoch als gelungene Unterhaltung, mit durchaus Tiefgang, jedoch muss man ein Faible für Fantasystories mitbringen, da die häufigen Wechsel zwischen der nordamerikanischen Welt und Mittwelt mit realistischem Horror nicht allzu viel zu tun haben, obwohl King sich auch hier nicht scheut, immer wieder entsprechende Einstreusel vorzunehmen.
Insgesamt ist das siebenbändige Gesamtwerk auch bestens wieder zu lesen, da immer wieder Details auftauchen, die man aus vorherigen Bänden schon wieder vergessen hat.
Die Vergleiche mit dem Herrn der Ringe (insgesamt), wenn auch von allen Seiten vorgetragen, und ja auch Kings Hauptinspiration, hinken dennoch irgendwie, da der Dunkle Turm sehr eigenständig scheint und mit Tolkiens Werk nur wenig zu tun hat (wenn überhaupt). Jedenfalls ist der allegorische Charakter längst nicht so deutlich, und Kings Hauptaugenmerk liegt auf Charakteren, Personen, nicht so sehr auf detailliert ausgearbeiteten Fantasyklischees. Aber das mögen andere Leser und Rezensenten durchaus anders sehen. Insgesamt klare Leseempfehlung.