100 % Marvel 14
Wolverine/Spiderman: Powerless
(Powerless 1 – 6, Marvel, USA, 2004/05)
Autor: Matt Cherniss, Peter Johnson
Zeichner: Michael Gaydos
Aus dem Amerikanischen von Robert Syska
Panini, Marvel Deutschland, Paperback, 146 Seiten, 15,50 EUR, ISBN 3-89921-977-5
Von Irene Salzmann
Der Psychiater William Watts erwacht aus dem Koma. Es waren nur drei Tage, aber ihm erscheint es wie eine Ewigkeit. Plötzlich sieht er alles, was um ihn herum passiert, mit anderen Augen. Obendrein hat er merkwürdige Visionen von einer ähnlichen und zugleich bizarren Welt.
Der Prozess seiner Selbstfindung wird jäh unterbrochen, als ein Fremder in sein Appartement eindringt. Er nennt sich Logan, leidet an partieller Amnesie und glaubt, dass er einen von Watts Patienten tötete: Professor Xavier.
Immer tiefer wird Watts in die Probleme von Logan, Matt Murdock und Peter Parker involviert. Dabei nagen Zweifel an ihm: Inwieweit darf er eingreifen? Handelt er richtig, wenn er diesen Menschen neue Impulse gibt?
Leider nehmen manche Konflikte einen tragischen Ausgang…
William Watts ist die Verkörperung der Autoren Matt Cherniss und Peter Johnson. Mit ihren Augen sieht der Leser bekannte Marvel-Helden, die in diesem Universum nicht mit Superkräften ausgestattet sind, sondern als normale Menschen versuchen müssen, ihre Konflikte zu lösen – bevor sie an diesen zerbrechen.
Zunächst bewahrt Watts - und damit der Leser - Abstand zu den Charakteren, die so viel hilfloser und unentschlossener wirken, als man es von ihnen gewöhnt ist. Zunehmend wird Watts in die Probleme seiner Patienten hineingezogen, und im gleichen Maß taucht der Leser tiefer in diese alternative Welt ein. Wären Logan, Peter, Matt und all die anderen auch Helden und fähig, sich zu verteidigen, wenn sie keine besonderen Fähigkeiten besäßen? Was muss geschehen, dass sie Zivilcourage entwickeln und die richtigen Entscheidungen treffen?
Watts lenkt subtil jeden, der sich an ihn wendet, so dass seine Patienten letztlich die Wege einschlagen, die man erwartet – doch damit sind auch Opfer verbunden, und einiges endet anders als im regulären Marvel-Universum.
„Powerless“ ist eine düstere „What if…?“-Story, anspruchsvoller als die meisten Serien, umgesetzt in eindrucksvollen Bildern, die auf starke Kontraste und eine kamera-ähnliche Bildfolge setzen. Auch wenn man kein Sammler oder regelmäßiger Leser von Comic-Titeln ist, dieser Band ist ein Highlight, in den man einen Blick werfen sollte.